Kunst tritt in unterschiedlichsten Formen in Erscheinung – beispielsweise durch Malerei, Performance, Installationen oder Druck. Eine Form, die für die Kunstwelt sehr prägend war, ist der Druck, denn dadurch konnten Werke vervielfältigt werden. Einer der bekanntesten Drucke ist der Marilyn Diptych-Siebdruck von Andy Warhol. Das Bild gilt als das teuerste Kunstwerk des 20. Jahrhunderts. Druckgrafik spielt somit bis heute eine bedeutende Rolle in der Kunstwelt. Auch unsere Interviewpartnerin Donna Savage kennt sich mit der Thematik bestens aus. Denn neben ihrer Musik-Karriere studiert sie "Grafik und Druckgrafik" an der Universität für angewandte Kunst Wien. Dort eignet sie sich neben dem klassischen Siebdruck auch verschiedene andere Techniken an und erfindet sich immer wieder neu. Ihr Kunstverständnis wurde schon vor dem Studium durch verschiedene Dinge beeinflusst. Neben Graffiti, wozu sie durch ihr Umfeld einen Zugang fand, spielte auch der Kunstgeschmack ihrer Mutter eine große Rolle. Um mehr über ihre Verbindung zu Kunst zu erfahren, baten wir die Rapperin zum Gespräch, um mit ihr über ihr Studium, Verbindungen zwischen Druckgrafik und Graffiti sowie ihre Perspektive auf die Kunstszene in Wien zu sprechen.
MZEE.com: Kunst ist ein Thema, mit dem du unterschiedliche Berührungspunkte hast: Zum einen bist du Rapperin und zum anderen studierst du an der Universität für angewandte Kunst Wien "Grafik und Druckgrafik". Außerdem sprühst du in deiner Freizeit. Erinnerst du dich noch an deine erste Berührung mit der Kunst?
Donna Savage: Meine Urgroßmutter war Malerin und als Kind war ich oft bei ihr. Sie hatte ein riesiges Atelier mit tausend Aquarell- und Acrylfarben und wie es damals so üblich war, hat sie sehr traditionell Porträts und Landschaften gemalt. Als ich sechs oder sieben Jahre alt war, habe ich mit ihr gezeichnet und unter einer Brust einen Schatten gemalt. Da hat sie gesagt: "Die wird Malerin!" – Das war das letzte Gespräch, das wir hatten.
MZEE.com: Du hast auch schon deine Kindheit und Jugend in Wien verbracht – wie sehr hat dich das Aufwachsen im 17. und 18. Bezirk in deinem Interesse an Kunst beeinflusst?
Donna Savage: Die Bezirke haben mich eher weniger beeinflusst, denn als wir im 17. gelebt haben, war ich noch zu klein, ich bin da mit zwölf weggezogen. Der 18. ist der ultra Bobo-Bezirk (Anm. d. Red.: Neologismus für Elite oder Oberschicht, die beruflichen Erfolg und Rebellion verbinden möchte) – das hat mich eher weniger geprägt und ich wollte ausbrechen. Ich glaube, wenn mich etwas geprägt hat, dann der Geschmack meiner Mum, weil sie immer schon ein großes Interesse an Kunst hatte. Unser Zuhause ist eine richtige Galerie – mittlerweile fast nur mit meinen Bildern, aber früher, als ich kleiner war, nicht. (grinst) Inzwischen studiere ich an der Uni, auf der unter anderem Klimt und Kokoschka waren, und wenn man da studiert, kriegt man auch viel durch das Besuchen von Ausstellungen mit. Ich finde, dass in Wien superviele spannende Sachen passiert sind, wie zum Beispiel der Wiener Aktionismus. (Anm. d. Red.: Der Wiener Aktionismus war eine Bewegung von Künstler:innen, die meist provokante Performance-Kunst machten.) Künstler:innen wie Günter Brus oder eben Kokoschka waren nicht ohne Grund oft in der Stadt. Seit ich auf der Angewandten bin, sind es mehr die Museen als die Bezirke, die mich inspirieren. Davor war es, aufgrund meines Umfelds, wenig traditionelle Kunst und eher Graffiti.
MZEE.com: Du sagst, dass euer Zuhause einer Galerie gleicht. Hat deine Mutter denn auch etwas mit Kunst zu tun gehabt?
Donna Savage: Gar nicht, aber sie hat einen richtig geilen Geschmack. (lacht) Meine Mum hat schon immer alle möglichen Dinge gesammelt – Steine, Muscheln, Hölzer – und daraus bis zu drei Meter große Mobiles gebaut. Oben war ein Stock, daran waren durchsichtige Schnüre befestigt und daran hingen Korallen und andere Fundstücke. Das hängt bis heute noch von der Decke runter! Daneben war ein Graffiti-Bild von mir, irgendein Mick Jagger-Warhol-Plakat und Sachen von befreundeten Künstler:innen. Meine Mum hat immer fette Feiern veranstaltet, auf denen Künstler:innen aus sämtlichen Genres zusammengekommen sind. Da wurde gejamt, Saxofon gespielt und es waren Maler:innen anwesend. In so einem Umfeld bin ich groß geworden.
MZEE.com: Wie war das, als du dich an der Universität für angewandte Kunst Wien beworben hast?
Donna Savage: Ein fucking pain in the ass. Wären meine Mum und mein ganzes Umfeld nicht von Anfang an so unterstützend gewesen, hätte ich sicher aufgegeben. Bei mir in der Abteilung zum Beispiel bewerben sich im Jahr 200 Leute, aber am Ende schaffen es nur zwischen vier und sechs. Es ist richtig hart, da reinzukommen. Es hängt von deren Mood und Geschmack ab, aber auch wie gut dein Charakter in die Klasse passt. Tatsächlich habe ich drei Anläufe gebraucht und es die ersten zwei Jahre nicht in die zweite Runde der Aufnahmeprüfung geschafft. Ich war schon so weit, dass ich etwas anderes machen wollte. Meine Mum hat mir erklärt, dass die Aufnahme einfach schwierig sei. Damit wir Familienbeihilfe kriegen, habe ich Sachen studiert, die mich nicht gejuckt haben. Ich hatte immer kack Noten, aber seitdem ich angenommen wurde, habe ich 1,0 im Durchschnitt. (lacht) Mich bockt das und ich find' es nicht anstrengend, dafür zu lernen.
MZEE.com: Wie hoch ist der Druck im Studium, wenn es schon so schwierig ist, dafür angenommen zu werden?
Donna Savage: Für mich ist da kein Druck. Es hat bei mir direkt geflowt, weil ich so glücklich war, dass ich da bin. Zuerst habe ich zwei Jahre lang Französisch studiert, weil ich das fließend spreche – das hat mir richtig den Spaß an der Sprache genommen. Danach habe ich ein Jahr Kunstgeschichte auf der Universität Wien studiert und das war wirklich grauenhaft. Ich wollte mich damit vorbereiten, falls ich es auf die Angewandte schaffe, aber es ging nur um Zahlen und Fakten. Auf der Angewandten hatten wir noch mal Kunstgeschichte und die dozierende Person hat das so viel besser rübergebracht. Man hat richtig gemerkt, dass sie dafür lebt und es saugeil findet. Ich musste nichts mitschreiben und wusste trotzdem alles. Auch jetzt, vier Jahre später, kann ich noch sagen, worüber sie geredet hat. Ich nutze alle Möglichkeiten, die es auf der Angewandten gibt. Zum Beispiel das Arbeiten mit Metall: Ich habe mir eine eigene Tasche und einen Bilderrahmen geschweißt. Außerdem habe ich mit Keramik gearbeitet. Es gibt so viele coole Möglichkeiten, die nach der Uni sauteuer und nicht so einfach zu kriegen sind.
MZEE.com: Und warum hat dich Druckgrafik so gecatcht? Warum wolltest du das unbedingt vertiefen?
Donna Savage: Eigentlich sind wir die Zeichenklasse. Ich war damals nicht so affin mit der Malerei und eher am Skizzieren, viel mit Bleistift und Kohle. Mittlerweile macht es mir allerdings sehr viel Spaß und der Siebdruck ist mein zweites Zuhause. (lacht) Es wird einem dort wirklich jede Freiheit gelassen und das finde ich mega. Würde ich morgen sagen, dass ich Konzeptkunst oder Performance mache, hätten sie kein Problem damit. Die Professur innehabende Person schreibt uns nicht vor, wie wir uns zu entwickeln haben.
MZEE.com: Wieso hast du dich für eine analoge Kunstform entschieden und nicht für eine digitale?
Donna Savage: Das war ehrlich gesagt Absicht. Ich bin der ärgste Nicht-Computer-Mensch, den es gibt. (lacht) Meine Freund:innen verarschen mich oft, weil ich nicht Computer, sondern Rechner sage. Ich bin ganz schlecht mit so was. Und wir leben vielleicht in einer digitalisierten Zeit und können mit künstlicher Intelligenz alles Mögliche machen. Aber eine KI oder irgendein Roboter kann nie das, was du mit deinen Händen kannst. Natürlich gibt es die Möglichkeit, mit einem Tablet grafisch zu arbeiten, aber es ist etwas anderes, wenn du einen Stift in der Hand hältst, der auch mal abbricht – man kann sich nicht so schnell korrigieren. Das ist dein Schweiß und Blut, das ist alles einen Tick persönlicher. Es sind Fehler erlaubt und dadurch entstehen oft unabsichtlich richtig geile Sachen. Beim digitalen Zeichnen hingegen, was ich zum Beispiel für mein Merch mache, kann es immer noch perfekter werden. Aber wenn du deine Fehler nicht rückgängig machen kannst, kommst du in ganz andere Sphären. Ich finde, es fühlt sich auch anders an, einen analogen Druck oder eine echte Zeichnung in der Hand zu haben als ein ausgedrucktes Plakat. Man merkt, dass analoge Kunstformen wie die analoge Fotografie wieder einen Aufschwung bekommen haben in den letzten Jahren. Diese alten Sachen werden wieder mehr geschätzt. Und das ist fast überall so, denn in der Musik kommen wir auch weiter weg von Autotune und wieder zurück zur unbearbeiteten Stimme. Es wird reduzierter, weil wir in unseren Köpfen überlastet und reizüberflutet sind, und dadurch hitten die simplen Dinge mehr.
MZEE.com: Hat Kunstverständnis deiner Meinung nach auch etwas mit Erziehung oder Bildung zu tun?
Donna Savage: Tatsächlich nicht, nein. Kunst ist ein Gefühl oder irgendetwas, das dich catcht – an einem Bild, an einer Skulptur, an Musik, an was auch immer. Und ich glaub', dafür braucht man gar nichts. Ich würde sagen, dass das aus dem Bauch heraus kommt und da nicht der Verstand spricht. Gut, bei manchem vielleicht schon, wenn es beispielsweise um Technik geht, aber in Wahrheit ist es egal. Es gibt so viele Kunstwerke, die die ganze Menschheit faszinieren, und das hat nichts mit irgendeinem Bildungsgrad zu tun.
MZEE.com: Obwohl es sowohl in der Musik als auch im Film oder in der Kunst Bereiche gibt, die teilweise immer noch bestimmten Klassen vorbehalten sind, gibt es Subkulturen, in denen der Background gar keine Rolle spielt. In der Graffitiszene beispielsweise fragt niemand nach deinem Abschluss oder ob deine Eltern schon gesprüht haben.
Donna Savage: Absolut, das macht keiner. Je nach Sparte und wie elitär diese geprägt ist oder welche Wurzeln sie hat, werden diese Fragen gestellt. Aber das wird mittlerweile weniger und es ist doch auch scheißegal, wenn das Werk gut ist.
MZEE.com: Trotzdem ist nicht unwesentlich, welchen Zugang man zu Kunst, Kunstwerken und Kunstschaffenden hat. Zum Beispiel hat nicht jede:r die Möglichkeit, die bekanntesten Museen der Stadt zu besuchen, wenn ihr:ihm gerade danach ist.
Donna Savage: Ich muss sagen, da ist Wien echt geil aufgestellt. Es gibt zum Beispiel einmal im Jahr die "Lange Nacht der Museen", bei der in der ganzen Stadt die Ausstellungen von allen öffentlichen Museen – bis auf die Albertina – gratis sind.
MZEE.com: Die Albertina ist ein bisschen eigen, oder?
Donna Savage: Wirklich. Es gibt jetzt noch die Albertina Modern, in der ich bei der Ai Weiwei-Ausstellung war und ich fand es richtig geil, aber ich kann und will mir das nicht leisten. Ich werd' nicht 20 Euro zahlen, vor allem nicht als studierende Person. Dann machen die einen kleinen Rabatt von zwei Euro. Danke für gar nichts! Ich bin da sonst eh sehr privileged, weil wir einen Ausweis von der Uni kriegen, für den wir einmal in vier Jahren zehn Euro zahlen müssen und dann können wir in alle Museen umsonst rein, weil wir das für unsere Ausbildung brauchen.
MZEE.com: Wir haben ja eben schon kurz über deine andere Leidenschaft, Graffiti, gesprochen. Welche Verbindungen und Überschneidungen gibt es für dich zwischen Graffiti und der Grafik?
Donna Savage: Eigentlich total viele. Wie Buchstaben aufgebaut sind, was für eine Wirkung Schriftarten und Farben haben – das hat ja alles eine eigene Konnotation, die man kennen muss. Als Grafiker:in weiß man ganz genau, welche Farben wie wirken. Zum Beispiel wird Rot für Gefahr oder als Signalfarbe eingesetzt. Die Farblehre zu kennen, spielt einem schon sehr in die Karten, würde ich sagen. Ich unterscheide allerdings sehr strikt zwischen Street Art und Graffiti. Ich finde, Street Art hat schon sehr viel mit Grafik zu tun und der Frage, was für die Leute gerade pleasing und aesthetic ist. Graffiti hat das vielleicht eher weniger. (lacht) In Bezug auf Lettering hat es auf jeden Fall miteinander zu tun, aber ich glaube, Street Art und Grafik sind wahrscheinlich noch mehr miteinander verwandt. Man fragt ja für Werbeflächen auch immer mehr Street Art-Künstler:innen an, die dann Murals an Hauswände malen.
MZEE.com: Wir haben im Vorfeld zu diesem Interview natürlich entsprechend recherchiert …
Donna Savage: (unterbricht) Ich hab's schon gemerkt. (lacht)
MZEE.com: Dabei sind wir auch auf dein Kunstprofil bei Instagram gestoßen und haben uns durch deine Werke gescrollt. Ein paar deiner Kunstwerke schienen uns sehr von Jean-Michel Basquiat geprägt zu sein. Haben wir mit dieser Vermutung recht?
Donna Savage: Ey, das war Absicht! Pure fucking Absicht! Ich war in einer Basquiat-Ausstellung und ich liebe den über alles. Am Ende wollte ich mir ein Plakat kaufen, aber es war zu teuer, und dann dachte ich mir, dass ich mir einfach meinen eigenen Basquiat mache. (lacht) Das Unnötigste, was man machen kann, ist, in eine Ausstellung zu gehen und zu sagen, man kann das auch. Ja, aber bin ich darauf gekommen? Nein. Ich habe das gemacht, weil ich mir das Plakat nicht leisten konnte und es mich sehr inspiriert hat, aber ich würde das natürlich nicht verkaufen. Eins hängt bei meiner Mum, eins bei mir und eins bei meiner besten Freundin. Die ursprüngliche Idee war, eine Nachahmung von dem Bild mit der Krone zu machen – das ist eines seiner bekanntesten Bilder. Nachdem ich mir das Bild kurz angesehen habe, war ich voll in meinem Element, habe eine Vielzahl von Materialien verwendet und hatte Bock, noch mehr in diese Richtung zu gehen. Mittlerweile gibt es zehn Bilder und es ging immer weiter weg von Basquiat, aber ich bin auf dem Profil nicht so aktiv. Ich komme nicht hinterher. Meine alten Sachen sind dem aber nicht so unähnlich. Collagen, Textsachen und Schrift einbauen, hier ein Tag … wirklich chaotisch. Aber ja, die ersten zwei, drei waren auf jeden Fall in Anlehnung an ihn.
MZEE.com: Würdest du sagen, dass Basquiat eine Vorbildrolle für dich eingenommen hat? Oder hast du andere Vorbilder in der Kunst?
Donna Savage: Gar nicht. Es gibt ein paar Leute, die find' ich für immer geil. Da weiß ich, dass es nicht mein Stil ist und ich mir nichts davon holen kann. Ich denke mir aber immer wieder, dass ich ein Element voll fühle und probiere dann aus, es bei mir einzubauen. Wenn ich das auf eine eigene Art mache, ist es ja eh wieder meins. Ich finde, wenn man nicht direkt kopiert, ist es vollkommen legitim, weil man sich ja immer gegenseitig ansteckt. Meine Passion zu Künstler:innen, die ich feier', ändert sich aber echt alle zwei bis drei Wochen. Das ist der einzige Grund, warum ich keine Tattoos habe.
MZEE.com: Beschäftigst du dich aktiv damit, deine eigene Handschrift zu finden?
Donna Savage: Ich weiß, dass meine Zeit auf der Angewandten begrenzt ist, und deshalb möchte ich erst alle Möglichkeiten nutzen. Gerade weil es so viele verschiedene Techniken gibt, erfinde ich mich sehr oft neu. Ich habe nicht genug Zeit, um schon festzulegen, womit ich mich am wohlsten fühle, was mir am besten steht und was ich am meisten bin. Deswegen probiere ich gefühlt alles aus. Es gibt ein paar Key-Elemente, die immer dabei sind, die mit Donna vereinbar sind, aber auch für Alice Sinn ergeben. Ich arbeite beispielsweise viel mit Layern und es gibt kein unpersönliches Bild von mir. (grinst) Bei einem meiner aufwendigsten Drucke, der gar nicht aufwendig aussieht, sind 22 Farben einzeln gesiebdruckt und keine einzige überdeckt sich. Das ist vor zwei Jahren entstanden. Im Hintergrund ist ein Poster von "Emil und die Detektive" und eins von Lil' Kim. Auf dem Basquiat-Fake steht das Zitat "Bevor wir fallen, fallen wir lieber auf" von Fanta 4. Ich baue Referenzen von Dingen ein, die mich beeinflusst haben. Momentan ist das mein Ding, das sich durchzieht, aber ich bin auf jeden Fall noch am Finden, weil ich das Gefühl habe, ich kann alles, ich muss es nur machen. Aber ich sollte auch schauen, womit ich mich wohlfühle, und dann dabei bleiben. Mir wird allerdings schnell langweilig, wenn ich eine Sache durchziehe. In der Uni wurde mir schon oft gesagt, dass das zwar alles geil ist, aber ich mich mal mit mir selbst einigen soll.
MZEE.com: Aber das möchtest du nicht.
Donna Savage: Ich möchte nicht, genau. Ich denke mir halt, dass ich nach der Uni noch so viel Zeit habe, das zu machen. Wenn ich jetzt fünf Jahre lang immer nur dasselbe gemacht habe, habe ich danach keine Ahnung, was noch möglich ist. Zumindest habe ich mich mal mit mir selbst darauf geeinigt, dass Lithographie und Radierungen nichts für mich sind. Das ist mir zu anstrengend dafür, dass mir das Ergebnis nicht so krass gut gefällt. Mein Ding ist eher der Siebdruck und da probiere ich gerade aus, was geht.
MZEE.com: Ganz simpel gefragt: Muss Kunst in deinen Augen stets eine Message haben?
Donna Savage: Absolut nicht. Ein ganz klares Nein.
MZEE.com: Die Diskussion, Kunst und Künstler:in zu trennen, ist in den letzten Jahren in sämtlichen Bereichen der Kunst- und Kulturbranche immer wieder aufgekommen: egal, ob durch öffentliche Aussagen, Inszenierungen, problematische Textzeilen oder Verhalten von Protagonist:innen. Wie siehst du das als Künstlerin? Muss man Werk und Artist trennen? Kann man das überhaupt?
Donna Savage: Fast alle Künstler:innen, die ich kenne, sind schon sie selbst, nur in einer übertriebeneren Version oder ein Teil ist stärker ausgeprägt. Aber das bist ja trotzdem du. Es ist deine Fresse, die da steht und etwas sagt. Dementsprechend finde ich, dass man das nur schwierig trennen kann. Natürlich gibt es auch Leute darunter, die ihre Rolle ein bisschen mehr übertreiben, wie zum Beispiel ein Money Boy. Bei ihm hat man das krass gesehen: Der war mein Nachbar, wir haben früher gemeinsam Basketball gespielt und da hat er mir noch von seinem Projekt "Money Boy" für die Uni erzählt. Auf einmal kam "Dreh den Swag auf" von dem Typ aus dem Park, wir haben noch gelacht und es ist durch die Decke gegangen. Und irgendwann ist er zu dieser Person geworden. Wenn wir davon ausgehen, dass die eigenen Gedanken Macht haben, kannst du nicht jeden Tag Dinge sagen und tun, aber am Ende trotzdem weiterhin das Gegenteil leben. Irgendwie musst du ja drinstecken.
MZEE.com: Und siehst du das als Fan genauso?
Donna Savage: Um ehrlich zu sein, habe auch ich ein paar Heartbreaks hinter mir. "Run It" von Chris Brown ist bis heute ein Banger. Manchmal höre ich den mit meiner besten Freundin, wir sagen, dass wir weiterschalten sollten, und fühlen uns guilty. Generell finde ich, es kommt immer auf die Tat an. Aber es gibt bestimmte Leute, die höre ich grundsätzlich nicht mehr, weil ich ihnen nicht mal einen halben Cent schenken will. Egal, wie sehr ich die vorher gefühlt habe. Da muss man sich fragen, ob es mit den eigenen Werten vereinbar ist, ob man das anhören und sich gut fühlen kann, wenn man weiß, dass etwas passiert ist. Wenn ja: Do it. Wenn nein: Don't. Ganz einfach. Du kannst das nicht trennen, es ist die gleiche Person, die diesen super Song gemacht hat. Wir können immer nur nach dem urteilen, was wir wissen, und wenn wir etwas von bestimmten Leuten wissen, dann hört man die halt nicht mehr. Ich habe früher krass viel 187 gehört – das mach' ich aus Prinzip nicht mehr. Ich kann eine Stimme nicht genießen, wenn ich weiß: Sie gehört zu einem Menschen, der anderen Personen Schlimmes gesagt oder getan hat.
MZEE.com: Zum Abschluss unseres Interviews würden wir gerne von dir wissen, welches Kunstwerk dich nachhaltig beeindruckt hat und warum.
Donna Savage: (überlegt) "Demon Days" von den Gorillaz. Das ist von A bis Z der Wahnsinn und war meine allererste CD mit sechs Jahren. Ich werde jetzt 27 und bin genauso beeindruckt wie damals. Jedes Instrument, jede Stimme von Damon Albarn, alle Leute, die er eingeladen hat, Teil davon zu sein, machen es einfach zu einem fucking Masterpiece.
(Laila Drewes & Malin Teegen)
(Fotos von Paul Dittmann & Donna Savage)