"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Mortis wurde in seinem Umfeld immer als "seiner Zeit voraus" bezeichnet. Ob mit der EP "Der goldene Käfig" oder dem ebenfalls 2014 erschienenen Album "Hollywoodpsychose" – der zugezogene Berliner bewies ein Gefühl für Soundästhetik. Er verband damals schon klassischen Golden Era-Sound mit aktuellen Musikelementen wie kein zweiter. Und dennoch war nach "Hollywoodpsychose" Funkstille für fast zehn Jahre. Bis im Februar 2023 endlich eine neue Single das kommende Album einleitete.
"Guter Tag" beginnt dabei mit einem leichten Piano-Einspieler von Jens Südkamp, aus dem sich dann Stück für Stück ein klassischer Mortis-Beat entpuppt. "Das alte Boom Tschak und so". Und damit bin ich direkt wieder im Film – auf der einen Seite hat der Beat passenderweise "It was a good day"-Vibes (was in der letzten Zeile sogar inklusive Ice Cube erwähnt wird), auf der anderen Seite klingt der Beat fresh und neu. Passend dazu rappt Mortis darüber so unbeschwert und leicht, als könnte er kein Wässerchen trüben. Er erzählt, was ihn all die Jahre lang zurückgehalten hat, wie er abgestürzt ist, aber auch zurück zu sich selbst gefunden hat "und so". Das stetige Wiederholen der Phrase "und so" lässt ihn dabei sorglos klingen, jedoch durchscheinen, dass es keine einfache Zeit war. Umso mehr freut es mich als Hörer, wenn er den Track damit abschließt, dass er wieder auf die Beine gekommen ist und wie wichtig seine Liebe zur Musik dabei war.
Die Single fühlt sich ein bisschen wie Heimkommen an. Lang genug habe ich darauf gewartet, dass das musikalische Multitalent zurückkehrt. Und dann kommt es aus dem Nichts und es ist, als wäre es nie weg gewesen. Mit der guten Laune und dem gleichzeitigen Weltschmerz, den ich vermisst habe, aber direkt wieder fühlen kann. Der Releasetag war schlicht und einfach ein "guter Tag und so".
(Lukas Päckert)