Ein Video-Interview, drei Gespräche auf dem Splash!, eines in der "Reimebude" Hamburg zum rappers.in Videobattleturnier 2012 … Insgesamt sieben Mal bat ich Pimf in den letzten sieben Jahren zum Gespräch. Und obwohl nicht jedes einzelne veröffentlicht werden konnte, blieb mir doch jedes als positive Erinnerung im Gedächtnis. So sitzen wir also im Frühling dieses Jahres irgendwo in Hessen, kurz vor Mitternacht. "Es fühlt sich gar nicht an wie unser zwanzigstes Mal", grinst Pimf. "Aber die Leute, die das lesen, haben das wahrscheinlich gar nicht so auf dem Schirm." Nein, vermutlich haben sie das nicht. Und dennoch dreht sich das Interview dieses Mal vor allem um Themen, die wir bisher noch nie behandelt haben. So sprechen wir nicht nur über die Inhalte sowie spontane Entstehung der neuen Platte "Windy City" während eines kurzen Aufenthalts in Chicago, sondern auch über sich daraus ergebende Punkte wie Zuhause, das Heimatgefühl an sich und die Ferne. Es kommt zur Sprache, wie es um Pimfs weitere musikalische Pläne steht, wie es mit dem Plattenlabel Schrägstrich Freundeskreis "Lagunenstyles" weitergeht und was die Vor- und Nachteile daran sind, nicht bei einem externen Label gesignt zu sein, sondern alles selber in die Hand zu nehmen. Und zu guter Letzt verrät Pimf in einem mehr als 15-minütigen Monolog, wie er den Gewinn des Superbowls durch sein Lieblingsteam, die Philadelphia Eagles, erlebt hat. So, als wäre ich live dabei gewesen. Ohne genau zu verstehen, worum es eigentlich wirklich geht …
MZEE.com: Zur Feier des Tages darfst du das Interview mal selber beginnen. Gibt es etwas, das dich momentan interessiert und über das du gerne sprechen möchtest?
Pimf: Fußball.
MZEE.com: Oh, nein. Damit kenne ich mich überhaupt nicht aus. (Pimf lacht) Aber ich hab' gehört, dass du ein großer Freund von Podcasts bist.
Pimf: Ja, das stimmt. Ich mag die Idee des Formats, weil es voll gut zum Einschlafen ist. "Die wundersame Rapwoche" fand ich ganz cool und die "Talk-O-Mat"-Idee auf Spotify. Da werden zwei Promis, die sich gar nicht kennen, mit verbundenen Augen gegenübergesetzt. Und den ALLGOOD-Podcast finde ich auch cool. Das ist vermutlich mein Lieblingspodcast, auch wenn er ein bisschen unregelmäßig kommt.
MZEE.com: Hast du dir auch mal "Schacht & Wasabi" angehört?
Pimf: Ja. Er dreht sich sehr um Gossip und Trash, was überhaupt nicht meine Themen sind. Und Jule fehlt manchmal ein bisschen Knowledge. Die Konstellation ist schon so: Er ist der Teacher und sie die Geteachte. Manchmal sagt sie dann schon Sachen, bei denen man sich denkt: "Alter! Warum sitzt du da und redest über HipHop?!" Aber sie ist bestimmt voll nett.
MZEE.com: Ich hab' Anfang des Jahres ein Interview mit ihr gemacht und muss sagen, dass sie wirklich nett ist und sich vor allem auch selbst kritisiert. Sie versteht schon, warum Leute teilweise von ihr genervt sind.
Pimf: Dann finde ich es aber schwierig, einen Rap-Podcast zu machen. Ich hab' letztens wieder reingehört und sie sagten die ganze Zeit: "Alman … wir Almans …" Das wird da als Lebenseinstellung dargestellt und Menschen danach kategorisiert: "Ah, der ist voll der Alman." Das finde ich genauso lustig-ironisch wie diese Leute auf einem Money Boy-Konzert: "Haha, der nimmt voll die Drogen!"
MZEE.com: Und hast du dir mal den Podcast von Nanoo angehört?
Pimf: Ja, bester Mann. Auch auf Instagram. Wenn eine neue Instagram-Story von Nanoo kommt, dann hol' ich mir Popcorn!
MZEE.com: Kommen wir zu einem anderen Thema: Wir haben noch nie über das Reisen gesprochen. Deine neue Platte "Windy City" ist nun aber in Chicago entstanden – kannst du mir die dazugehörige Reisegeschichte erzählen?
Pimf: Klar. Ich hab' Flüge für 300 Euro im Internet gesehen und gesagt: "Okay, wir fliegen nach Chicago!" Dann hab' ich sie sofort gebucht. Ich bin ja ein großer Fan von amerikanischem Sport und mich faszinieren auch die Städte dort sehr. Ich mag auch Musik aus Chicago. Und ich dachte, da kann man schon mal hinfahren, auch wenn es nicht ganz oben auf meiner Reiseliste stand. Ich bin dann zusammen mit meiner Freundin hingeflogen und wir hatten gar keinen Plan. Ich war so: "Hey, lass uns möglichst viel Sport gucken!" Meine Freundin war so: "Hey, lass uns cool Sightseeing machen!" Es war voll die geile Zeit, auch weil gerade Thanksgiving war. Alle waren in Holiday-Stimmung, in der Stadt standen 15 Meter hohe Tannenbäume, es gab überall Eislaufbahnen. Es sah aus wie bei "Kevin allein in New York", so richtig klischeehaft. Alles weihnachtlich geschmückt und alle auf "Happy Holidays!" Am Freitag war dann Black Friday, die ganzen Chinesen haben die Stadt erobert und vor den Läden gezeltet. Richtig Wahnsinn. Ansonsten war es auch noch mitten in der Saison. Das heißt: Ich konnte Basketball gucken, ich konnte Football gucken, ich konnte Eishockey gucken …
MZEE.com: Da gibt es doch auch diesen riesigen See.
Pimf: Lake Michigan, ja. Von meinem Hotelzimmer aus habe ich rechts aus dem Fenster den Michigan Lake gesehen. Alles sah so aus, als würde ich direkt am Meer wohnen. Wenn ich nach links geguckt habe, war da Downtown. Und vor unserem Haus war direkt der Brunnen aus dem Intro von "Eine schrecklich nette Familie".
MZEE.com: Hat Chicago denn ein bisschen was von New York?
Pimf: New York ist eigentlich außer Konkurrenz, das kann man gar nicht vergleichen. Es ist auch einfach anders strukturiert. Der Süden von Chicago ist übertrieben crime – da war ich gar nicht. Ich würd' sagen, der Norden ist ein bisschen Bonzen-mäßig. Und Downtown kann man einfach voll geil essen und shoppen. Aber du kriegst auch mal 'nen selbstgemachten Burger. Dann gibt es noch Viertel wie Wicker Park, nach dem ja auch meine erste Single benannt war. Böse behauptet ist das das Hipster-Viertel. Aber da gibt's halt keine Hipster. Es ist ein bisschen weiter außerhalb und es gibt da viele Second Hand-Shops und sowas. Die Stadt war einfach übertrieben flashig und inspirierend. Es ist sofort meine absolute Lieblingsstadt in den Staaten geworden … New York natürlich außer Konkurrenz.
MZEE.com: Wie lange warst du insgesamt da?
Pimf: Nur acht Tage. Aber es hat auf jeden Fall gereicht. Es war nicht so, dass wir von morgens acht bis abends zehn durch die Stadt gescheucht wurden. Und das Geile war: Wir konnten alles zu Fuß ablaufen. Weil viel im Loop, also Downtown, liegt – und man allein da schon sehr viel machen kann.
MZEE.com: Und wie sieht es Graffiti-mäßig aus?
Pimf: Downtown gibt es nicht viel, draußen dann schon. Aber auch nicht sehr viel mehr als woanders. Im Wicker Park gibt es richtig gute Street Art. (überlegt) Um auf deine Frage zurückzukommen: Wir sind abends aufs Hotelzimmer gekommen und ich hatte tausend Gedanken in meinem Kopf. Kennst du diese kleinen Blöcke, die man im Hotel bekommt? Ich hab' mir diese Blöcke und einen kleinen Bleistift genommen, mich auf der Toilette eingeschlossen, Beats gehört und Texte geschrieben. Dann hab' ich die Texte in mein Handy eingerappt und am nächsten Morgen bin ich dann aufgestanden: "Ey, wir müssen jetzt ein Video drehen!" In weiser Voraussicht hatte ich fünf Tage vorher ein Handy Gimbal gekauft. Wir sind dann durch die Straßen gezogen und haben ein bisschen HipHop gemacht. Ich hatte schon ein, zwei Songs vorher fertig und mit der Zeit hat sich alles voll gut zusammengefügt. Den Song mit Jephza zum Beispiel gab es schon vor Chicago und er heißt "Im Loop". Und dann stehen wir in Chicago und Dowtown heißt da einfach auch auf einmal "Loop" …
MZEE.com: Ich hab' ein Zitat vom Titeltrack deiner Platte dabei. Es heißt: "Ich hätte selbst nicht dran geglaubt, dass ich das sage – doch Chicago bringt mich irgendwie nach Haus'." Hattest du in dieser Stadt das erste Mal das Gefühl, in der Fremde richtig anzukommen?
Pimf: Nee, ich glaub', ich hatte das Gefühl schon mal hier und da. Aber in Chicago hatte ich es aufgrund der Begebenheiten ganz arg. Ich finde, dass einen jede Reise ein Stück weit nach Hause bringt. Man hat ja sein echtes Zuhause im Kopf, vielleicht ein bisschen Heimweh und definiert: "Was ist für mich Zuhause? Wer ist für mich Zuhause?" Das wollte ich damit sagen. Es hätte wohl auch St. Petersburg sein können. Aber Chicago ist auf jeden Fall zu einer Herzenssache geworden.
MZEE.com: Einerseits hast du auf deiner Platte über Chicago gerappt. Andererseits über dein wirkliches Zuhause, Hofgeismar. Hast du dich in den letzten Monaten viel damit auseinandergesetzt, wo du hingehörst?
Pimf: Das ist ein ständiges Thema für mich. Weil ich beides möchte: Ich fühl' mich wohl, wenn ich draußen unterwegs bin. Gleichzeitig hab' ich dann aber Sehnsucht nach Zuhause. Ich brauch' das dann auch – meine Ruhe, meine Leute. Dieses Ländliche und diesen Rückhalt. Ich brauch' einfach beides und deshalb ist das ein ständiges Thema bei mir.
MZEE.com: An einer Stelle sagst du sowas wie: "Props an die, die nicht in die Großstadt weggezogen sind." Ist es für dich ein Thema, dass Hofgeismar dein Zuhause bleibt – auch wenn alle anderen weggehen? So nach dem Motto: "Scheiß auf die, die gehen!"
Pimf: Das "Scheiß auf euch"-Thema ist es nicht so ganz. Ich hab' sehr gute Freunde, die woanders wohnen. Das ist dann halt keine Daily-Business-Freundschaft, man hat dann auch mal ein paar Monate keinen Kontakt. Dann trifft man sich wieder und alles ist wie früher. Aber diese Leute kann ich an einer Hand abzählen. Timo (Kico, Anm. d. Red.) zum Beispiel wohnt jetzt in Hamburg. Und er ist wahrscheinlich einer meiner besten Freunde. Das Witzige bei ihm ist: Er kommt gar nicht aus Hofgeismar, sondern aus Kassel. Aber ich glaub', er fühlt sich in Hofgeismar mega zu Hause. Ich liebe meine Handball-Truppe, meine Family und alles, was hier so geht. Aber wir sind auch nicht alle die gleichen Dudes. Bei den Jungs zum Beispiel, die ich noch aus der Schulzeit mitgenommen hab', ist es so: Wir haben nicht dauernd Kontakt, aber sind irgendwie die gleichen Dudes und das passt einfach wie Arsch auf Eimer. Und alles ist wie immer. Die Leute beim Handballverein sind dagegen ganz anders als ich. Die gehen alle ihren normalen Weg und machen ihr Ding. Aber genau darin fühle ich mich megawohl. Das sind halt keine coolen "Mache irgendwas mit Medien"-Menschen oder Rapper, die nach Berlin ziehen. Das ist was komplett anderes, wirklich zwei Welten, zwischen denen ich immer springe …
MZEE.com: Kannst du dir denn vorstellen, mal in eine Großstadt zu ziehen?
Pimf: Ich hab' schon mal damit geliebäugelt. Ich kann mir das absolut vorstellen und würde es nicht ausschließen, aber gerade ist alles voll nice. Es gibt keinen Grund, irgendwas zu verändern.
MZEE.com: Ich hab' mir ein paar Gedanken zum Inhalt deiner Platte gemacht und mir sind dabei ein paar Schlagwörter eingefallen. Für mich dreht sich das Ganze um Zuhause und die Fremde, Fernweh und Sehnsucht. Siehst du das genauso?
Pimf: (lacht) Übertrieben pathetisch! (überlegt) Aber ja. Ich würde sagen, es geht um "The boy meets world". Und sich selbst.
MZEE.com: Was mir besonders gut gefällt, ist, dass die Platte so kurz und knapp ist.
Pimf: Das musste auch genau so sein. Ich hab' noch 50 Songs auf meiner Festplatte und hätte auch weiter rumbasteln können. Aber genau so, wie es ist, muss das sein. Es tat mir ein bisschen weh, weil es nur sieben Tracks sind und alle Leute das jetzt "EP" nennen. Mich nervt das mega und ich sag' immer nur "Platte". Für mich ist das Ganze ein vollwertiges Release. Wenn ich Medien anschreibe, habe ich oft das Gefühl, dass es einen anderen Stellenwert hat, weil es nur sieben Songs sind.
MZEE.com: Witzigerweise geht's mir da genau andersrum. Wenn mir jemand sieben Tracks zum Reinhören schickt, kann ich die mal eben hören. Wenn mir jemand 25 Tracks schickt, habe ich allein aufgrund der Menge schon gar keine Lust mehr.
Pimf: Dann ist ja auch klar: Da wird auf jeden Fall geskippt! Selbst bei 17 oder so.
MZEE.com: Ich hab' dir einen Satz aus deinem Pressetext mitgebracht: "In dem Moment, in dem 'Windy City' geboren wurde, wurden sämtliche musikalischen Pläne über den Haufen geworfen." Welche Pläne?
Pimf: Ich hab' den Pressetext selber geschrieben, ich kann mich da jetzt nicht mal drüber aufregen. (überlegt) Der Plan war, kein Themen-Release zu machen. Ich hab' an einer neuen Platte gearbeitet und das wurde dann durch Chicago unterbrochen. Der Song "Im Loop" war zum Beispiel schon für das Release geplant und es sind noch viele andere Songs fertig. Aber die wurden dann in die Ecke geworfen und werden da vermutlich liegen bleiben. Ich hab' dann vier, fünf neue Tracks gemacht, zwei alte hinzugefügt und mich da voll reingestürzt. Außerdem hab' ich noch eine Kollabo-Platte mit einem anderen Rapper gemacht. Die ist eigentlich schon fertig und sollte auch schon rauskommen, wurde nun aber nach hinten versetzt.
MZEE.com: Du schmeißt das meiste alte Material dann einfach weg?
Pimf: Manches ja. Manches wird auch rauskommen – die Kollabo-Platte auf jeden Fall. Manche Sachen recycle ich vielleicht in zehn Jahren. Ich mach' halt jede Nacht Musik und hab' unfassbar viele Skizzen, Parts und Songs rumliegen. Was davon rauskommt und wie, muss durch eine ganz, ganz strenge Qualitätskontrolle.
MZEE.com: Bei deinen Platten "Memo" und "Justus Jonas" hat es sich ja lange gezogen von der Fertigstellung der Platte bis hin zur wirklichen Veröffentlichung. Dieses Mal scheint es ganz anders gewesen zu sein: Skizzen gemacht, aufgenommen – und schon wurde releast. Warum ging das dieses Mal so schnell?
Pimf: Vor "Justus Jonas" stand alles in den Sternen: Was machen wir jetzt? Wie bringen wir das Ganze raus? Dann haben wir das Lagunenstyles-Ding gemacht und jetzt sind die Strukturen klar. Jeder weiß, was er zu tun hat. "Justus Jonas" lag halt einfach ein Dreivierteljahr rum. Es stand alles im Raum: Wie machen wir das mit der GEMA? Wie geht das mit dem Presswerk? Mir war irgendwie bewusst: Ich will das selber machen. Aber das dann wirklich zu machen … Und jetzt ist alles total klar. Ich weiß, wie es läuft und das klappt total gut. Deswegen ging es jetzt viel schneller. Ich hatte total Bock und Euphorie. Dann kam die Tour im Januar mit Weekend, da ging gar nichts. Und im Februar war dann alles fertig. Vier Wochen vor Release lagen die CDs dann schon bei mir. Es gab keinen Hickhack mit dem Presswerk, Verschiebungen … Ich hab' dann auch keine großartige Werbung gemacht, aber die CDs sind ausverkauft.
MZEE.com: Kannst du mir aufzeigen, was sich bei Lagunenstyles im letzten Jahr verändert hat und wer aktuell dabei ist?
Pimf: Eigentlich ist das Ganze kein Label, sondern ein Freundeskreis. Menschen, die Bock haben, kreativ zu sein. Timo und ich haben das ins Leben gerufen und dann kamen mehr und mehr Menschen aus unserem Dunstkreis hinzu. Jephza kenne ich zum Beispiel seit zehn Jahren und er hatte eine Platte fertig. Er war so: "Die Platte liegt rum und ich weiß nicht, was damit jetzt ist." Und ich war so: "Alles klar, gib her. Ich schick' das dem Grafiker, der macht dir ein Artwork, ich organisier' dir ne Videofirma, wir machen das." Ich hab' das Label-mäßig in die Hand genommen und wir haben das rausgebracht. Und die anderen Leute sind einfach Freunde von uns. Rapper, Fotografen, Beatmenschen … Zum Beispiel Grinch, einer unserer besten Freunde, macht gerade eine Kunstaustellung. Oder Christian Wasenmüller, der unsere Artworks macht, wird bestimmt bald ein Buch mit Fotos machen. Im Prinzip wollen wir einfach nur geilen Scheiß machen, der sonst keinen Platz findet. So hat sich das über die Zeit hinweg entwickelt. Ich würde sagen, dass ich der Kopf der ganzen Bande bin, der Organisierteste. Was ja auch nicht sonderlich schwer ist. (grinst) Dann kam eben die Jephza-Platte. Und Mavgic ist auch dabei: der schlechteste beste Rapper der Welt. Mit ganz furchtbaren Beats auf seiner letzten Platte. Aber er rappt halt so gut wie kein anderer und macht zum Beispiel voll geile Sachen bei DLTLLY. Seine letzte Platte hat er selber rausgebracht und dann haben wir sie auch noch bei uns in den Shop gestellt. Ich hab' gesagt, ich möchte den Lagunenstyles-Stempel nicht drauf haben, weil die Beats scheiße sind.
MZEE.com: Und habt ihr nach deiner Platte noch andere auf Lagungenstyles für 2018 geplant?
Pimf: Ich plane nur meine Sachen, bei uns gibt es keinen Releasekalender. Was auch immer ich für die Jungs planen würde – das würden sie eh wieder über Bord werfen. Ich mach’ einfach meinen Kram, die anderen ihren Kram. Und wenn was fertig ist, setzen wir uns zusammen hin und überlegen, wie wir das rausbringen.
MZEE.com: Fehlen dir denn in eurer familiären Struktur manchmal die Annehmlichkeiten eines größeren Labels? Zum Beispiel, dass sich auch mal jemand um dich kümmert, dir Planungen abnimmt …
Pimf: Ich find' den Weg schon sehr geil und brauch' eigentlich keinen, der mich an die Hand nimmt und sagt: "Das hier ist der Jonas, ihr führt jetzt ein Interview." Ich kann ja auch selber dahingehen und Termine koordinieren. Aber es ist halt superschwer, wenn du nicht Promoter XY bist, an irgendwas ranzukommen. Ich hab' zur Platte zum Beispiel furchtbar viele E-Mails geschrieben, die einfach nicht beantwortet wurden. Wenn ich einen hätte, wäre das wahrscheinlich kein großes Problem gewesen. Das ist schon harter Struggle, was Promotion angeht. Die großen HipHop-Portale posten vielleicht mal ein Video von dir und das war's. Und was Reichweite angeht, kann ich halt nicht 100 Euro in jeden Facebook-Post stecken, nur um den sponsern zu lassen. Das sind schon Sachen, die nerven, aber irgendwie haut das alles schon hin. Ob man mit den eigenen Kontakten jetzt etwas dick an die Glocke hängen kann, wage ich mal zu bezweifeln. Aber dann muss die Mucke halt so geil werden, dass irgendwann keiner mehr dran vorbeikommt.
MZEE.com: Ich hab' noch ein anderes, letztes Thema für dich. Es wurde mir aufgetragen.
Pimf: Was, wieso denn schon das letzte Thema?! Wir reden erst seit 50 Minuten.
MZEE.com: Also, das letzte Thema …
Pimf: … über das wir sehr lange reden werden …
MZEE.com: … ist Fußball. (überlegt) Nee. Es ist nicht mal Fußball. Superbowl. Was machen die? Ach, herrje. (Pimf lacht) Baseball? Ach, du Scheiße. Football? (alle lachen) Dein Lieblingsteam, die Philadelphia Egales, hat dieses Jahr das erste Mal den Superbowl gewonnen. Die Redaktion würde sehr gerne wissen, wie du die Nacht und das Spiel empfunden hast.
Pimf: Sehr gerne. Ich werde mir jetzt die Zeit nehmen und die ganze Geschichte erzählen. Von vorne: Ich bin Fan von den New York Knicks. Die sind sehr, sehr schlecht in letzter Zeit. Ich bin Fan vom FC St. Pauli. Die sind auch nicht das Gelbe vom Ei. Und ich bin Fan von den Philadelphia Eagles, seit ich denken kann. Und ich gucke wirklich jeden Sonntag mit meinen Freunden Football. Meine Freunde sind Erfolgsfans. Seattle Seahawks. New England Patriots. Also von den tollen Teams. Und ich bin halt Philadelphia Eagles-Fan – und die Eagles sind schon lange nicht mehr gut. Die Liebe ist da einfach hingefallen. Bei St. Pauli war es damals diese krasse Pokalwunder-Saison, in der die einfach Erstliga-Clubs rausgeworfen haben. "David gegen Goliath"-mäßig. Damit hat mich St. Pauli damals gekriegt. Die New York Knicks – wahrscheinlich über irgendein Jersey. Und Philly, ich glaube, es war eines der ersten Footballspiele, die ich je gesehen habe. Die Fans von Philly sind halt auch einfach mega-asozial. Das ist eine ganz eigene, wüste Community … Ich gucke also mit meinen Freunden seit fünf, sechs Jahren jeden Sonntag Football. Und ich kriege nur auf den Deckel. Weil deren Teams immer gewinnen – über mich wird sich immer nur lustig gemacht. Und dieses Jahr: Keiner hat damit gerechnet. Völlig sensationell! Die Eagles haben vor zwei Jahren 'nen guten Quarterback gedraftet und fangen plötzlich an, zu gewinnen. Auf einmal steht es sieben Siege, eine Niederlage. Und alle so: "Oh, die Eagles! Nicht schlecht." Und ich immer so: "Ruhig, Leute, ruhig." Und die Eagles gewinnen noch eins, noch eins. Und um mich herum alle so: "Ach, du Scheiße, Leute!" Und ich so: "Ruhig, ruhig, Leute. Nichts ist passiert." Und dann schaffen wir es in die Playoffs. Und alle so: "Die Eagles in den Playoffs!" Und ich so: "Jaaaaaa! Aber wieder ruhig, ruhig …" (alle lachen) Ah, da war noch was: 15. Woche. Kurz vor den Playoffs. Carson Wentz. Der gedraftete junge Quarterback, der uns alle getragen hat, reißt sich das Kreuzband. Ich lag in Embryo-Stellung auf dem Boden in der Ecke. Und alle, die davor immer so waren: "Boah, die Eagles …", waren so: "Die Eagles, hahaha! Jetzt ist ja leider der Quarterback verletzt!" Denn wenn der Quarterback verletzt ist, passiert im Normalfall nichts mehr – weil er der wichtigste Mann ist. Dann kommt aber Nick Foles, unser Ersatz-Quarterback …
Aus dem Hintergrund: (alle lachen) Das ist doch nicht dein Ernst!
Pimf: … es kommt also Nick Foles, Cinderella-Story überhaupt. Dieser Ersatz-Quarterback gewinnt die erste Playoffs-Runde. Und ich: "Ruhig, ruhig!" Gewinnt die zweite Playoffs-Runde. Und ich: "Ruhig, ruhig!" Bis zuletzt konnte ich es nicht fassen. Als wir auf der Weekend-Tour waren, haben wir das Halbfinale im Tourbus geguckt. Der Soundmann von Weekend ist auch Eagles-Fan. Shoutout Frieder! Man trifft normalerweise nie Eagles-Fans! Es gibt nur ganz wenige, weil die echt schlecht sind. Wir haben uns dann ein iPad an den Sitz geklebt, fahren nachts von München nach Stuttgart und alle stehen im Bus und schreien: "Die Eagles! Die Eagles kommen in den Superbowl!" Die waren alle völlig angesteckt von meiner Euphorie. Der ganze Bus wackelte nur so über die Autobahn, weil die Eagles Richtung Superbowl gingen.
Aus dem Hintergrund: Jetzt hat der echt die Stunde vollgemacht. (alle lachen)
Pimf: (grinst) Das macht mich gerade so glücklich! Wir kommen also in Stuttgart an, gerade zur Halbzeit. Müssen alles ausladen, die Taschen wegbringen. Zack, ab nach Hause, alle rennen so mit ihren Taschen, Ticker auf dem Handy. Setzen sich hin – und dann sind die Eagles echt in den Superbowl gekommen mit ihrem scheiß Ersatz-Quarterback. Damals, als ich 2010 in Philadelphia war, habe ich mir übrigens ein Trikot von dem Bruder gekauft! Und dann komme ich von der Tour nach Hause …
Aus dem Hintergrund: Katastrophe!
Pimf: (grinst) Ich komme also von der Tour nach Hause. Das war dann das erste Spiel nach der Tour, das ich wieder zusammen mit den Kumpels gucken konnte. Es gibt Chicken Wings und fett Buffet – wie man das so macht. Es war ein ganz normaler Superbowl, wie immer. Normalerweise hab' ich damit nur nichts zu tun: Da spielen zwei Teams Football und ich esse ein bisschen Burger. Aber das war der aufregendste Tag meines Lebens. Wirklich. Es war noch krasser als Deutschland gegen Italien im Elfmeterschießen damals. Und da war ich schon übertrieben aufgeregt …
MZEE.com: Es ist dir bewusst, dass das immer noch eine einzige Antwort ist?
Pimf: Schreib doch einfach ein paar Fragen dazwischen? (alle lachen) Und dann sitzen wir da. Meine Eagles im Superbowl, die sonst immer nur zwei Wochen im Rennen sind. Ich konnte nicht reden. Die meisten waren auf meiner Seite, weil wir gegen die Patriots gespielt haben. Die sind das Bayern München des Footballs, die gewinnen jedes Jahr. Deswegen waren dann viele für den Underdog. Ich konnte nicht reden und nicht atmen. Ich stand teilweise draußen vor der Fensterscheibe, weil ich frische Luft brauchte. Und dann gehen die Eagles hoch in Führung. Und alle: "Ey, die machen das!" Und ich: "Ruhig, ruhig!" In der Halbzeit stehe ich draußen mit meinem Kumpel und sag': "Pass auf. Jetzt kommen die Patriots!" Nach der Halbzeit, was passiert? Die Patriots kommen. Aber die Eagles schlagen zurück! Es ist übertrieben spannend bis zur letzten Minute – und dann haben die Eagles den Superbowl gewonnen. Ich bin überhaupt nicht drauf klargekommen. Ich komm’ immer noch nicht darauf klar.
MZEE.com: In dem Moment warst du der glücklichste Mensch …
Pimf: … der ganzen Welt! Die Leute haben in Philadelphia die ganze Stadt abgebaut. Autos sind durch die Stadt geflogen, Straßenlaternen wurden umgeschmissen. Die Leute sind wirklich crazy. Und dann war der Superbowl vorbei, gegen fünf Uhr. Ich kam mit meinen Emotionen gar nicht klar. Alle sind nach Hause gegangen. Und ich war so: "Nein! Wir müssen jetzt 'ne Party feiern!" Aber niemand wollte mit mir feiern. Also bin ich nach Hause, hab' mir sechs Bier geholt und meine Rausschmeißer-Playlist angemacht. Nur Schlepper von Bryan Adams und Robbie Williams. Ich hab' Bier getrunken, bin durch mein Zimmer gesprungen und hab' geschrien. Ich hab' alle Leute Montagmorgen um sechs angerufen: "Hey, lasst feiern, kommt vorbei!" Ich bin echt kein Story-Mensch und hab' auf Snapchat Videos hochgeladen, in denen ich singe. Keine Ahnung, was mich da geritten hat. Und danach hab' ich noch eine Woche mein Trikot getragen … Ende der Geschichte.
MZEE.com: (Applaus aus dem Hintergrund) Meine noch offenen Fragen wurden damit alle sehr ausführlich beantwortet.
Pimf: Sollen wir noch was zu den Begebenheiten des Interviews sagen?
MZEE.com: Auf gar keinen Fall.
Pimf: (grinst) Okay. Dann danke.
(Florence Bader)
(Fotos von Sina Tarves)