Graffiti, wie wir es heute kennen, ist eine Kultur, deren Anfänge bereits bestens dokumentiert wurden – von TAKI 183 über den ersten europäischen Wholetrain in München bis zu sämtlichen Martha Cooper-Fotos von vielseitigen Kunstwerken. Doch das Sprühen von Schriftzügen und Bildern im öffentlichen Raum ist natürlich mehr als nur eine Maltechnik. Seit jeher ist es eine Ausdrucksform, ein politisches Mittel und eine Form des Protests. Quellen gibt es dazu mehr als genug, aber die Wissenschaft hat sich bisher sehr wenig damit befasst. Und genau das führte zu unserem Gespräch mit Friederike Häuser. Seit 2021 hat sie zwei Sammelbände der Reihe "HipHop Studies" mit wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Graffiti herausgegeben. In diesem Jahr erschien der zweite Teil "Graffiti und Politik", um den sich unser Gespräch dreht. Das Buch – mit Arbeiten von Alexander Crome, Michl-Felix Bierl, Sophie Bruderer, Thomas Chambers, Sophie Erman, Harald Hinz, Ilaria Hoppe, Laura Maria Lintzen, Anika Manschwetus, Berit Merla, Orestis Pangalos, Igor Ponosov, Jeffrey Ian Ross und einem Vorwort von Kripoe – gab sie mit Graffiti-Aktivist Robert Kaltenhäuser gemeinsam heraus. Sowohl der Sammelband als auch unser Gespräch greifen einige Fragen rund um die politischen Aspekte von Graffiti auf: Wie kämpft man um den öffentlichen Raum? Wie kann eine Stadt Street Art ästhetisch regulieren? Und welche Rolle spielt Eigentum eigentlich in unserer Justiz? Friederike Häuser beantwortete all unsere Fragen und erklärte zudem, wie ihr persönlicher Weg zwischen diesen Themen verlief.
MZEE.com: Zunächst würde mich dein persönlicher Werdegang zwischen Graffiti und Politik interessieren: Warst du bereits ein politischer Mensch oder bist du durch die Graffiti-Szene politisiert worden?
Friederike Häuser: Graffiti war bei mir immer schon präsent und ich bin damit aufgewachsen, weil es in der Familie und im Freundeskreis Thema war. Irgendwann habe ich dann eine Hausdurchsuchung miterlebt und das war schon ein Moment, in dem ich – auch wenn ich noch sehr jung war und ein weniger ausgeprägtes politisches Verständnis hatte – gemerkt habe, wie krass das ist. Da wird eine Familie frühmorgens mega erschreckt und offensichtlich besteht da ein enormes Strafbedürfnis. Wenn ein junger Mensch durchs Dorf zieht und mit einem Edding oder einer Dose eine Wand beschmiert, ist das scheinbar Grund genug für die Polizei, sowas Extremes zu machen. Ab dem Punkt war ich dann schon näher an Graffiti interessiert und bin auch noch mal anders reingewachsen. Selbst aktiv zu werden ist als Frau aber auch noch mal ein anderes Thema … war es zumindest für mich. Ich bin zwar damit aufgewachsen und hatte auch weibliche Vorbilder, aber trotzdem dachte ich, dass es nicht zur Debatte steht, dass ich selbst male. Ich hatte damals eher eine außenstehende Funktion – ich durfte aufpassen und unterstützen. Das war alles eine sehr subtile Politisierung, aber im Nachhinein eigentlich eine sehr deutliche. Denn bis heute beschäftige ich mich dementsprechend mit solchen Fragen: Wieso wird Graffiti so hart bestraft? Wie wird innerhalb und außerhalb der Szene bestraft? Wie sind die politischen Dynamiken in der Szene? Wie wird Männlichkeit konstruiert und wie werden damit automatisch andere Geschlechter ausgeschlossen?
MZEE.com: Und wie kam es schlussendlich zu dem Herausgeben von Textsammlungen zu diesen Themen?
Friederike Häuser: Ich habe mitbekommen, dass Martin Seeliger und Marc Dietrich Herausgeber der Reihe "HipHop Studies" werden und habe aufgrund dessen, dass sie sich eher mit Rap beschäftigen, gefragt, ob in ihrem Verständnis auch Graffiti dazugehört. Sie meinten, im Prinzip ja, aber sie hätten nicht unbedingt Ahnung davon. Deshalb haben sie mir angeboten, das selbst zu machen – so bin ich da reingerutscht. Ich habe währenddessen gemerkt, wie wichtig mir das auch ist. Graffiti findet nicht viel in der Wissenschaft statt und ist dann auch immer in der gleichen Ecke zu finden: in der Jugendsoziologie. Also der gesamte Blick ist darauf beschränkt, dass das rebellische Jugendliche machen. Darüber hinaus gibt es nur noch Fragen wie: "Ist das Kunst oder kann das weg?"
MZEE.com: Ich musste bei der Recherche leider auch feststellen, dass es wirklich wenige wertvolle Sachtexte zu Graffiti gibt – gerade auf Deutsch.
Friederike Häuser: Der Wert dieser ganzen Subkultur muss nach wie vor verstanden werden. Vor allem die Vielfältigkeit und dass es so viel mehr ist als Kunst oder Zerstörung. Graffiti ist natürlich auch noch nicht besonders alt und die Wissenschaft braucht Zeit, um hinterherzukommen. Momentan sind wir auf Erzählungen angewiesen, die es auch zu Genüge gibt, aber das ist natürlich eine sehr eingeschränkte Art, sich ein Bild zu machen, weil wir Erfahrungen als Wirklichkeit werten. Das mag ich an der Wissenschaft: Sie ist – so gut es geht – objektiv. Das sind keine individuellen Erzählungen von Männern in den meisten Fällen, sondern beobachtbare Fakten und nachvollziehbar. Dadurch nähern wir uns eher der Wirklichkeit an. Wir kennen ja die ganzen Graffiti-Bücher. Das sind Monographien einzelner Künstler. Das ist auch total wertvoll und schön, aber der Blick, der uns gezeigt wird, ist dann darauf beschränkt und eher eine Idee der Wirklichkeit. In den USA sieht das natürlich ein bisschen anders aus, da ist die Wissenschaft schon weiter.
MZEE.com: In dem Sammelband wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob überhaupt jedes Graffiti politisch ist. Wie siehst du das?
Friederike Häuser: Für mich persönlich ist Graffiti per se politisch, aber ich weiß, dass da die Meinungen auseinander gehen. Ich differenziere aber auch gerne zwischen politisch und politisch motiviert. Natürlich ist es bei einer großen Anzahl von Sprüher:innen so, dass sie einfach malen wollen und nicht aktiv im Kopf haben, dass sie eine politische Praxis intendieren, indem sie Eigentum beschädigen. Aber ich denke, dass Graffiti nie frei von politischen Rahmenbedingungen ist. Das Beschädigen von Eigentum ist vielleicht nicht aktiv willentlich, aber man scheißt halt darauf. Diese Werteregelung, dass Eigentum geschützt werden und sauber bleiben muss, ist einem also egal in dem Moment. Dazu kommen die politischen Rahmenbedingungen, die die Entwicklung von Graffiti prägten: Aufgrund der Schuldenkrise und des Umzugs der weißen Mittelschicht in die Vororte im New York der späten 60er und frühen 70er sind Menschen zwischen zerfallenen Häusern und in einer Stadt, um die sich nicht mehr gekümmert wurde, zurückgeblieben. Egal, ob deswegen oder nicht, das ist der politische Rahmen, in dem Graffiti entstanden ist. Und der ist nun mal relevant.
MZEE.com: Können auch Auftragsarbeiten politisch sein?
Friederike Häuser: (lacht und zögert) Street Art als eine teillegalisierte Abwandlung von Graffiti kann politisch sein und eine deutliche politische Message rüberbringen. Deswegen hat ja zum Beispiel auch Banksy so eine Popularität erfahren. Aber Auftragsarbeiten sehe ich kritisch. Ich kann mich gerade auch an kein solches Beispiel erinnern.
MZEE.com: Mir fällt gerade auch nur eins ein: In München haben Won ABC und Loomit ein Graffiti in Gedenken an Georg Elser an eine ziemlich große Hauswand gemalt. Neben den beiden waren daran einige Firmen beteiligt – unter anderem die Stadtsparkasse München.
Friederike Häuser: Ich habe witzigerweise mal bei einem Graffiti-Vortrag in München ein Georg Elser-Shirt getragen. Das hätte mir ja auch mal jemand erzählen können! Aber ja, das ist auf jeden Fall ein gutes Beispiel für eine politische Auftragsarbeit. Mir ist gerade auch noch ein zweites eingefallen: Es gab in Hannover mal ein Festival, das von Vonovia gesponsert wurde. Ein Kollektiv hat sich nicht an die Vorgaben gehalten und den Aktienkurs von Vonovia und wie er immer weiter steigt abgebildet – also den Auftraggeber und sein Wirken auf Gentrifizierungsprozesse kritisch betrachtet. Dadurch, dass es mediale Aufmerksamkeit bekommen hat, gibt es das immer noch. Aber man muss bei diesem Thema natürlich trotzdem differenzieren und reflektieren: Wer erteilt aus welchen Gründen und mit welcher Motivation einen Auftrag? Das hat in den seltensten Fällen einen kritisch betrachtenden und nicht von Kommerz geleiteten Hintergrund. Die Szene und ihre Codes werden meist instrumentalisiert, um mit ästhetischer Regulierung echtes Graffiti zu verhindern. Irgendwann hat man erkannt, dass man, anstatt dagegen vorzugehen, diese Kultur für sich wertvoll machen sollte. Da geht es um die Verwertbarkeit einer Kultur, die eigentlich nichts mit Verwertbarkeit zu tun hat. Ein touristisches Potenzial wird genutzt, um ansprechendere Viertel aufzuziehen, während man so tut, als würde man die Kunst wertschätzen. Aber eigentlich gilt dieser Wert nur monetär – dadurch, dass es ein brauchbarer Spot für eine Stadt wird. Kreativität bedeutet aber Freiheit. Ich verurteile keine Sprüher:innen, die das machen, wir müssen alle Geld verdienen. Aber ich wünsche mir schon, dass sie das reflektierter machen.
MZEE.com: Denkst du, dass Menschen, denen traditionelle politische Kanäle keine Stimme geben, Vandalismus im öffentlichen Raum – zum Beispiel für Themen wie Gentrifizierung – als Protest nutzen können?
Friederike Häuser: Der Aspekt der Räume ist hier sehr wichtig: Die Zugänglichkeit von Informationen obliegt gerade im digitalen Raum sehr vielen Faktoren wie Algorithmen. Der öffentliche Raum ist aber für alle da und Gemeingut. Das, was man dort sehen oder auch nicht sehen kann, kann uns alle beeinflussen. Zum Beispiel in der Art, wie wir politisch denken oder auch für politische Themen sensibilisiert sind. Deswegen kann Graffiti eine Form von Ausdruck und Sichtbarkeit sein. Im öffentlichen Raum findet eine Form der Aushandlung bestimmter Themen statt – und das kann die Rivalität von Fußballvereinen oder können politische Aussagen sein. Will zum Beispiel eine politische Linke Menschen überzeugen, spielt auch Graffiti eine Rolle.
MZEE.com: Sollte es bei dieser Form der Meinungsäußerung Tabuzonen wie Krankenhäuser oder Kindergärten geben?
Friederike Häuser: Ich habe neulich bei einem Spaziergang auf einem Friedhof eine Wand mit Tags gesehen und mich auch gefragt, ob das ein okayer Ort dafür ist. Ich habe aber keine eindeutige Antwort darauf. Weil ich denke, dass das einer individuellen Beurteilung unterliegen kann. Eigentlich hat das für mich keine Grenzen und Krankenhäuser sind ein gutes Beispiel dafür: Erst mal hat man den Gedanken, dass dort kranke Menschen liegen, deren Leben gerettet werden müssen. Und deshalb sollte man diesen Ort in Frieden lassen. Wenn man es politisch betrachtet, werden Krankenhäuser aber immer mehr privatisiert. Das heißt: Die Orte, an denen es um das Leben und die Gesundheit von Menschen geht, funktionieren nach kapitalistischen Grundregeln. Sie wollen Gewinn machen und sind Unternehmen. Warum sollte ich das schützen und davor zurückschrecken? Ich denke, man kann in Einzelfällen immer wieder hinterfragen, warum man diese moralischen Bedenken hat, wieso man diese Grenzen fühlt und ob man sie nicht doch überschreiten kann.
MZEE.com: Wenn wir also Graffiti als Akt der freien Meinungsäußerung betrachten: Inwiefern kann die Entfernung davon somit als Zensur gesehen werden? Werden dadurch Meinungen unterdrückt?
Friederike Häuser: Ja, voll. Ich wohne zum Beispiel in einem Viertel, in dem Gentrifizierung eine große Rolle spielt. Jetzt ist das ein sogenanntes kreatives Viertel, aus dem viele Menschen wegziehen mussten. Es gibt sehr viel Graffiti, allerdings legalisiertes und in Auftrag gegebenes Graffiti, mit dem Geld verdient wurde. In meiner Nähe gibt es einen Laden, der andauernd neu gestrichen wird, weil sich antikapitalistische und kommunistische Zeichen und Aussagen an der Außenwand wiederfinden. Das empfinde ich schon als eine Art von Zensur, weil es eindeutig kritische Positionen zu dem sind, was in der Gegend passiert. Das ist ein Kampf von Oben gegen Unten, der dort ausgefochten wird. Das Unten sollte aber ein genauso großes Mitteilungsrecht haben.
MZEE.com: Harald Hinz beschäftigt sich in dem Text "Graffiti in der DDR am Beispiel von Kunstwerken im Bezirk Dresden" mit der Frage, welchen Unterschied es macht, wenn ein Graffiti in einer Demokratie oder in einer Diktatur an einer Wand angebracht wird – vor allem in Bezug darauf, wie es instrumentalisiert werden kann. Was sind deine Gedanken dazu?
Friederike Häuser: Harald Hinz betreibt hier Grundlagenforschung und dieser Beitrag ist nochmals ein Beleg dafür, dass Graffiti nie frei von politischen Rahmenbedingungen ist. Das sieht man auch an der Arbeit von Igor Ponosov, in der es um Street Art in Russland geht. Das sind so spezielle Bedingungen, die darauf einwirken, ob und wie du im öffentlichen Raum künstlerisch handeln darfst. Ich fände es mal interessant, in eine Stadt zu gehen, von der man nicht viel weiß und zu der man keine Vorannahmen hat – ob man wohl anhand der Zeichen auf der Straße einschätzen kann, wo man sich eigentlich befindet und welches Mindset die Menschen haben, die dort leben? Wenn man es schafft, sich darauf einzulassen, kann man sicher ganz viel darin erkennen.
MZEE.com: Auch der Begriff des Eigentums ist eine Frage des Systems, in dem man sich befindet. Inwieweit ist die Auflehnung gegen Eigentum also automatisch eine Auflehnung gegen das bestehende System?
Friederike Häuser: Ob man diese Intention, wie vorher schon erwähnt, wirklich hat oder nicht: Es ist dieses Zeichen. Eigentum ist das Privileg einer kleinen Schicht. Die meisten Menschen haben das nicht. Im Prinzip sind die Interessen der Reichen auch in unserem Strafrecht priorisiert, aber es wird auf alle angewandt. Wir haben es verinnerlicht und es ist ganz normal, dass Eigentum geschützt werden muss. Im Strafrecht ist die Rede davon, dass man Eigentum verletzen kann. Letztendlich ist das eine Vermenschlichung von Material. Deshalb finde ich es wichtig, das immer wieder zu hinterfragen. Warum sollen wir etwas schützen, das für so viele Menschen Nachteile mit sich bringt? Eigentum und Reichtum nähren sich an Ausbeutung derer, die das für sich nicht beanspruchen. Das sollte man nicht normalisieren.
MZEE.com: Es fällt mir schwer zu verstehen, wie man einerseits so handeln kann, als wäre der öffentliche Raum Allgemeingut und befreit von Eigentum, andererseits aber nicht toleriert, dass eigene Pieces übermalt werden. Kannst du mir diese Logik vielleicht ein wenig näherbringen?
Friederike Häuser: Eine Subkultur bezeichnet man dann so, wenn sich eine Gruppe von den Regeln der Gesamtgesellschaft abwendet, das heißt aber nicht, dass sie nicht ihre eigenen Regeln hat. Kriminelle Motorradclubs gelten zum Beispiel auch soziologisch als Subkultur, wenden sich also vom Regelwerk der Gesellschaft ab, aber sie haben für sich ein noch komplexeres Regelwerk aufgebaut. Eins, das auch Bestrafungen vorsieht, wenn man dagegen verstößt. In der Graffiti-Szene ist das vergleichbar und das Crossen wird halt als regelhafte Reaktion auf gewisses Verhalten eingesetzt. Erst mal ist das natürlich ein Widerspruch, deswegen ist es auch wichtig, das aufzubrechen. Ich glaube, ein Großteil dieser Regeln ist entstanden, weil die Szene männlich dominiert ist. Ganz viel von dem, was sie ausmacht, baut auf Konkurrenz, Wettbewerb und Gewalt auf. Gewalt auch im Sinne von Durchsetzen der Regeln. Es ist nicht so einfach, das aufzubrechen. Aber es gibt genug Leute, die das inzwischen reflektieren. Vieles ist im Wandel und das finde ich sehr schön.
MZEE.com: In der Arbeit von Alexander Crome über Raumkampf wird darauf eingegangen, dass Graffiti als etwas eher Linkes gelesen wird. Meinst du, der Graffiti-Szene wird mehr Linkssein zugeschrieben, als sie eigentlich innehat?
Friederike Häuser: (überlegt) Ich glaube, man kann nicht sagen: "Graffiti ist …" Es kann alles sein – eine Sammlung aus verschiedenen Einstellungen, Motivationen und Mindsets. Das existiert parallel. Es gibt eine politisch linke, politisch rechte und politisch verdrossene Szene. Deswegen verorte ich Graffiti auch nicht unbedingt in der Subkultur. Theoretisch kann man das machen, aber das spiegelt für mich nicht wirklich die Realität wider. Man kann auch mit einer Dose unterwegs sein und komplett auf diese Szene scheißen.
MZEE.com: Lass uns das abschließen. Da du dich trotzdem in unserem Gespräch immer wieder auf eine Szene bezogen hast – zumindest eine, in der du dich bewegst: Welchen politischen Wandel sollte die Graffiti-Szene deiner Meinung nach selbst durchlaufen?
Friederike Häuser: Ach, eigentlich wünsche ich mir vor allem, dass dieses Altbackene – man könnte auch sagen: das Hängengebliebene oder vielleicht Ausschließende – ein Ende findet. Wenn wir in der Rap- oder Graffiti-Szene immer nur die gleichen fünf männlichen Stars angucken, kommen wir nicht weiter. Ihre Erzählungen sind manchmal gut, wichtig und gehören dazu, aber das ist nur ein kleiner Teil des Großen. Auch in den Diskussionen rund um den 50. Geburtstag von HipHop tauchen vereinzelt Artikel auf, die erzählen, welche Frauen von Anfang an dabei waren – sowohl im Rap als auch im Graffiti. Zusätzlich wurden sie nicht nur nicht sichtbar gemacht, sondern zum Teil ausradiert. Weil Männer immer wieder als Galionsfiguren hervorgehoben wurden und ihre Präsenz einfach mehr gefeiert wird, sie mehr gehört und gesehen werden. Sie haben so eine Priorität, dass alles drumherum wegfällt. Das ist aber kein Automatismus, es ist gesellschaftlich so gewollt. Das ist das Gute an der jetzigen Zeit, in der sehr viel reflektiert wird: Diese Dinge werden deutlich gemacht. Am Ende ist es wichtig, den politischen Wandel sichtbar zu machen.
(Yasmina Rossmeisl)