Während die deutsche HipHop-Szene von außen häufig aussichtslos sexistisch scheint, wissen wir, dass sich ein großer Teil von ihr gegen Sexismus stellt. Diese Menschen stehen hinter den Betroffenen. Sich als Einzelperson stark gegen Misogynie zu machen und auf Missstände hinzuweisen, ist wichtig und richtig – oft aber nicht laut genug. deutschrapmetoo zeigt, wie laut und stark man jedoch als Kollektiv sein kann. Betroffene können im Schutz der Anonymität gemeinsam mit FLINTA*, die Ähnliches erlebt haben, ihre Erfahrungen teilen. Die Initiative verdeutlicht außerdem, wie schwerwiegend das Problem ist und dass sich dringend etwas ändern muss. Wir möchten daher mit Akteur:innen der deutschen HipHop-Szene laut sein und uns deutlich gegen Hass und Ausgrenzung sowie physische und psychische – insbesondere sexualisierte – Gewalt gegenüber FLINTA* positionieren. Die folgenden Statements sollen keinen Raum für Sexismus und Misogynie lassen und verdeutlichen, für welche Werte wir im HipHop einstehen. Gemeinsam.
(Anm. d. Red.: Der genannte Begriff FLINTA* steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen – also Personen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität patriarchal diskriminiert werden.)
Nachtrag der Redaktion (30.12.2021): Uns haben einige Nachrichten zu diesem Artikel erreicht. Auch wenn wir keine aktive Hilfe für Betroffene leisten können, so möchten wir ihnen das Gefühl geben, dass sie gehört werden und wir ihre Anmerkungen ernst nehmen. Uns ist vor allem wichtig, dass die Aktion nicht als Statement für sich alleine steht, sondern dazu anregt, sexistische Verhaltens- und Denkweisen zu reflektieren und zu ändern. Da unsere Gesellschaft wie auch die HipHop-Szene sexistisch geprägt sind, können eigene sexistische Verhaltensweisen in der Vergangenheit oder Gegenwart nicht vollständig ausgeschlossen werden. Deshalb setzen wir sowohl bei Beteiligten dieser Aktion als auch bei Lesenden die Bereitschaft voraus, aktiv am eigenen Verhalten zu arbeiten.
3Plusss: Wir hatten im Rap schon immer Platz für Faschos, Rassisten, Antisemiten und Frauenfeinde. Es darf nicht nur darum gehen, ihnen nicht das Feld zu überlassen, sondern es erstmals von ihnen zu erobern. Das hat gerade erst begonnen.
Ace Tee: Was mich stört, ist der fehlende Zusammenhalt und die Toleranz manchen Gruppen gegenüber. Sexismus, Rassismus und Diskriminierung jeglicher Art müssen aus den Gedanken jedes Menschen verschwinden.
Ana Ryue (HipHop-Journalistin): HipHop war schon immer politisch. Und ein Bewusstsein zu entwickeln, war schon immer ein Prozess. Was früher cool war, darf hinterfragt werden. Überlassen wir unsere große Liebe doch nicht denen, die sie im Kern nicht verstanden haben und sich krampfhaft von jeglicher Veränderung bedroht fühlen. Machen wir die Szene lieber zu einem Ort, an dem sich alle wohlfühlen können – und an dem wir trotzdem nicht auf krasse Punchlines verzichten müssen.
Antifuchs: Meine vollste Solidarität mit den Opfern sexualisierter Gewalt und natürlich auch mit all den Menschen, die solche Taten sichtbar machen. Das Problem, das von deutschrapmetoo angesprochen wird, ist auch kein Phänomen, das es nur im Rapkosmos gibt. Aber gerade im Deutschrap sind die Form von männlicher Selbstdarstellung und der Umgang mit Frauen leider noch viel zu oft von einer toxischen Konditionierung der Geschlechterrollen und dem, was diese sich erlauben oder aber nicht erlauben dürfen, durchdrungen. Frauen sollten jedoch weder Angst vor dem Backstage-Bereich eines Konzerts haben müssen, noch davor, egal zu welchem Zeitpunkt, zu sexuellen Handlungen "Nein" zu sagen. Sie sollten empowert werden, sich mitzuteilen, wenn ihnen etwas widerfahren ist. Gleichzeitig hoffe ich, dass diese Bewegung keine unreflektierte Stigmatisierung von sexualisierten Texten fördert, sondern Kunstfreiheit berücksichtigt und, soweit das möglich ist, differenziert über einzelne Sachverhalte urteilt, Personen zur Rechenschaft zieht, wenn erwiesen. Und außerdem Frauen einen sicheren und diskreten Raum bietet, sich mitzuteilen, Derartiges zu verarbeiten und, wenn nötig, Hilfsangebote vermittelt.
AVERY: Es ist so krass, wie viel noch zu tun ist und ich werde bis zum Ende kämpfen. Ich will wieder Deutschrap hören, ohne an Diskriminierung oder sexualisierte Gewalt zu denken.
Babylit (PALAS): Ich bin immer wieder aufs Neue schockiert, wütend und traurig, dass Menschen andere Menschen mit Absicht und vollem Bewusstsein Schmerzen und Leid zufügen, anscheinend nur für "den Spaß an der Sache". Sexualisierte Gewalt und Diskriminierung auf unterschiedlichsten Ebenen im HipHop und der restlichen Gesellschaft kann und ist für viele FLINTA* wie auch uns eine Traumatisierung, die ein Leben lang anhalten kann. Ich spreche mich klar und deutlich gegen jegliches sexistisches Verhalten und jegliche sexistische Meinungen aus. Ich glaube daran, dass wir uns gegenseitig Schutz und Halt bieten können und damit etwas verändern.
Chaoze One: Sexualisierte Gewalt ist kein isoliertes Phänomen der HipHop-Szene. Aber nur selten gehört es so zum akzeptierten Alltag wie dort. Doch es sind nicht nur die Künstler, die ihren toxischen Hass auf Frauen* in Songs artikulieren, es ist der ganze Apparat: die Künstler, die Labels, die Booker, die Veranstalter und eben auch die Fans, die ihr Geld dafür ausgeben.
David Pe: Sexismus ist widerlich, da jede Form von Gewalt widerlich ist. Klare Abgrenzung zu allen, die Sexismus propagieren oder verharmlosen. Dabei spielt HipHop-Zugehörigkeit keine Rolle, denn widerlich bleibt widerlich.
Der Plot: Volle Solidarität mit allen Betroffenen, die sich im Rahmen von deutschrapmetoo geäußert haben. Wir als cis-männliche Akteure der Deutschrap-Szene sind uns absolut bewusst, dass es jetzt an uns liegt, klare Kante gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt sowohl in unserer Musik als auch in den sozialen Medien zu zeigen.
DISSY: Das Problem mit Sexismus im Deutschrap betrifft leider nicht nur Künstler:innen, sondern auch die Industrie dahinter. Wir sollten anfangen, auch die Leute und Entscheidungen in den Chefetagen zu hinterfragen, sodass Sexismus irgendwann nicht mehr Teil des Geschäftsmodells führender Musikunternehmen ist.
DJ Phono (Deichkind): Wen wundert es, dass toxische Männlichkeit und sexualisierte Gewalt in der Deutschrap-Szene weit verbreitet sind? Bei manchen Songtexten bleibt einem die Spucke weg. Sprache schafft Realität. In was für einer Gesellschaft wollt ihr leben? Es wird Zeit, dass sich Labels vor dem Release und auch Hörer:innen vor dem Konsum diese Frage stellen und ein klares Stopp-Zeichen setzen. Unsere Solidarität gilt all jenen, die sexualisierte Gewalt erfahren mussten.
DLTLLY (Battlerap-Format): Es ist deutlich an der Zeit, dass auch DLTLLY Solidarität mit der wichtigen Arbeit der deutschrapmetoo-Initiative zeigt und nach außen trägt. Diese Debatte ist überaus wichtig – sowohl für Deutschrap im Allgemeinen als auch für Battlerap sowie für die gesamte Gesellschaft. Außerdem ist es längst überfällig, sich diesem Thema gewissenhaft anzunehmen. Ebenso möchten wir unsere Ablehnung gegenüber dem unvorstellbaren Hass kundtun, dem sich die Initiator:innen und Betroffenen ausgesetzt sehen. Danke für eure wertvolle Arbeit und euren Mut. Unseren Rücken habt ihr sicher.
Duzoe: Während der letzten Monate ist die Debatte über deutschrapmetoo immer größer geworden. Sehr viele betroffene Personen haben sich zu Wort gemeldet, um über ihre Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt zu sprechen. Gegner dieser Bewegung sprechen von einem Angriff auf die Rap-Kultur. Doch Rap soll nicht Sexismus und Gewalt gegen Frauen als elementare Bestandteile haben. Das Problem liegt in viel tieferen Strukturen verankert und es ist an der Zeit, dass wir entschieden dagegen vorgehen. Was wir gerade brauchen, sind Zusammenhalt und der Mut, um uns laut gegen problematische Personen auszusprechen und Konsequenzen zu fordern. Es bedarf einer klaren Kante gegen Sexismus und alle, die ihn reproduzieren. Darum herrscht von meiner Seite volle Solidarität mit Betroffenen.
falki: HipHop darf und muss unbequem sein, aber nicht zum Leidwesen von Personen, die in der Gesellschaft, warum auch immer, ohnehin schon keine Akzeptanz erfahren, weniger Privilegien genießen und dadurch in ihrem täglichen Leben deutlich eingeschränkt werden. Als Kultur müssen wir uns offen, laut und geschlossen solidarisch zeigen mit all denen, die angefeindet und bedroht werden. Haltung und Positionierung darf nicht nur im Privaten hinter verschlossenen Türen stattfinden. Also teilt Erfahrungen und Meinungen von FLINTA*, vernetzt Euch, supportet Euch und lasst Euren Standpunkt in die Kunst einfließen. HipHop soll und muss Schutzraum für Diskriminierte sein, nicht für Misogynie und sexualisierte Gewalt.
Falk Schacht (HipHop-Journalist): Ich bin Teil der HipHop-Kultur, weil es für mich eine Gemeinschaft ist, die gegen Diskriminierung und für die Gleichberechtigung kämpft. Und das gilt nicht nur für einen ausgewählten Teil oder ein Geschlecht, sondern für alle Benachteiligten und Betroffenen von Gewalt jeder Form.
Fettes Brot: Wir sind schwule Mädchen!
Füffi: Wer HipHop vorschiebt, um seine sexistische Agenda zu schützen, der hat in dieser Szene nichts zu suchen. Diese Kultur war schon immer ein Tool, Menschen zu empowern, die in unserer Gesellschaft zu kurz kommen: Wer sich daher mit "Anti-metoo"-Idioten solidarisiert, claimt sich nicht nur als totaler Null-Mensch, sondern supportet Ideale, gegen die ich mich durch HipHop immer abgrenzen wollte.
Frehn Hawel (Pressesprecher beim Reeperbahnfestival): Sexismus ist nicht nur im deutschen Rap inakzeptabel, sondern grundsätzlich. Es ist höchste Zeit, hier einen gesamtgesellschaftlichen Konsens darüber zu erreichen, der über die Musik hinausgeht. Es kann nicht sein, dass die Stilisierung sexualisierter Gewalt in unseren Charts weiterhin Duldung erfährt.
Fridl Achten (Musik-Journalist): Sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch müssen wir gemeinsam verurteilen und bekämpfen. Das ist aber nicht nur ein Problem im deutschen Rap. Sexismus ist genauso ein Teil von Pop, Indie, Punk, Metal … einer gesamten Industrie. Denn Sexismus ist ein Problem unserer Gesellschaft. Lasst uns endlich anfangen, den Betroffenen zu glauben. Lasst uns zuhören und uns solidarisieren. Wir müssen zusammenhalten, damit wir das Feld nicht denen überlassen, die von diesem System profitieren. Auf geht's jetzt!
Helen Fares (Journalistin): Ich fordere Solidarität mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt im ersten Schritt auf eine Art und Weise, die voraussetzt, dass Menschen sich zu diesem Thema weiterbilden, um keine problematischen Forderungen, Täterschutz und Vorurteile zu reproduzieren.
Hubi Koch (Journalist): deutschrapmetoo hat eine ganze Szene aufgefordert, sich auseinanderzusetzen und zu positionieren. Insbesondere in HipHop-Medien, Formaten und Interviews müssen Betroffene Gehör finden, damit ein Flächenbrand kein Strohfeuer bleibt. Ob Labels, Managements, Booker oder Künstler: Schweigen ist Zustimmung.
John (ODMGDIA): Solidarität mit den Betroffenen! Wenn Ihr derartige Situationen mitbekommt: Schreitet ein oder holt Hilfe. Werdet irgendwie aktiv und helft einander. Seht nicht weg oder ignoriert das Problem. Überdenkt die Musik, die ihr hört. Überdenkt die Leute, denen ihr folgt. Überdenkt euer Verhalten und das eurer Freunde. Auch wir haben in der Vergangenheit viel Blödsinn in unseren Texten erzählt und haben uns damit auseinandergesetzt. Selbstreflexion macht manchmal keinen Spaß, ist aber dringend notwendig. Beschäftigt Euch mit der Thematik. Redet drüber. Seid bessere Menschen oder versucht, solche zu werden.
Juri Sternburg (HipHop-Journalist): Journalisten und Journalistinnen, die seit Jahren von der HipHop-Kultur profitiert und gelebt haben, es aber jetzt nicht schaffen, offen, selbstkritisch und ehrlich über deutschrapmetoo zu berichten und die Stimmen derer zu verbreiten, die Opfer dieser Szene wurden – können wir die nicht einfach in Zukunft Rap-Influencer nennen?
Kong (Forcki9ers): Als Mitglied einer Crew, die aus weißen Cis-Männern besteht, ist es mir besonders wichtig, mich bezüglich des Themas deutschrapmetoo nicht aus der Verantwortung zu nehmen. Ich verurteile jede Form von Diskriminierung, Ausgrenzung und Ignoranz gegenüber FLINTA*. Auch wir dürfen nicht zulassen, dass verabscheuungswürdige Verfechter des Patriarchats mit ihrer Agitation noch auf fruchtbaren Boden stoßen.
KUSO GVKI: Sich explizit gegen Betroffene von sexualisierter Gewalt zu positionieren, ist in meinen Augen absolut inakzeptabel. Aber auch künstlerische Inhalte sollten reflektiert werden. HipHop ist keine Subkultur mehr, sondern längst im Mainstream angekommen. Was einst Provokation war, ist mittlerweile ein massentaugliches Narrativ und somit stumpfe Wiederholung sexistischer Denkweisen. Wer darauf auf musikalischer Ebene nicht verzichten möchte, sollte zumindest die Kunstfigur von der Privatperson abgrenzen und abseits der Musik klar Stellung gegen Sexismus beziehen. Künstler haben vielleicht keinen Bildungsauftrag, aber zu glauben, als erfolgreicher Musiker habe man keinen Einfluss auf die Gesellschaft, ist ignorant.
Mal Élevé: Sexualisierte Gewalt ist ein riesengroßes Problem in unserer Gesellschaft. Ein Problem, das meist totgeschwiegen wird. Da sich in dieser Gesellschaft toxische Männlichkeit leider normalisiert hat, ist es umso schwerer, diese zu durchbrechen. Im Rap findet sie ihren verbalen Höhepunkt, ist aber letztendlich ein Spiegel der Gesellschaft. Gerade in der Musikszene sollten sich alle über ihre Rolle als Vorbilder bewusst sein und dementsprechend auch für ihre Äußerungen und ihr Verhalten geradestehen.
Marcus Staiger (HipHop-Journalist): HipHop war für mich immer eine Kultur, in der sich die Ausgeschlossenen, die Ausgegrenzten, die Benachteiligten und Unterdrückten lautstark zu Wort melden können. In diesem Sinne ist es für mich auch selbstverständlich, dass HipHop antirassistisch ist, sich darüber hinaus aber auch gegen Frauenverachtung, gegen Sexismus, gegen Homophobie, gegen Transfeindlichkeit und gegen jede Form von Diskriminierung stark machen muss. Wir sind erst frei, wenn alle frei sind. Wir sind so lange unterdrückt, solange es Unterdrückung gibt. Schaffen wir die Unterdrückung ab. Auch im Rap.
Marz: Es ist Armutszeugnis und Warnruf zugleich, am Zenit unserer sozialen Entwicklung sich noch immer für Basics wie Gleichberechtigung oder den Respekt gegenüber jeder Individualität einsetzen zu müssen.
MC Smook: Volle Unterstützung für deutschrapmetoo und alle weiteren Kampagnen und Organisationen gegen sexualisierte Gewalt sowie Solidarität mit den Betroffenen. Gegner dieser für mich normalsten Ansichten haben in der HipHop-Kultur nichts verloren.
Micha Fritz (Mitbegründer von Viva con Agua): HipHop hat sich immer für Menschen eingesetzt, die unterdrückt worden sind. Von daher macht aus meinem Verständnis jegliche Unterdrückung oder Gewalt innerhalb der Community und selbstverständlich allgemein überhaupt keinen Sinn. Wer im HipHop Gewalt säht, hat HipHop nicht verstanden.
Mona Lina (A&R von 365XX Records, HipHop-Journalistin): HipHop drehte sich von Beginn an um Empowerment, die ganze Bewegung wurde von Anfang an maßgeblich von Frauen mitgeprägt. Dass wir im Jahr 2021 noch immer über Sexismus im Rap reden müssen, widerspricht allem, wofür HipHop steht. Es braucht volle Solidarität mit Gender Minorities – und das nicht nur untereinander, sondern vor allem von den Typen, die bis heute zu der Debatte schweigen.
MZEE.com Redaktion: Wir stehen für eine offene HipHop-Kultur, in der Sexismus und vor allem sexualisierte Gewalt keinen Platz haben und in der FLINTA* nicht als Objekte behandelt werden, sondern einen Teil der Community darstellen.
Pilz: Es ist wichtig, dass die Täter Verantwortung übernehmen, statt sich selbst in der Opferrolle zu sehen. Da ich selbst Teil der Deutschrap-Szene bin, möchte ich persönlich bei allem Groll gegen jeden einzelnen Täter aber auch nicht vergessen, die Betroffenen aktiv zu unterstützen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle Betroffenen anbieten, mich gern jederzeit zu kontaktieren, falls ich mit ihrem Täter in Verbindung zu stehen scheine.
Pimf: Gerade in unserer testosterongeladenen Subkultur dürfen wir Frauen im Kampf gegen Misogynie und patriarchale Strukturen nicht im Stich lassen. Auch wenn es unangenehm ist, die eigene toxische Männlichkeit immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Auch wenn es oft unbequem ist, eine klare Position in unserem sexistischen Kosmos zu beziehen. Solidarität mit allen Betroffenen sexualisierter Gewalt muss mit jeglichen Konsequenzen zum Konsens unseres Handelns werden.
Ralf Kotthoff (MZEE Gründer): Die Leidensgeschichten, die unter deutschrapmetoo an die Öffentlichkeit kommen, sind erschütternd. Die Opfer verdienen unser Mitgefühl und Parteinahme. Und unseren Respekt. Das ändert nicht, was ihnen widerfahren ist. Aber es ist das Mindeste, was wir tun können und wozu wir uns alle verpflichtet fühlen sollten. Bei mir mischt sich dazu auch die persönliche Scham darüber, eine Kultur mit aufgebaut zu haben, die versucht hat, so vieles besser zu machen als die Mainstream-Kultur, und trotzdem offensichtlich darin versagt hat, diese grässliche Form von Gewalt nicht von der Gesellschaft zu übernehmen.
Robert Winter (Fotograf): Die aktuellen Diskussionen und die Unverständlichkeit gegenüber den Betroffenen zeigen wieder, wie wichtig es ist, die männlich dominierte "Monokultur" im Deutschrap weiter aufzubrechen und dass wir mehr weibliche und diverse Meinungen sowie Sichtweisen brauchen. Den Leuten fehlt es an Verständnis. Each one teach one.
Roger Rekless: Die HipHop-Kultur war immer eine gesellschaftliche Gegenbewegung. Vor allem war sie immer eine Bewegung gegen Unterdrückung. Wer Sexismus mit HipHop verteidigt, hat HipHop nicht verstanden. Ich stehe solidarisch mit allen Opfern und den Aktivist*innen in und um deutschrapmetoo. Ich bin mir hierbei sehr bewusst, dass auch ich an mir arbeiten muss, um erlernte Sexismen abzulegen.
Skinny (HipHop-Journalist): Rapper spielen sich als Helden auf, indem sie einen Feldzug gegen die Opfer sexualisierter Gewalt starten. Meine bedingungslose Solidarität mit allen Betroffenen und nichts als Verachtung für die Täter und deren Stiefellecker-Bros.
Sookee: Ich habe nach Jahren der sich im Kreis drehenden Debatten keine Kraft mehr dafür, mit einzelnen Artists ihre als Kunstfreiheit getarnten Pseudo-Argumente für Rape Jokes zu diskutieren. Aber ich erwarte von den Entscheidungsträger*innen der Musikindustrie, dass sie endlich Verantwortung übernehmen und diese Scheiße nicht mehr zu Geld machen.
Taha: Menschen wie ich, die nicht betroffen sind, müssen sich doch erst recht gegen Sexismus stark machen, sich aufklären lassen und dann selber aufklären. Jeder von uns ist Täter. Ob bewusst oder nicht.
Tapefabrik-Veranstalter:innen: Wenn wir als Szene nicht auf die Grausamkeit, die Respektlosigkeit und die Dreistigkeit der TäterInnen reagieren, schützen wir sie und fördern das Verhalten und damit die Gewalt gegenüber den Opfern der Zukunft. Kein Fußbreit für sexualisierte Gewalt. Keine Grauzone. Keine Verharmlosung. Volle Solidarität mit den Opfern.
Tigrrez Punch: Wir haben im Rap, aber auch generell in der Musikszene und unserer Gesellschaft eine Umgebung geschaffen, in der sexualisierte Gewalt mehr Normalität ist als ein sicherer Raum, in dem wir uns bewegen können. Ich will in einer Realität ankommen, in der wir aufhören, Täter*innenschaft und Gewalt zu idealisieren und zu entschuldigen. Ich kämpfe für eine Umgebung, in der die Verantwortung für jegliche Art von Grenzüberschreitung bei den Täter*innen und unsere Solidarität bei den Betroffenen liegt.
Tina Turnup (PALAS): Ich liebe HipHop. Es ist an der Zeit, dass sich endlich etwas ändert. Dafür brauchen wir die Unterstützung unserer männlichen Kollegen: Macht bitte den Mund auf! Ich solidarisiere mich voll mit allen Betroffenen.
Tobias Wilinski (Musik-Journalist): Wir hören gerade mehr mutige Stimmen denn je, die uns klarmachen, wie präsent Sexismus und Diskriminierung in unserer Gesellschaft sind. Die uns die Chance geben, unser eigenes Verhalten zu reflektieren und es zu ändern, und die uns zeigen, wie wir uns mit Betroffenen solidarisieren. Ich wünsche mir, dass die Stimmen gehört werden, die (Musik-)Welt nachdenklicher und einfühlsamer wird und wir gemeinsam für Gleichberechtigung kämpfen.
Vandalismus: Medienhype geht schnell und muss nicht falsch sein. Bloß die Katerstimmung ist entscheidend und ob aus einem schnellen Insta-Lippenbekenntnis auch etablierter Aktionismus und Solidarität mit deutschrapmetoo wird, ist wichtig. Nur mal drei Tage lang nichts posten oder einmal im Quartal einen hausarbeitigen Leitartikel, dann aber trotzdem wieder die ganze Zeit toxischen Schmodder supporten, geht jetzt leider nicht mehr. Sorry, Karma.
Waving The Guns: Wir möchten, dass sich Frauen bei unseren Konzerten und in unserem Umfeld wohlfühlen können, ohne Angst zu haben, von irgendwem – in welcher Form auch immer – respektlos behandelt zu werden. Das ist unsere kulturelle Vorstellung.
(die MZEE.com Redaktion)
(Titelbild von Studiobierotte)