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Reportage

Eine kurze Geschichte wichtiger HipHop-​Alben: #02 "3 Feet High And Rising"

"Eine kur­ze Geschich­te wich­ti­ger HipHop-​Alben" beschäf­tigt sich mit der His­to­rie von ein­fluss­rei­chen Wer­ken im Rap. Im zwei­ten Teil geht es um Sam­pling, den unver­gleich­li­chen De La-​Style sowie den Ursprung von Skits auf HipHop-​Alben und somit um das De La Soul-​Debüt "3 Feet High And Rising".

Da Musik bekannt­lich Geschmacks­sa­che ist, wür­de man auf die Fra­ge nach prä­gen­den HipHop-​Alben wahr­schein­lich sehr unter­schied­li­che und indi­vi­du­el­le Ant­wor­ten erhal­ten. Den­noch wür­den bestimm­te Alben wohl häu­fi­ger genannt wer­den als ande­re. Man­che Plat­ten schaf­fen es schließ­lich, bei nahe­zu jeder Per­son einen blei­ben­den Ein­druck zu hin­ter­las­sen. Sie prä­gen ihr Gen­re nach­hal­tig und wir­ken sich direkt oder indi­rekt auf die Musik ande­rer Künstler:innen aus. Was aber macht die­se Alben so beson­ders? Sicher ist es vor allem wich­tig, alte Mus­ter zu durch­bre­chen und einen neu­en Weg vor­zu­ge­ben. Dabei ist es essen­zi­ell, den ganz eige­nen Sound zu fin­den. Eine stan­dar­di­sier­te Ant­wort gibt es hier­für aber wohl nicht. Ein­fluss gilt es, stets indi­vi­du­ell zu betrach­ten – und ein Blick in die Geschich­te des ein­fluss­rei­chen Raps lohnt sich. Wei­ter geht es mit dem legen­dä­ren Debüt von De La Soul: "3 Feet High And Rising".

 

De La Soul – drei New Yor­ker mit einer neu­en Idee

"3 Feet High And Rising" wird nicht von bereits gefes­tig­ten Mit­glie­dern der Sze­ne pro­du­ziert, son­dern ist das Debüt von drei Jungs, die Ende der 1980er in der HipHop-​Szene kei­ne grö­ße­re Bekannt­heit haben und von denen zudem kei­ner älter als zwan­zig ist. De La Soul waren bis dahin ein fast unbe­schrie­be­nes Blatt, gegrün­det nur knapp ein Jahr vor dem Release ihres ers­ten Albums. Am drit­ten März 1989 erscheint "3 Feet High And Rising". Der Album­ti­tel ist ange­lehnt an das Album "Five Feet High and Rising" von John­ny Cash. Die bei­den MCs Posdnu­os und Dave sowie das All­round­ta­lent Maseo – MC und DJ – ste­hen bis heu­te gemein­sam auf der Büh­ne. Dabei sind sie nicht nur für ihr Debüt welt­be­kannt, son­dern fal­len auch durch ihre unzäh­li­gen Pseud­ony­me auf – De La Soul oder kurz De La bezie­hungs­wei­se die drei Plugs. Posdnu­os hört auch auf Plug One, Mer­cena­ry oder kurz Pos, Dave nennt sich Tru­goy the Dove oder Plug Two und Maseo ist unter ande­rem als Plug Three und Mase bekannt.

 

Art­work und Pro­duk­ti­on – an Viel­falt kaum zu überbieten

Doch wie stellt De La über­haupt die HipHop-​Welt auf den Kopf? Einen ers­ten Anhalts­punkt lie­fert bereits das Art­work des Albums, gestal­tet vom Künst­ler Ste­ven Miglio. Wäh­rend sich Ende der 1980er Jah­re der Sound, das Auf­tre­ten von Rapper:innen und der Inhalt der Rap­mu­sik zuneh­mend düs­te­rer gestal­ten, lau­fen die drei New Yor­ker bewusst in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung. Bis heu­te sticht das knall­gel­be Cover aus jedem Plat­ten­re­gal her­vor. Wer sich nicht näher mit Hip­Hop beschäf­tigt, wür­de das Album ver­mut­lich auch heu­te noch irgend­wo zwi­schen Hippie-​Erscheinung und Kin­der­hör­spiel ein­ord­nen. Aber gera­de die "blu­mi­ge" Erschei­nung ihres Erst­lings­werks stellt ein Allein­stel­lungs­merk­mal für De La Soul dar und ziert nach wie vor unzäh­li­ge ihrer Merchandise-​Artikel und ihr Büh­nen­bild. Selbst der Sportartikel-​Riese Nike erkennt die indi­vi­du­el­le Ästhe­tik des Albums und bringt gemein­sam mit der Band 2005 und 2015 Schuh­kol­lek­tio­nen im "3 Feet High And Rising"-Look auf den Markt, die enorm schnell aus­ver­kauft sind und mitt­ler­wei­le zum Teil für uto­pi­sche Sum­men die Besitzer:innen wechseln.

Das Cover von "3 Feet High And Rising" aus dem Jahr 1989.

Tat­säch­lich bil­det das Art­work aber auch ab, was musi­ka­lisch und inhalt­lich auf dem Album statt­fin­det. Für die Pro­duk­ti­on ist kein Gerin­ge­rer haupt­ver­ant­wort­lich als DJ- und Produzenten-​Legende Prin­ce Paul, der spä­ter noch "De La Soul Is Dead" und "Buh­loo­ne Mind­sta­te" zusam­men mit den New Yor­kern pro­du­zie­ren soll­te. Es erscheint zunächst also wenig über­ra­schend, dass das Album sound­tech­nisch einem kla­ren roten Faden folgt. Die­ser rote Faden wird ergänzt durch eini­ge pro­duk­ti­ons­tech­ni­sche Attri­bu­te, die Allein­stel­lungs­merk­ma­le darstellen.

Ist Hip­Hop als Sample-​basierte Musik zu ver­ste­hen, dann stellt "3 Feet High And Rising" die Inkar­na­ti­on die­ses Ver­ständ­nis­ses dar. Laut DJ Maseo hat­ten sich Mase, Tru­goy the Dove und Pos ab etwa 1985 auf die Suche nach Samples bege­ben, wel­che sie musi­ka­lisch beson­ders präg­ten. Für das Album ver­wen­de­ten Prin­ce Paul und De La weit über sech­zig Samples und bau­ten die­se in nur etwa zwei Mona­ten zu "3 Feet High And Rising" zusam­men. Bis heu­te ist eine gro­ße Com­mu­ni­ty auf der Suche nach wei­te­ren ver­wen­de­ten Samples, denn es schei­nen noch nicht alle ent­deckt wor­den zu sein. Kein Wun­der, basiert doch jeder Beat der – auf der Stan­dard­ver­si­on des Albums – 24 Anspiel­sta­tio­nen auf min­des­tens einem frem­den Sam­ple. Das Album besticht durch eine sound­äs­the­ti­sche Homo­ge­ni­tät, die bis heu­te ihres­glei­chen sucht. Und das, obwohl die ver­wen­de­ten Samples kaum viel­fäl­ti­ger sein könn­ten. Das gesam­te Sample-​Material von "3 Feet High And Rising" ist zwi­schen 1959 und 1987 erschie­nen. Dabei ist die­ses nicht nur dem Jazz, Soul oder Hip­Hop zuzu­ord­nen, son­dern es fin­den sich auch Samples aus den Berei­chen Coun­try, Funk, Pop, Rock, Elek­tro, R 'n' B und sogar ein Comedy-​Hörspiel auf der Plat­te wie­der. Hier sind auch die ganz gro­ßen Namen sorg­fäl­tig in das Album ein­ge­ar­bei­tet, dar­un­ter unter ande­rem Micha­el Jack­son, Kraft­werk, Public Ene­my, The Beat­les, Bar­ry White, James Brown – und pas­sen­der­wei­se auch John­ny Cash. Für die per­fek­te Kom­bi­na­ti­on die­ser musi­ka­li­schen Sin­gu­la­ri­tä­ten ver­wen­den De La Soul laut Plug One ledig­lich einen Casio RZ-​1 Drum-​Computer und einen Event­i­de Har­mo­ni­zer – eine Art Loop-​Station, mit der ver­schie­de­ne Tracks über­ein­an­der­ge­schich­tet wer­den kön­nen, auch mit ver­schie­de­nen Tem­pi. Umso beacht­li­cher erscheint das har­mo­ni­sche Sound­bild bis heute.

Doch wer 1989 als HipHop-​Fan das Album auf den Plat­ten­tel­ler leg­te, stol­per­te zunächst über eine ganz ande­re Neue­rung, die die Rap-​Welt nicht nur auf den Kopf stel­len, son­dern auch nach­hal­tig prä­gen soll­te: De La Soul ist die ers­te HipHop-​Band, die auf ihrem Album Skits ver­ewig­te. Die­se rei­chen von kur­zen musi­ka­li­schen Ein­la­gen bis hin zu Sound­schnip­seln und Gesprächs­fet­zen. Das per­fek­te Bei­spiel lie­fert hier "De La Orgee". Knapp über eine Minu­te stöh­nen unter ande­rem die drei De La Soul-​MCs ins Mic, um eine Sex­sze­ne zu simu­lie­ren, wäh­rend im Hin­ter­grund ein Beat wim­mert, wel­cher auf dem Song "I'm Gon­na Love You Just a Litt­le More Baby" des Soul­sän­gers Bar­ry White basiert. Die­ser ist ins­be­son­de­re für sei­ne tie­fe Bass­stim­me und sei­ne Love­songs bekannt.

De La Soul - 3 Feet High & Rising (Press Kit)

 

Das Album und sei­ne Singles

Doch wäh­rend die Skits 1989 ein Allein­stel­lungs­merk­mal dar­stell­ten, blei­ben auch die unver­wech­sel­ba­ren Sin­gles des Albums im Gedächt­nis: "Eye Know", "Pot­ho­les In My Lawn", "Say No Go", "Plug Tunin'", "Bud­dy" und selbst­ver­ständ­lich "Me Mys­elf And I". "Bud­dy" ist dabei der ein­zi­ge Track mit Feature-​Beteiligung. Zu den De La-​MCs gesel­len sich hier die MCs der Jungle Brot­hers und Q-​Tip von A Tri­be Cal­led Quest, wel­che eben­falls zum Kol­lek­tiv der Nati­ve Ton­gues Pos­se gehö­ren. Anhand der Zuge­hö­rig­keit zu den Nati­ve Ton­gues – neben unter ande­rem A Tri­be Cal­led Quest, den Jungle Brot­hers und Queen Lati­fah – lässt sich auch die inhalt­li­che Aus­rich­tung des Albums näher ergrün­den. Spe­zi­ell Plug One und Plug Two ver­edeln die Plat­te nicht nur mit HipHop-​unüblichen The­men, son­dern las­sen auch gän­gi­ge in einem neu­en Gewand erschei­nen. "This time the Magic Num­ber is two", rappt Dove und lie­fert damit einen klei­nen Teil des "Liebesbrief"-Texts von "Eye Know". Schließ­lich möch­te er sich sei­ne gro­ße Lie­be dann doch nicht mit sei­nen ande­ren zwei Band­mit­glie­dern tei­len. Ansons­ten gilt bei De La Soul übli­cher­wei­se: "Three is the magic num­ber". Der Track ist bis heu­te einer der sym­pa­thischs­ten Love­songs der HipHop-​Geschichte und erreicht, auch ohne Single-​Auskopplung in den USA, in fünf ande­ren Län­dern eine Top 30-​Platzierung. Pos, Dave und Maseo erschaf­fen mit "3 Feet High And Rising" ihre ganz eige­ne Welt. So wer­den in "Pot­ho­les In My Lawn" Wack-​MCs zu häss­li­chen Schlag­lö­chern der eigent­lich schö­nen Rap-​Welt von De La Soul und ande­ren ech­ten MCs. De La beschall­ten mit der ers­ten Sin­gle ihres Debüt­al­bums aber nicht nur den Rasen ihres eige­nen Vor­gar­tens, 2004 war der Song der ers­te HipHop-​Track, der auf dem Mars – im Mars Rover Oppor­tu­ni­ty der NASA – "auf­ge­legt" wurde.

Bei dem Ver­such, über "3 Feet High And Rising" zu spre­chen, gibt es außer­dem kein Vor­bei­kom­men an der erfolg­reichs­ten Sin­gle des Albums: "Me Mys­elf And I". Wer "Mir­ror, mir­ror on the wall …" hört, fängt ver­mut­lich sofort an, mit­zu­rap­pen – oder denkt an Schnee­witt­chen. Der Song ist die Blau­pau­se für den De La Soul-​Trademarksound, der in nahe­zu allen spä­te­ren Releases erkenn­bar blei­ben soll­te. De La kom­bi­nie­ren hier Humor und Sozi­al­kri­tik in Per­fek­ti­on. Sie befürch­te­ten, mit ihrer "Hippie"-Ästhetik nicht wirk­lich in der HipHop-​Welt akzep­tiert zu wer­den. Im Musik­vi­deo betre­ten Pos, Dave und Maseo in ihrem damals übli­chen bun­ten Out­fit einen Klas­sen­raum. In die­sem befin­den sich Par­odien ande­rer bekann­ter Rapper:innen, dar­un­ter unter ande­rem Rakim und Run-​DMC, wel­che prompt begin­nen, die De La-​Member zu mob­ben. Das Video endet stil­echt damit, dass De La Soul den Klas­sen­raum ver­las­sen, weil sie sich nicht an den Mainstream-​Style ande­rer MCs anpas­sen wol­len, son­dern stolz auf ihre indi­vi­du­el­le Art sind. Mit die­ser und der Sin­gle erreich­ten De La Soul in den ver­schie­dens­ten Län­dern hohe Chart­plat­zie­run­gen, unter ande­rem in den Nie­der­lan­den auf Platz eins. Außer­dem wur­den sie in den USA für über 500 000 ver­kauf­te Ein­hei­ten von "Me Mys­elf And I" mit Gold aus­ge­zeich­net. Der Song ist bis heu­te rele­vant: Bei einem Online-​Voting des TV-​Senders VH1 hin­sicht­lich der bes­ten HipHop-​Songs aller Zei­ten lan­det er in der Top 50 und auch die Redak­ti­on des renom­mier­ten Musik­ma­ga­zins Rol­ling Stone betrach­tet den Track als Teil der 50 bes­ten HipHop-​Songs aller Zei­ten. The Guar­di­an beschreibt "Me Mys­elf And I" sogar als wich­tigs­tes Stück der De La Soul-​Diskographie, weil die­ses auch fern­ab des HipHop-​Kosmos enor­men Anklang findet.

De La Soul - Me Mys­elf And I (Offi­ci­al Music Video) [w/​Intro]

 

Media­le Reak­tio­nen – über drei­ßig Jah­re posi­ti­ves Feedback

"3 Feet High And Rising" erlangt auch fern­ab der Hit-​Single enor­men Zuspruch in der inter­na­tio­na­len Musik­welt. Das Album ist dabei nicht nur für De La Soul selbst das meist­ver­kauf­te Release, son­dern für die gesam­te Nati­ve Ton­gues Pos­se. Zudem erreich­te es Platin-​Status in den USA und wird dort weit über eine Mil­li­on Mal ver­kauft. Aber auch fern­ab des finan­zi­el­len Erfolgs ver­ge­ben unter ande­rem All­Mu­sic, der New Musi­cal Express und Pitch­fork für das Album Maxi­mal­punkt­zah­len. Beim Kultur- und News­ma­ga­zin The Vil­la­ge Voice erreicht das Album sogar Platz eins der bes­ten Alben 1989. Für das Rol­ling Stone-​Magazin zählt das Album außer­dem zu den 500 bes­ten Alben aller Zei­ten. In den letz­ten 32 Jah­ren soll­te das De La-​Debüt immer wie­der von Musikjournalist:innen und Medi­en auf­ge­grif­fen wer­den. Beson­ders bemer­kens­wert ist dabei, dass von man­nig­fal­ti­gen Per­so­nen und zu unter­schied­li­chen Zei­ten stets ver­schie­de­ne Aspek­te lobend erwähnt wer­den: mal sind es die Beats, mal ist es die inhalt­li­che Aus­rich­tung oder auch der Flow von Posdnu­os und Dave – und mal ist es die Kom­bi­na­ti­on aus alldem.

Die Plat­te wird bis heu­te immer wie­der von Rap-Kolleg:innen der drei De La Soul-​Member aner­ken­nend erwähnt. So betrach­tet Talib Kwe­li "3 Feet High And Rising" als eines der bes­ten 100 HipHop-​Alben und arbei­tet häu­fi­ger mit De La zusam­men. Auch der Rap­per Tupac betrach­te­te das De La Soul-​Debüt als Mei­len­stein. So bau­te er eine Refe­renz auf "Pot­ho­les In My Lawn" in einem Track ein, in dem es dar­um geht, "Oldschool"-Vorreiter:innen zu hul­di­gen. Auch der Tea­cher aka KRS-​One beschreibt das Album als etwas, das in kei­ner Wei­se ver­gleich­bar ist mit allen ande­ren HipHop-​Veröffentlichungen, die zuvor erschie­nen sind. Noch einen Schritt wei­ter geht Questl­ove – Drum­mer und Grün­der der Band The Roots. Er beschreibt De La Soul als einen der unter­schätz­tes­ten HipHop-​Acts aller Zei­ten. Etli­che Samples, die De La unter ande­rem für ihr Debüt ver­wen­de­ten, soll­ten teil­wei­se Jahr­zehn­te spä­ter die Grund­la­ge für rie­si­ge Hits der HipHop-​Geschichte dar­stel­len. Zudem sind sie gänz­lich neue Wege gegan­gen, so Questl­ove, und haben ins­be­son­de­re inhalt­lich neue Türen im HipHop-​Kosmos geöff­net. Doch De La Soul sind nicht nur indi­rek­te Weg­wei­ser der Sze­ne. Ihr Debüt ist längst selbst zu einem Schatz für Sample-​Digger gewor­den. Künstler:innen und Bands wie Black Eyed Peas, Afri­ka Bam­baat­aa, Run The Jewels, A Tri­be Cal­led Quest, Hill­top Hoods, Mis­sy Elli­ot, Gra­ve­dig­gaz, Juras­sic Five, Nas und Com­mon bedie­nen sich alle an ver­schie­dens­ten Songs von "3 Feet High And Rising".

 

Ein Klas­si­ker ohne Wermutstropfen?

Iro­ni­scher­wei­se endet das Album mit einem Ver­weis auf ihr dama­li­ges Label Tom­my Boy Records bezie­hungs­wei­se mitt­ler­wei­le Tom­my Boy Enter­tain­ment, wel­ches haupt­ver­ant­wort­lich dafür ist, dass sowohl De La Soul als auch "3 Feet High And Rising" bis heu­te ver­hält­nis­mä­ßig wenig Auf­merk­sam­keit im Ver­gleich zu ande­ren HipHop-​Gruppen aus die­ser Zeit wie Public Ene­my oder N.W.A. erhal­ten. Zunächst rech­ne­te das Label nicht mit dem enor­men Erfolg des Erst­lings­werks von De La, wes­halb unter ande­rem sämt­li­che Samples nicht geklärt wur­den. Außer­dem stat­te­ten sie die drei MCs mit einem Ver­trag aus, wel­cher aus heu­ti­ger Sicht kaum an Absur­di­tät zu über­bie­ten ist. Die­ser sieht kei­ne digi­ta­le Ver­öf­fent­li­chung der Alben von De La Soul vor und dem­entspre­chend auch kei­ne Ver­gü­tung der Band hin­sicht­lich mög­li­cher Lizenz­ge­büh­ren für nicht-​physische Ver­öf­fent­li­chun­gen. Tom­my Boy Records hat heu­te somit einen kla­ren Vor­teil im Streit um die Ver­tei­lung der Ein­nah­men im Bereich des digi­ta­len Ver­triebs, da die Lizenz­rech­te grund­sätz­lich beim Label lie­gen. Die Rech­te für den De La Soul-​Backkatalog gelan­gen Anfang der 2000er Jah­re zwi­schen­zeit­lich sogar zum Tom­my Boy-​Labelpartner War­ner Music – Umstän­de, die den digi­ta­len Ver­trieb wei­ter erschwe­ren soll­ten. Seit 2017 lie­gen die­se aller­dings wie­der bei Tom­my Boy Enter­tain­ment. Trotz Gesprächs­ver­su­chen sei­tens der Band konn­te zwi­schen den bei­den Streit­par­tei­en bis heu­te kei­ne Eini­gung erzielt wer­den, wel­che eine gerech­te Teil­ha­be von De La Soul an mög­li­chen Ein­nah­men durch den digi­ta­len Ver­trieb vor­se­hen wür­de. Tom­my Boy Records woll­te dem­nach über 90 Pro­zent der Ein­nah­men durch den Download- und Streaming-​Markt ein­be­hal­ten und par­al­lel dafür sor­gen, dass die De La Soul-​Mitglieder für mög­li­che Rechts­strei­tig­kei­ten hin­sicht­lich der noch unge­klär­ten Samples den Kopf hin­hal­ten. Daher feh­len bis­her alle Ver­öf­fent­li­chun­gen zwi­schen 1989 und 2001 – und somit auch "3 Feet High And Rising" – von De La Soul auf den gän­gi­gen Download- und Streaming-Portalen.

Doch seit Kur­zem scheint es wie­der etwas Hoff­nung für De La Soul am Streaming-​Himmel zu geben. Das Unter­neh­men Reser­voir Media hat sich Anfang Juni die Lizenz­rech­te des De La Soul-​Backkatalogs – inklu­si­ve ihrem Debüt­al­bum – gesi­chert. Das Unter­neh­men, wel­ches sich seit 2007 unter ande­rem auf die Arbeit mit Musik­rech­ten spe­zia­li­siert hat, hat näm­lich für etwa 100 Mil­lio­nen US-​Dollar Tom­my Boy auf­ge­kauft und erlangt somit neben der Musik von De La noch vie­le wei­te­re Klas­si­ker. Reser­voir Media befin­det sich nun bereits in Gesprä­chen mit De La Soul, um unter ande­rem "3 Feet High And Rising" schnellst­mög­lich auf den gän­gi­gen Streaming-​Portalen zu platzieren.

Die­se bis­he­ri­ge Situa­ti­on hin­dert die Band aber nicht dar­an, wei­ter­hin die Mes­sa­ges ihres Debüt­al­bums in die Welt zu tra­gen. 2014 – zum 25. Geburts­tag ihres Klas­si­kers – stell­ten Pos, Dave und Mase alle Ver­öf­fent­li­chun­gen, die von ihnen bei Tom­my Boy Records erschie­nen sind, für 25 Stun­den zum Free­down­load ins Netz. Anfang 2021 haben die drei Plugs außer­dem einen unter­halt­sa­men Gast­auf­tritt in der Cartoon-​Serie "Teen Titans Go!": "The Water is 3 Feet High And Rising!". Dabei kämp­fen sie gemein­sam mit den Protagonist:innen der Serie gegen ein Mons­ter, wel­ches ihre gesam­te Musik zuvor gestoh­len hat – ein mehr als deut­li­cher Sei­ten­hieb gegen­über Tom­my Boy Enter­tain­ment. Zudem ist bereits für nächs­tes Jahr eine Jubi­lä­ums­tour für "3 Feet High And Rising" geplant, um gemein­sam die Schnaps­zahl 33 zu feiern.

Don't Press Play - De La Soul & The Titans Go To Mars

De La Soul haben viel­leicht nie die aller­größ­te Auf­merk­sam­keit erhal­ten, aber haben ins­be­son­de­re mit ihrem Debüt­al­bum die ein oder ande­re unge­schrie­be­ne HipHop-​Regel gebro­chen und sind Vor­rei­ter für vie­le Künstler:innen. De La passt sich nicht an, erst recht nicht an schein­ba­re Nor­men der Rap­mu­sik. Hier trifft Humor inklu­si­ve wit­zi­gen Skits und absur­den Samples auf Sozi­al­kri­tik. Pres­se­fo­tos wer­den mit Blu­men geschos­sen und es stellt kein Pro­blem dar, das Peace-​Zeichen auf dem Cover von "3 Feet High And Rising" zu ver­ewi­gen oder es bei Auf­trit­ten als über­di­men­sio­na­le Ket­te zu tra­gen. Auch wenn wei­te Tei­le des Publi­kums es für wich­tig erach­ten, die Plugs als "Hip­pies" zu kate­go­ri­sie­ren, so macht das gera­de ihre enor­me Real­ness und Akzep­tanz – sowohl auf der Stra­ße als auch in der Vor­stadt – aus. Oder um es mit den Wor­ten von Posdnu­os zu beschrei­ben: "We don't think that we are so dif­fe­rent. It's just that ever­y­bo­dy is try­ing to be the same." DJ Maseo ergänzt dazu pas­send in einem Inter­view: "De La has always been about hip-​hop. It's not about dai­sies or the hip­py era. We were doing hip-​hop our way."

(Alec Weber)
(Gra­fik von Dani­el Fersch)