"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
"Das ist Rap-Electro." – Die erste Line von Dennis Dies Das auf "Midnight Express" beschreibt auch gleich wunderbar, wo es auf seinem Mixtape hingeht. Fans von Lugatti und 9ine ist der Name sicher schon bekannt, doch darüber hinaus scheint der Kölner nur bedingt die Aufmerksamkeit zu bekommen, die er und sein Haus und Hof-Produzent Sascha Urlaub verdienen. Denn wenn man Disco Vibes möchte, aber trotzdem nicht auf Rap verzichten will, ist DDD bei mir nach wie vor die erste Wahl.
Um "Disco Vibes" etwas zu spezifizieren: Dennis' Sound geht hauptsächlich Richtung 90er-Electro oder auch Techno, wenn man so will. Das liegt natürlich vor allem an den beinahe ausschließlich von Sascha Urlaub produzierten Beats. Dieser vereint äußerst gekonnt den damals typischen Electro-Sound mit Synthie-Sounds und tiefen Bässen sowie moderne HipHop-Elemente à la 808. Immer wenn ich Saschas Beats höre, fühle ich mich zurückversetzt in die 90er, ohne dass es dabei zu altmodisch klingt. Doch das sind nicht die einzigen Referenzen auf die Disco-Zeit vor der Jahrtausendwende. Denn neben Ohrwurm-Hooks en masse, die damals genauso gut funktioniert hätten, baut Dennis auch textlich die ein oder andere Referenz ein. Ob nun "Rhythm Is a Dancer" oder etwa "What is Love" – den musikalischen Vorbildern wird der entsprechende Respekt gezollt. Inhaltlich gibt es zwar nicht viel hervorzuheben, es geht viel um Alltägliches, Party und die eigene Heimat. Aber es ist eben auch mehr die Musik als Gesamtprodukt, die "Midnight Express" für mich so besonders machen.
Dennis Dies Das und Sascha Urlaub – und nicht zuletzt auch Maschinerie und Moses Mehdi mit ihren Gastproduktionen – kombinieren hier wirklich gekonnt alte Electro-Disco-Ästhetik mit modernem HipHop. Sie schaffen mit ihrem Crossover etwas Eigenes, Neues, dass mich mit jedem Track erneut fasziniert und zum Tanzen bringt. Und spätestens mit ersten Live-Auftritten hoffentlich noch viel mehr Menschen als nur mich.
(Lukas Päckert)