Das erste Konzert, das man ohne Eltern besuchen durfte. Nachts alleine auf der Autobahn und den gleichen Song immer und immer wieder hören, weil man nicht fassen kann, wie gut er ist. Der Track, den man mit den Freunden von früher laut grölend auf jeder Party mitgesungen hat. Vermutlich kennt jeder Mensch diesen Moment: Es läuft ein bestimmtes Lied oder Album, das einen direkt emotional in eine Situation zurückversetzen kann, nostalgisch werden lässt oder einfach nur aufgrund seiner Machart immer wieder zum Staunen bringt. Und genau darum geht es in unserem Format "DIGGEN mit …". Wir diggen mit verschiedenen Protagonist:innen der Szene in ihren gedanklichen Plattenkisten und sprechen über Musik, die diese Emotionen in ihnen auslöst. Dafür stellen unsere Gäste jeweils eine eigene Playlist mit Songs zusammen, die sie bewegen, begeistern und inspirieren.
Dieses Mal war der Wiener Rapper YUGO unser Gast und stellte eine Playlist mit Songs zusammen, die ihn über den Festival-Sommer begleiteten. Während er durch ganz Deutschland und Österreich tourte, verbrachte er sehr viel Zeit in Autos und es gab genug Musik, die ihm währenddessen viel Freude bereitete. So zum Beispiel das Album "demon time" von Mura Masa, aber auch jede Menge deutscher Rap. Er erklärte uns, wieso ihn die Einfachheit von Levin Liams Worten so begeistert, ihm Paula Hartmanns "Babyblau" zu Anfang gar nicht gefiel und Flavio an Authentizität kaum zu übertreffen ist.
1. Bouncy – Shaniqua (prod. by Bouncy)
YUGO: Viele Rapper in Deutschland machen Musik auf Grime- oder Drill-Beats und es hört sich meistens an wie ein versteifter, alter Mann, der gerade versucht, Tango zu tanzen. Ich finde, Bouncy macht das aber sehr gut. Der Song ist einfach pure Energie. "Shaniqua" ist eins meiner Highlights, aber er hat viele gute Songs, die in eine ähnliche Richtung gehen. Er produziert, mischt und mastert selbst, ist gerade frische 19 geworden – einfach unfassbar.
2. Paula Hartmann – Babyblau (prod. by Biztram, Daniel Schaub & David Bonk)
YUGO: Das geht jetzt in eine ganz andere Richtung. Ich finde den Song sehr stark. Naheliegend, ich habe ihn ja auch ausgewählt. (lacht) Am Anfang hat mir der Mix überhaupt nicht gefallen, es hat mich richtig genervt, dass er nicht so Gas gibt. Mittlerweile finde ich aber genau das eigentlich ganz geil. Ist halt super eingängig und Paula Hartmann hat natürlich eine Wahnsinnsstimme, da sind wir uns wahrscheinlich alle einig.
3. Levin Liam – Keine Geduld (prod. by Levin Liam)
YUGO: "Keine Geduld" habe ich entdeckt, weil Paula Hartmann das die ganze Zeit gepostet hat. Das ist so geiles Songwriting. Levin Liam hat eine echt schöne Stimme und ich finde geil, dass die Beats so weird sind. Irgendwie hört es sich erfrischend an. Ich habe "Keine Geduld" während des Festival-Sommers noch nicht gehört, aber das gibt mir die gleichen Vibes.
4. Levin Liam – intro (vergiss mich nicht zu schnell) (prod. by Levin Liam & Qu)
YUGO: Boah, das Intro! Den finde ich fast noch krasser. "Vergiss mich nicht zu schnell." – Das ist eine so einfache Zeile, aber sie löst echt viel aus. Ich liebe es, wenn Musiker:innen es schaffen, nicht hochgestochen zu klingen oder Romane zu singen und zu rappen, aber mit einem Satz viel aussagen können. Man kennt natürlich alle Wörter, aber auf die Art habe ich es noch nie gehört. Ich finde es geil, dass er mit einfacher Sprache schafft, innovativ zu sein. Ich benutze in meiner Musik auch manchmal Worte, die ich im üblichen Sprachgebrauch nicht verwende, aber ich versuche schon, Dinge sehr direkt auszudrücken. Es gefällt mir nicht, wenn man beim Hören gar nichts versteht und man irgendwas nachschauen muss. Ich will mich ja nicht anstrengen, sondern Songs auf mich zukommen lassen.
5. Apsilon feat. XAVER – Zahnfleisch (prod. by Bawer)
YUGO: Apsilon ist lyrisch auch unfassbar gut. Ich mag es aber, dass er trotzdem so hart daherkommt. Er verpackt ernste Sachen in Energy, sodass man trotzdem dazu moshen kann. In diesem Paula Hartmann-Umfeld formiert sich gerade so eine Supergroup. Auf Apsilon konnten sich dieses Jahr irgendwie alle einigen, die Streamingzahlen haben mich dann doch erstaunt. Ich dachte, der ist inzwischen viel größer. Aber ich denke, es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis es soweit ist. Und XAVER ist natürlich auch sehr nice.
6. Flavio – Relaxed (prod. by youngkay)
YUGO: Flavio liefert auch ab. Ich liebe diesen Typen einfach – wie er auf Autotune über die Beats redet und seine "Straßenweisheiten" raushaut. Gefühlt hat man jede dritte davon schon einmal gehört, aber bei ihm löst es etwas in mir aus. Das ist für mich an Authentizität kaum zu übertreffen.
7. Mura Masa feat. Shygirl & Channel Tres – hollaback bitch (prod. by Mura Masa)
YUGO: Von Mura Masa habe ich gleich zwei Songs auf die Playlist gepackt, weil ich sie einfach geisteskrank geil finde. Bei "hollaback bitch" finde ich schön, wie es in das Jazzige reingeht.
8. Mura Masa feat. Erika de Casier – e-motions (prod. by Mura Masa)
YUGO: "e-motions" ist aber auch geil. Alleine die Topline – sehr catchy, sehr schön. Ich hatte das Album ewig gespeichert, habe es aber irgendwie nie angehört. Asadjohn hat es mir dann gezeigt und ich bin richtig darauf kleben geblieben. Eigentlich höre ich meistens deutschen Rap oder Sachen wie Faber, aber ich versuche auch, mehr andere Musik zu hören. Geprägt haben mich aber vor allem Leute wie Marteria, Sido, Peter Fox und auch Die Orsons habe ich früher sehr viel gehört.
9. Ufo361 – UFUK BAYRAKTAR (prod. by OZ, The Cratez)
YUGO: Ich liebe Intros und oft begeistern sie mich am meisten, wenn ich Alben höre. Dieses von Ufo ist auch besonders stark. Dieser Drop nach dem Monolog, den er so Spoken Word-mäßig vorträgt – pam! Flex bis zum Gehtnichtmehr. Finde ich geil. Ich kann mir kein Album von ihm am Stück geben, aber einzelne Songs holen mich immer wieder ab. Außer "808", das konnte ich gut hören und das ist für mich auch ein moderner Deutschrap-Klassiker. Die Beats darauf waren unfassbar gut.
10. Soufian – Alles nur Image (prod. by SOTT)
YUGO: Das ist so gut einfach. Wer schafft es, so viele Wörter in eine Zeile zu packen? (lacht) Geil. Die Beats und diese Energy! SOTT hat schon viele Leute in Frankfurt produziert und da waren echt einige Hits dabei. Soufian ist gefühlt der ewige Schützling von Haftbefehl, der nie aus seinem Schatten tritt, obwohl er immer wieder sehr geile Parts rappt.
11. Lumen, der Minister – Lapislazuli (prod. by A.F.)
YUGO: Die anderen Sachen von Lumen, der Minister haben mich leider nicht so gecatcht, aber "Lapislazuli" dafür umso mehr. Entdeckt habe ich das irgendwo auf Instagram, ich fand das so schön geschrieben. Es hat mir außerordentlich gut gefallen und dieser Beat ist einfach krank.
12. Fred again.. & Swedish House Mafia feat. Future – Turn On The Lights again.. (prod. by Fred again.., Swedish House Mafia, PARISI & Desembra)
YUGO: Der Song ist mir auf TikTok aufgepoppt und war plötzlich überall, da habe ich es halt auch gehört.
MZEE.com: Wann kamen eigentlich Swedish House Mafia wieder aus der Versenkung?
YUGO: Meine Frage wäre eher: Was macht Future da? (lacht) Aber habe das nie so richtig hinterfragt. Ich hoffe sehr, dass ich Fred again.. irgendwann mal live sehen kann. Für mich ist er ein Ausnahmetalent.
All diese Tracks findet ihr hier in unserer "DIGGEN mit YUGO"-Playlist auf Spotify.
(Yasmina Rossmeisl)
(Foto von Fabian Karner)