Schon seit die HipHop-Kultur noch in den Kinderschuhen steckte, sind Samples ein essenzieller Teil von ihr. Von alten Klassikern bis hin zu aktuellen Charthits lassen sich in unzähligen Songs Elemente aus bereits existierenden Werken finden. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musikhören über einen bekannten Sound gestolpert ist und sich daraufhin den Kopf über dessen Herkunft zerbrochen hat? Oft beginnt damit eine spannende Suche nach der Originalaufnahme quer durch die Musikhistorie. Aus diesem Grund stellen wir uns in unserem diesjährigen Adventskalender die Frage "Who sampled who?" und öffnen täglich ein neues Türchen: Wir präsentieren Euch 24 verschiedene deutsche Rapsongs und betrachten die Samples, welche sich darin verbergen.
Im Juni 2016 meldete sich Casper nach halbjähriger Stille mit dem imposanten Song "Lang lebe der Tod" zurück. Der Track sollte dabei der namensgebende Titelsong seines vierten Studioalbums werden. Ein Stück, auf dem ganze drei Feature-Gäste zu hören sind – und die Auswahl dieser ist nicht zufällig.
Die Grundlage des Stücks bildet der Song "Hast Du auch so viel Spaß" des Schweizer Sängers Dagobert, erschienen im April 2013. Seine Version kommt im Gegensatz zu Caspers Werk ganz anders daher. Mit dem Dreivierteltakt und der Instrumentation erzeugt "Hast Du auch so viel Spaß" eine Stimmung wie im Zirkus. Gleichzeitig findet sich hier schon jede Menge Melancholie, die jedoch in Sizarrs Version noch stärker zum Ausdruck kommt – die mittlerweile aufgelöste Indie-Rock-Band coverte Dagoberts Song im Erscheinungsjahr des Originals. Statt Dreivierteltakt gibt es dort langsame Schlagzeug-Beats und gefühlvolle Synthesizer. Trotz allem bleibt Sizarrs Version von "Hast Du auch so viel Spaß" recht ruhig. Bei Caspers Song sollte sich das ändern: Durch die Produzenten Silkersoft, Stickle und Markus Ganter entwickelte sich der Song zu einem brachialen Album-Vorboten. Während der Rapper die Strophen mit energetischem Rap füllt, wird der geliehene Refrain zunächst von Sizarr und nach der ersten Strophe von Dagobert selbst performt – wodurch sich der Kreis schließt. Den dritten Refrain singt Blixa Bargeld, Sänger der legendären Experimental-Band Einstürzende Neubauten. Dieser rückt den Chorus mit seiner charakteristischen Stimme noch mal in eine besonders düstere Stimmung.
"Lang lebe der Tod" ist ein grandioses Beispiel dafür, was für geniale Musik entstehen kann, wenn sich Musiker:innen an fremden Werken bedienen. Auch wenn die Versionen von Dagobert und Sizarr eigenständig starke Songs sind, schöpfen der Rapper und sein Produktionsteam das Potenzial des Grundmaterials erst voll aus. Melancholischer Gesang und aufpeitschender Rap werden mit einer druckvollen Instrumentierung kombiniert und lassen "Lang lebe der Tod" zu einem von Caspers besten Stücken werden.
(Tim Herr)
(Grafik von Daniel Fersch)