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DIGGEN mit ...

DIGGEN mit Fatoni

"Wenn einen ein Film so berührt, dann ist die Titel­mu­sik auf ewig mit ihm in dei­nem Gehirn ver­knüpft." – Die­ses Mal kram­te Fato­ni für "DIGGEN mit …" in sei­ner gedank­li­chen Plat­ten­kis­te und stell­te eine Soundtrack-​Playlist zusammen.

Das ers­te Kon­zert, das man ohne Eltern besu­chen durf­te. Nachts allei­ne auf der Auto­bahn und den glei­chen Song immer und immer wie­der hören, weil man nicht fas­sen kann, wie gut er ist. Der Track, den man mit den Freun­den von frü­her laut grö­lend auf jeder Par­ty mit­ge­sun­gen hat. Ver­mut­lich kennt jeder Mensch die­sen Moment: Es läuft ein bestimm­tes Lied oder Album, das einen direkt emo­tio­nal in eine Situa­ti­on zurück­ver­set­zen kann, nost­al­gisch wer­den lässt oder ein­fach nur auf­grund sei­ner Mach­art immer wie­der zum Stau­nen bringt. Und genau dar­um geht es in unse­rem For­mat "DIGGEN mit …". Wir dig­gen mit ver­schie­de­nen Protagonist:innen der Sze­ne in ihren gedank­li­chen Plat­ten­kis­ten und spre­chen über Musik, die die­se Emo­tio­nen in ihnen aus­löst. Dafür stel­len unse­re Gäs­te jeweils eine eige­ne Play­list mit Songs zusam­men, die sie bewe­gen, begeis­tern und inspirieren.

Ver­wei­se auf Film­klas­si­ker oder Seri­en kön­nen in Songs eine ganz beson­de­re Ver­bin­dung zur Musik schaf­fen und nost­al­gi­sche Erin­ne­run­gen wecken. Auch auf Fato­nis aktu­el­lem Album "Wun­der­ba­re Welt" gibt es vie­le sol­cher Anspie­lun­gen – von "Romeo und Julia" über "Fight­club" bis hin zu "Alfred J. Kwak". Des­halb spra­chen wir mit ihm über Fil­me und deren Sound­tracks, die sein bis­he­ri­ges Leben beglei­tet haben. Für die­se Aus­ga­be stell­te er uns dazu eine Soundtrack-​Playlist zusam­men. In unse­rem Gespräch ging es um sein Wis­sen dar­über, an wel­chen Pro­jek­ten die Künstler:innen abseits die­ser Sound­tracks betei­ligt waren. Außer­dem unter­hiel­ten wir uns über sei­ne eige­ne Schau­spiel­kar­rie­re und von ihm aus­ge­wähl­te Wer­ke, die einen "Oscar" erhal­ten haben und somit als her­aus­ra­gen­de, fil­mi­sche Leis­tung gewür­digt wor­den sind.

 

 

1. M.I.A. – Paper Pla­nes (prod. by Switch, M.I.A. & Diplo – aus "Slum­dog Millionaire")

Fato­ni: "Slum­dog Mil­lionaire" hat einen Oscar bekom­men für den bes­ten Titel­song. Ich dach­te immer, das wäre der Song "Paper Pla­nes" von M.I.A. gewe­sen, aber so war es gar nicht. Viel­leicht ist das bei man­chen HipHop-​Fans eine unpo­pu­lä­re Mei­nung, aber wenn ich mei­ne Top Ten-​Rapsongs zusam­men­stel­len müss­te, dann wäre der dabei. Er ist ein­fach kom­plett geni­al – der gan­ze Vibe, die Pro­duk­ti­on, die Sound­ef­fek­te in der Hook. Das Lied ist irgend­wie Kunst und gleich­zei­tig super ein­gän­gig und mas­sen­taug­lich. "Paper Pla­nes" wur­de in dem Film "Slum­dog Mil­lionaire" zwar episch ein­ge­setzt, aber er ist für mich mehr als nur der Song die­ses Films.

 

2. Emi­nem – Lose Yours­elf (prod. by Emi­nem & Jeff Bass – aus "8 Mile")

Fato­ni: Der Song "Lose Yours­elf" ist ein Klas­si­ker. Es ist ein Rap­song, der einen Oscar bekom­men hat, und das fin­de ich per se gut und beein­dru­ckend. Ich war um die 18 Jah­re alt, als der Film raus­ge­kom­men ist, und gehö­re somit zu der Gene­ra­ti­on, die "8 Mile" damals im Kino gese­hen hat. Es war für mich natür­lich sehr prä­gend und cool, da ich zu der Zeit selbst an Freestyle-​Battles teil­ge­nom­men habe. Ich ken­ne den Druck, der damit ein­her­geht. Vor Kon­zer­ten, aber vor allem auch bei Freestyle-​Battles. Von allen Situa­tio­nen fand ich Batt­les von der Ner­vo­si­tät her für mich immer am schlimmsten.

MZEE​.com: Rap­per zu wer­den, spielt in dem Film eine gro­ße Rol­le, weil B-​Rabbit alles dar­an setzt, dies zu errei­chen. Das ist auch etwas, das du in dei­ner Musik thematisierst.

Fato­ni: Sicher­lich waren Emi­nem und auch die Film­fi­gur in einer pre­kä­re­ren Situa­ti­on, als ich es je war. Für mich war das aber auch wich­tig und ich habe es immer als eine Art Aus­weg emp­fun­den, weil ich kei­ne rei­chen Eltern und auch nie einen bür­ger­li­chen Beruf als etwas gese­hen habe, das mich erfül­len könn­te. Aller­dings war ich dann an der Schau­spiel­schu­le und am Thea­ter. Das gilt auch nicht unbe­dingt als ein nor­ma­ler, bür­ger­li­cher Beruf. Den­noch bin ich froh, dass es am Ende mit mei­ner eige­nen Kunst funk­tio­niert hat. Jetzt arbei­te ich dar­an, dass man bei­des fokus­siert machen kann. Denn gera­de in Deutsch­land ist es so, dass Leu­te sagen, man müs­se sich für eine Sache ent­schei­den. Wenn ich mir dann mei­ne Vor­bil­der wie Donald Glover anschaue, sehe ich, dass die ein­fach bei­des ver­ei­nen. Das ist hier was ande­res, denn es exis­tiert kein Show­busi­ness, son­dern es sind ver­schie­de­ne Bran­chen und man kann sich nun­mal nicht zer­tei­len. Aber an sich sind das bei­des Lei­den­schaf­ten von mir.

 

3. Bruce Springsteen – Streets of Phil­adel­phia (prod. by Bruce Springsteen & Chuck Plot­kin – aus "Phil­adel­phia")

Fato­ni: Der Song "Streets of Phil­adel­phia" wur­de für den gleich­na­mi­gen Film geschrie­ben. Es ist ein gei­ler Song mit einem kras­sen Musik­vi­deo zu einem beein­dru­cken­den Film. Ich habe Bruce Springsteen lan­ge nicht gecheckt und ihn erst die letz­ten Jah­re für mich ent­deckt. "Born in the USA" habe ich nicht so sehr gefühlt. Als ich klein war, lief "Streets of Phil­adel­phia" immer auf MTV. Er hat so einen beson­de­ren Vibe und ist so redu­ziert pro­du­ziert. Die Stim­me ist einem so nah auf dem Song. Wenn man den Film kennt, trifft einen die Melan­cho­lie noch mal stär­ker. Tom Hanks spielt in dem Film einen Anwalt, der AIDS bekommt. Damals war das ein gro­ßes The­ma. Er ver­liert dann sei­nen Job und ver­sucht zu kla­gen und kommt damit durch. Kurz vor Ende des Pro­zes­ses stirbt er, weil das damals gar nicht anders mög­lich war mit AIDS. Der Song trans­por­tiert die­se aus­ge­präg­te Trau­rig­keit. Ich habe mir zum Zusam­men­stel­len der Lis­te ehr­li­cher­wei­se auch die Lis­te mit den Oscar-​Songs ange­schaut. Das war bei eini­gen davon auch zurecht der Fall. Der Song war da auch dabei. Ich hat­te ihn auch sofort im Ohr.

 

4. Jon Bri­on – The­me (prod. by Jon Bri­on – aus "Eter­nal Suns­hi­ne Of The Spot­less Mind")

Fato­ni: In die­sem Fall lie­be ich bei­des. Der Film ist einer mei­ner Lieb­lings­fil­me und die Film­mu­sik berührt mich auch sehr. Gene­rell beein­druckt mich Jon Bri­ons gesam­te Dis­ko­gra­phie. Die hat­te ich bis vor Kur­zem nicht auf dem Schirm, bis Lam­bert, ein befreun­de­ter Pia­nist, mir emp­foh­len hat, ihn mal näher aus­zu­che­cken. Ich habe das post­hu­me Mac Miller-​Album "Cir­cles" viel gehört, dar­auf­hin mein­te er, dass es auch unter ande­rem von Jon Bri­on pro­du­ziert wur­de. Das hat mich geflasht. Ich habe mich durch sei­ne Musik auch noch nicht ganz durch­ge­hört. Aber von dem Film "Eter­nal Suns­hi­ne Of The Spot­less Mind" habe ich immer den Sound­track gehört. Für mich sieht Jon Bri­on aus wie so ein wei­ßer Künstler-​Nerd. Er könn­te aus 'ner Indie-​Band sein und dann macht er die­se groß­ar­ti­ge Film­mu­sik und pro­du­ziert Mac Mil­ler und irgend­ein Kanye-​Album mit. Der ist wirk­lich rich­tig beein­dru­ckend. Auch "Eter­nal Suns­hi­ne Of The Spot­less Mind" habe ich bestimmt schon vier­mal gese­hen. Wenn einen ein Film so berührt, dann ist die Titel­mu­sik auf ewig mit ihm in dei­nem Gehirn verknüpft.

 

5. Nino Rota – The God­fa­ther Waltz (prod. by Tom Mack – aus "Der Pate")

Fato­ni: "Der Pate" war natür­lich auch mal sowas wie mein Lieb­lings­film. Das ist, glau­be ich, bei vie­len Jungs um die Zwan­zig so. Die Titel­me­lo­die ist episch. Sie ist Pop­kul­tur gewor­den. Jeder kennt sie, auch Leu­te, die den Film nicht gese­hen haben. Der Track hat auch einen Oscar bekom­men für die Melo­die. Sie wur­de von dem ita­lie­ni­schen Kom­po­nis­ten Gio­van­ni "Nino" Rota kom­po­niert. Guter Mann. Und ein guter Film all­ge­mein, er hat zu Recht drei Oscars bekom­men. Ein Klas­si­ker, der zur All­ge­mein­bil­dung gehört, wür­de ich sagen. Außer­dem ist der Film auch bei den Simpsons vorgekommen.

 

6. Ber­lin – Take My Breath Away (prod. by Gior­gio Moro­der – aus "Top Gun")

Fato­ni: Zu dem Song "Take My Breath Away" gibt es ein Musik­vi­deo, in dem die Sän­ge­rin in einem Flug­zeug­wrack singt – das ist echt absurd. Aber es ist ein sehr epi­sches Lied zu einem epi­schen Film, den ich als Kind geliebt habe. Ich habe letz­tens "Top Gun: Maverick" im Kino gese­hen, aber er kam nicht an das Gefühl vom ers­ten Film ran. Der Track hat, glau­be ich, auch einen Oscar bekom­men und ich den­ke, zu Recht. Es ist ein gro­ßer Song. Ich wür­de ger­ne so ein gro­ßes Lied schrei­ben. Aber ich glau­be, ich bin nicht die­se Art von Song­schrei­ber. Heißt die Band eigent­lich ein­fach Ber­lin? Was ist das für ein gei­ler Künst­ler­na­me? (lacht)

 

7. The Black Keys – The Wicked Mes­sen­ger (prod. by The Black Keys – aus "I'm Not There")

Fato­ni: Der Film "I'm Not The­re" steht gleich zwei­mal auf der Lis­te, weil der Sound­track ein­fach so gut ist. Das ist ein Film über das Leben von Bob Dylan. Der Sound­track besteht aus Bob Dylan-​Songs, die von gei­len Artists geco­vert wur­den. Das war bei Dylan schon immer so, dass die Cover viel grö­ßer sind als sei­ne eige­nen Ver­sio­nen. Ein Bei­spiel ist die Guns N' Roses-​Version von "Kno­ckin' on Heaven's Door". Dadurch ist der Song für vie­le erst zum Welt­hit gewor­den. Auf die­ser Plat­te sind auch vie­le kras­se Künst­ler, die Dylan-​Songs covern. Das kann eigent­lich nur gut sein. Des­we­gen muss­te ich auch zwei Songs neh­men, weil ich mich nicht ent­schei­den konn­te. Die Black Keys sind sowie­so eine gei­le Band. Das Lied klingt ein­fach wie ein Song von denen, ist aber von Dylan. Den Film habe ich nur ein­mal gese­hen. Er ist ein biss­chen anstren­gend, aber auch geil. Das ist so ein Kunstfilm.

 

8. Anoh­ni and the John­sons – Kno­ckin' on Heaven's Door (prod. by ANOHNI & David Mans­field – aus "I'm Not There")

Fato­ni: Ich fin­de, das ist die kras­ses­te Ver­si­on von dem Song "Kno­ckin' on Heaven's Door". Ich war nie ein gro­ßer Fan von der Guns N' Roses-​Version. Anoh­ni and the John­sons (Anm. d. Red.: ehe­mals Ant­o­ny and the John­sons) hin­ge­gen fand ich schon immer rich­tig gut, vor über zehn Jah­ren habe ich sie viel gehört. Der Song ist, glau­be ich, einer der meist­ge­co­ver­ten Songs auf der Welt. Das ist oft einer der ers­ten Songs, die man lernt, wenn man anfängt, Gitar­re zu spie­len, denn er hat nur drei Akkor­de und ist ein­fach zu spielen.

 

9. Jar­vis Cocker – Ali­ne (prod. by Jason Buck­le, Jar­vis Cocker, Wes Ander­son & Rand­all Pos­ter – aus "The French Dispatch")

Fato­ni: Ich kam über den Film von Wes Ander­son auf den Song und dach­te, das ist Jar­vis Cocker. Wie­so singt der Fran­zö­sisch? Dann bin ich auf das Album gesto­ßen, auf dem er nur fran­zö­si­sche Pop­songs und Chan­sons covert. Das lie­be ich, vor allem, weil er so klingt wie Ser­ge Gains­bourg aus den 70ern. Ich habe mich gefragt, ob er die Spra­che schon davor konn­te. Es klingt nicht so rich­tig authen­tisch, aber das kann ich eigent­lich auch gar nicht beur­tei­len, weil ich kein Fran­zö­sisch spre­che. Ich fin­de es geil, dass er sich die­se Frei­heit nimmt. Denn ich habe das Gefühl, in Deutsch­land gibt es das nicht so oft.

 

10. Faces – Ooh La La (prod. by Glyn Johns – aus "Rushmo­re")

Fato­ni: Ja, noch ein Wes Anderson-​Film, aber ich mag den Song so ger­ne. Er hat eine ein­fa­che Wahr­heit im Refrain: "I wish that I knew what I know now when I was youn­ger. I wish that I knew what I know now when I was stron­ger." Das ist eine der Grund­the­ma­ti­ken im Leben der Men­schen. Faces war eine Band mit Rod Ste­wart und Ron Wood. Alte Rock­le­gen­den. Musik aus die­ser Ära bekom­me ich manch­mal dann erst durch Fil­me mit. Das war in die­sem Fall auch so. Ich habe die Faces und die­sen Song vor­her nicht bewusst wahr­ge­nom­men. Es gibt so viel Musik, man kann gar nicht alles kennen.

 

11. Seu Jor­ge – Life on Mars? (prod. by David Bowie & Ken Scott – aus "The Life Aqua­tic with Ste­ve Zissou")

Fato­ni: Seu Jor­ge spielt in "The Life Aqua­tic with Ste­ve Zis­sou" den Sicher­heits­exper­ten Pelé dos San­tos und ich moch­te, wie er insze­niert wur­de. Denn er sitzt da mit sei­ner Gitar­re und singt. Irgend­wie ist er Teil des Films, aber irgend­wie auch nicht und es sind vor allem David Bowie-​Songs, die er singt. Bei David Bowie ist es anders als bei Bob Dylan: Bob Dylan war immer Song­wri­ter und David Bowie war Pop­star. Seu Jor­ge hin­ge­gen spielt die­se Songs total run­ter­ge­bro­chen. Da merkt man, was für ein genia­ler Song unter die­sen gro­ßen Pro­duk­tio­nen liegt. Ich bin ein gro­ßer Fan von die­ser ein­fa­chen Art von Musik mit einem Men­schen und einem Instrument.

 

12. Tom Waits – Way Down in the Hole (prod. by Tom Waits – aus "The Wire")

Fato­ni: "The Wire" war eine der ers­ten Seri­en, die ich gebin­get habe. Des­we­gen woll­te ich den Sound­track ein­fach mit drin­nen haben. Denn ich lie­be Tom Waits. Ich fin­de den Song sehr episch und er ist auch mit "The Wire" ver­knüpft. Denn in jeder Staf­fel wird der Song im Intro von jemand ande­rem geco­vert. Nur in der ers­ten Staf­fel ist der Inter­pet Tom Waits. Es ist ein biss­chen scha­de an der Strea­ming­welt, dass man das Intro jetzt immer skippt. Frü­her hat es dazu gehört und war wie eine Art Ritu­al. Die Serie habe ich nur ein­mal geguckt, aber sie gilt nicht zu Unrecht als eine der bes­ten Seri­en. Vor allem kommt sie aus einer Zeit, in der es noch nicht so vie­le Seri­en gab. Sie ist ein gro­ßes Kunstwerk.

 

All die­se Tracks fin­det ihr hier in unse­rer "DIGGEN mit Fatoni"-Playlist auf Spotify.

(Malin Teegen)
(Foto von Ste­phie Braun)