Nachts alleine unterwegs zu sein, ist nicht immer angenehm. Denn im öffentlichen Raum fühlt man sich insbesondere als FLINTA*-Person oft nicht sicher. Allerdings spielt sich illegales Graffiti meistens nachts und in einsamen Gegenden ab. Und das ist nur ein Aspekt, der den Einstieg in die Szene erschwert. Auch die Strafbarkeit, das hohe Verletzungsrisiko und die Rivalität können abschreckend wirken. Und obwohl sich viele dieser Gefahr selbst nicht aussetzen wollen, ist die Kunstform auch für Außenstehende interessant: Wer sich näher mit der Graffiti- und Streetartszene beschäftigt, wird mit spannenden Geschichten über geheimnisvolle Persönlichkeiten belohnt. Denn die Identität vieler Writer:innen ist für Uneingeweihte nicht bekannt. Tatsächlich gibt es auch immer wieder Storys, die sich um Geschlechterzuweisungen von Protagonist:innen ranken. Die wohl bekannteste Spekulation hierzu ist, dass es sich bei Banksy um eine Frau handelt. FLINTA*, wenn auch seltener vertreten, waren von Anfang an Teil der Graffitikultur. Ein Projekt, das sich der Sichtbarkeit von FLINTA* in der Szene widmet, nennt sich Sisterhood. Mit einer multimedialen Wanderausstellung sollen FLINTA* aus unterschiedlichen Disziplinen porträtiert und ein Netzwerk geschaffen werden. Was genau die Idee hinter dem Projekt ist, welche Erfahrungen währenddessen gesammelt wurden und warum der Netzwerkgedanke dabei so wichtig ist, konnten wir in einem Interview mit Sisterhood erfahren. Es ging außerdem um die Veränderungen der letzten Jahre innerhalb der Szene in Bezug auf die Rolle von FLINTA*, Sicherheit bei nächtlichen Aktionen und Selbstermächtigung durch Graffiti.
(Anm. d. Red.: Der im Interview häufig genannte Begriff FLINTA* steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen – also Personen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität patriarchal diskriminiert werden. Unter Cis-Männern versteht man Männer, die als solche in ihrem Körper geboren wurden und sich auch so identifizieren.)
MZEE.com: Als erstes würde ich gerne mit euch über die Idee hinter dem Sisterhood-Projekt sprechen. Wie ist sie entstanden und was genau steckt dahinter?
Sisterhood: Die Idee ist vor ungefähr drei Jahren entstanden. Wir haben uns zu dem Zeitpunkt alle auf verschiedene Weisen mit Graffiti beschäftigt und haben uns durch Zufall kennengelernt und gemerkt, dass wir ähnliche Einstellungen haben. Graffiti hat uns vereint und wir haben gemerkt, dass der Zusammenhalt uns stärkt. Wir haben überlegt, dass es nice wäre sich mit weiteren FLINTA*-Personen zu vernetzen und ein Netzwerk zu schaffen, da es sowas in der Form noch nicht gab. Es gab nur den Girl Power-Film von Sany, der erstmals Frauen sichtbar gemacht hat, sowie einige Female Jams. Wir haben uns vorgenommen, das zu ändern. Wir wollten sowohl FLINTA* sichtbar machen als auch ein Netzwerk schaffen und haben überlegt, dass in Form einer Ausstellung umzusetzen, in der wir verschiedene Sprüherinnen oder Gruppierungen in Kurzclips interviewen. Vor zweieinhalb Jahren haben wir mit den ersten Interviews gestartet. Unser Ziel ist es, am Ende 15 bis 20 Interviews zu haben. Außerdem wollen wir Diversität von Graffiti sichtbar machen. Wir finanzieren uns DIY-mäßig durch Crowdfunding und Merch. Daneben haben wir eine JAM und Partys organisiert, um zu vernetzen aber auch, um Geld zu sammeln. Da steckt sehr viel eigenes Herzblut drinnen.
MZEE.com: Wonach wählt ihr die Frauen aus, die ihr porträtiert?
Sisterhood: Letztendlich hat es sich von ganz alleine entwickelt. Man spricht, lernt sich näher kennen und erweitert dadurch das Netzwerk. Daraus kann sich eine Haltung entwickeln, die ähnlich ist. Es ist durch die Netzwerkarbeit entstanden. Am Anfang war das Netzwerk noch klein und es gab noch keine so große Reichweite.
MZEE.com: Spielen denn andere Themen wie kultureller Hintergrund, Nationalität oder sexuelle Orientierung auch eine Rolle bei der Auswahl?
Sisterhood: Wir haben eher danach ausgewählt, wer Bock hat mitzumachen. Wenn wir 20 Protagonistinnen haben, geht es um verschiedenste Identitäten. Wenn wir nur welche gewählt hätten, die dieselbe Meinung haben, ist es nicht repräsentativ. Wir wollen möglichst verschiedene FLINTA*-Personen abbilden, die auch auf unterschiedlichen Untergründen Graffiti malen. Wir haben beispielsweise recht junge Malerinnen dabei, aber auch echte Oldschoolerinnen, welche aus dem Untergrund genauso wie eine Person, die fast hunderttausend Instagram-Follower:innen hat. Ganz generell haben wir die Personen, die wir interviewt haben auch auf Empfehlung ausgesucht oder die haben sich bei uns gemeldet. Es war ganz unterschiedlich. Zum Teil kannten wir die auch schon vorher. Wir haben sie nicht nach sexueller Orientierung oder danach, wo sie malen, ausgesucht, sondern eher danach, wer auch Lust hat mitzumachen. Das Gute an Graffiti ist ja auch, dass es anonym ist. Das Einzige, was sichtbar durch diese Ausstellung ist, ist, dass es FLINTA*-Personen sind. Teilweise ist es noch nicht mal klar, unter welchen Namen diese Person malt. Es ist ja auch eigentlich nicht das, was im Zentrum stehen sollte, auch wenn es sehr diverse, unterschiedliche Personen sind. Es können auch homosexuelle Menschen oder nicht-Weiße Menschen dabei sein, aber es ist nicht das, was im Graffiti eine Rolle spielen sollte. Denn der Name verrät durch die Anonymität meist gar nicht das Geschlecht, die Hautfarbe oder Sexualität.
MZEE.com: AzudemSK hat mal in einem Interview über Ärger unter Sprüher:innen untereinander gesagt: "In solchen Momenten fühle ich jede Frau, die sich da nicht aufgehoben fühlt." – Was denkt ihr über dieses Zitat?
Sisterhood: Natürlich gibt es Rollenbilder in der Gesellschaft und im Graffiti. Überall da, wo sich Männerdomänen etabliert haben, gibt es FLINTA*-Personen, die sich unwohl fühlen können. Wenn es zu Auseinandersetzungen zwischen Einzelpersonen oder Gruppen kommt, in erster Linie von cis Männern, kann es natürlich sein, dass man sich als FLINTA*-Person da nicht sicher fühlt. Aber auch nicht beteiligte cis Männer können sich in solchen Konflikten unwohl fühlen. Das betrifft also generell viele Personen und nicht nur FLINTA*s. Ich glaube, das Wichtigste, wenn man diese Rollenbilder mitdenkt, ist, dass FLINTA*-Personen oft mit ihrer Perspektive alleine dastehen, wenn sie keine anderen FLINTA* bei sich haben. Oder auch, dass sie klischeehaft in diesem Rollenbild behandelt werden. Genau das ist auch ein Grund, warum wir dieses Projekt gestartet haben. Aber es gibt natürlich auch Beef unter FLINTA* und die Graffiti-Regeln. Nicht alle FLINTA*-Personen setzen sich in einen Redekreis und versuchen, den Konsens zu finden, wenn es beispielsweise um Yard-Politik (Anm. d. Red.: Einigungen unter Sprüher:innen, die das Gelände betreffen, auf dem Züge abgestellt werden) geht. Es ist nicht so, dass alle FLINTA*s das dann total friedlich regeln. Die Aussage von AzudemSK ist aber auch solidarisch, es spricht für ihn, dass er das Mackergehabe da sieht.
MZEE.com: FLINTA* waren schon immer Teil der Graffitiszene, gefühlt sind sie heute aber besser sichtbar. Hat sich die Rolle von FLINTA*s in der Kultur in den letzten Jahren verändert?
Sisterhood: Ich glaube, dass die Rolle von FLINTA*-Personen in der Kultur gerade dabei ist, sich zu verändern. Wenn wir die letzten drei Jahre unseres Projekts nehmen, lassen sich durchaus schon Veränderungen sehen. Es gibt wesentlich mehr FLINTA*-Jams zum 8. März (Anm. d. Red.: internationaler Frauentag) als noch vor ein paar Jahren. Durch das Internet und Apps wie Instagram ist natürlich auch die Sichtbarkeit für FLINTA*-Personen, die sprühen, gestiegen und die Vernetzung gewachsen. Es ist aber auch etwas, was in den nächsten Jahren noch stattfinden wird und was man jetzt noch nicht absehen kann, weil man nicht weiß, was da noch kommt. Die Hoffnung ist natürlich durch das Projekt sowohl FLINTA* zu empowern als auch vielen nicht-FLINTA* einen Zugang zu geben und neue Möglichkeiten zu eröffnen. Außerdem soll es zum Nachdenken über die eigenen Rollenbilder anregen. Denn eigentlich sollte Graffiti geschlechtslos sein.
MZEE.com: Gerade für junge Menschen spielen Vorbilder eine große Rolle. Wenn man starke weibliche Vorbilder hat, kann man sich natürlich selbst besser vorstellen, das zu machen.
Sisterhood: Das sind tatsächlich auch alles Projektziele, die wir benannt haben: Vernetzen, sichtbar machen, Vorbilder schaffen, den Einstieg erleichtern und über das Thema aufklären.
MZEE.com: Ich habe in der Recherche einen Graffiti-Podcast gefunden und dort nach Interviews mit Frauen gesucht. Es gab in drei Staffeln gerade mal eins. Das hat mich erstaunt. Warum, glaubt ihr, ist die Szene nach wie vor männerdominiert?
Sisterhood: Da gibt es mehrere Aspekte. Zum einen ist es so, dass viele Frauen, wenn sie in Graffiti-Podcasts stattfinden, sich nicht als solche zu erkennen geben, sondern wirklich ausschließlich über ihr Synonym agieren. Das heißt: Podcasthörer:innen wissen gar nicht, welches Geschlecht sich dahinter verbirgt. Wenn Stimmen verzerrt sind, kann man das nicht hören. Außerdem wollen einige vielleicht gar nicht in so einem Podcast stattfinden, weil sie Angst haben, dass sie als Frau identifiziert werden können. Und wir kriegen schon mit, dass weibliche Sozialisation auch oft jemanden Zweifeln lässt und einige FLINTA*-Personen sich eben nicht zutrauen, sich den Raum zu nehmen und zwei Stunden über Graffiti zu erzählen. Dazu kommt auch noch ein Brotherhood-Prinzip. Es ist nicht selten, dass Typen, und das machen die noch nicht mal böswillig, mit Typen abhängen und ihr Netzwerk haben. Wir waren mal bei Körpa Klauz eingeladen (Anm. d. Red.: "Die Körpa Klauz Show" zum Thema HipHop inklusive Interviews von Protagonist:innen aus unterschiedlichen Bereichen), der auch meinte, er hätte noch nie Frauen da gehabt. Er war total offen und bereit, das Thema voranzubringen, und hat sich vorgenommen, bewusst Frauen zu interviewen. Das ist genauso in der DJ-Kultur oder bei HipHop-Konzerten, dass Typen immer wieder Typen einladen. Da muss man bewusst dran arbeiten, damit sich auf einer breiten Basis was ändert und es selbstverständlicher wird, dass FLINTA* da Zugänge haben und Teil dessen sind. Dann ist Graffiti natürlich auch eine Untergrundkultur. Die Attribute, die dort gelten, kann man als stark, machtvoll und männlich beschreiben. Das ist über Jahrzehnte oder länger gewachsen. Es ist sozusagen der Ausgangspunkt, warum viele Kulturen erst mal von Männern dominiert sind.
MZEE.com: Könntet ihr noch näher darauf eingehen, warum es für Sprüherinnen eine Hürde sein kann, in einem Interview oder Podcast das eigene Geschlecht preiszugeben?
Sisterhood: Was wir in einigen Interviews und bei den Anfragen gemerkt haben, ist, dass FLINTA*-Personen häufig Angst haben, sich in den Mittelpunkt zu stellen. Denn damit outen sie nicht nur ihr Geschlecht. Es kann auch sehr polarisierend sein, sich darüber zu äußern, wie es ist, als FLINTA* Teil der Kultur zu sein. Das Feedback muss man dann aushalten können. Es kann natürlich positiv sein, aber halt auch negativ. Man ist für viele etwas Außergewöhnliches und damit einen Umgang zu finden, kann schwierig sein. Gerade in Podcasts ist es so, dass Graffiti und die Kultur, die damit einhergeht, dann einfach zu kurz kommt, wenn man nur noch übers Frausein redet. Dazu kommen dann noch die Reaktionen innerhalb der Szene, die man nicht abschätzen kann, weil es natürlich schon darum geht, zu beweisen, dass man der:die Beste, Stärkste, Schnellste und so weiter ist. Wenn man das noch nicht leisten kann oder nicht nach deren Wertevorstellungen leistet, kann es zu verschiedenen Perspektiven kommen. Da kann man aneinandergeraten, was im Graffiti nicht unüblich ist.
MZEE.com: Man ist auch eher auf dem Präsentierteller, wenn man sich als Frau in einer Männerdomäne bewegt. Es wird dann noch genauer hingeschaut, wie gut man etwas macht.
Sisterhood: Ich würde sagen, das kann man auf jeden Fall auch auf Graffiti übertragen. Die ganzen Diskussionen, die es über Styles gibt, sind sehr individuell. Dem ist man als Frau noch mal doppelt ausgeliefert, wenn man sich preisgibt. Denn dann wird nicht nur darüber diskutiert, ob man Style hat oder nicht, sondern auch noch darüber, dass man vielleicht ganz schön gut für 'ne Frau malt oder wie man aussieht
MZEE.com: Als Nächstes würde ich gerne über Angst sprechen. Beim Malen ist man oft nachts unterwegs und auf sich allein gestellt. Wie schützt man sich da vor Übergriffen?
Sisterhood: Da gibt es mehrere Aspekte. Zum einen würde ich sagen, sind wir in unserem Netzwerk nicht alleine unterwegs. Dementsprechend können wir uns gegenseitig schützen, egal ob Frau, Mann, FLINTA* oder was auch immer für eine Person. Das gilt auch außerhalb von Graffiti. Das Netzwerk bietet einem Sicherheit. Damit sind wir schon beim zweiten Punkt: Wenn wir eine Action planen, sprechen wir im Vorhinein schon über mögliche Bedenken. Das beinhaltet nicht nur Ängste, sondern auch unser Sicherheitsgefühl. Ein solches Gefühl ist natürlich etwas sehr Individuelles. Diese Unterschiede zwischen den Personen werden ganz offen besprochen. Wir denken alle Risikofaktoren mit, die uns in dem Moment einfallen. Das kann sein, wie weit man rennen muss, in die Höhe geht oder Ähnliches. Dann gibt es natürlich auch Rahmenbedingungen, die im Grunde auch der Staat setzt. Wann treten Repressionen ein? Wie verhalten wir uns bei einem Bust? Was ist, wenn jemand vorbeigeht? Wie sprechen wir uns gegenseitig an? Da gibt es ganz viele Aspekte. Wir ziehen nicht einfach kopflos los. Dadurch, dass wir vorher all diese Dinge besprechen, fühlen wir uns in dem Moment auch sicher. Wenn tatsachlich einer Person mal was passiert, dann sind wir füreinander da. Dieses Gefühl, dass man sich sicher auf der Straße fühlt, wächst immer mehr, umso mehr man darüber spricht. Es kann auch eine Form von Selbstermächtigung sein, sich so die Straße zurückzuholen. Man schließt sich zusammen und nimmt sich genau das zurück, was einem von der Gesellschaft genommen worden ist. Es hat auch nicht nur Nachteile, als weiblich gelesene Person nachts unterwegs zu sein. Wir haben Geschichten erlebt, in denen es der Polizei darum ging, "den Sprüher" zu finden. Man selbst passt dann erst mal nicht ins Täterprofil. Dementsprechend kann auch dieses Attribut von Weiblichkeit in dem Moment schützen, wenn man aus einer wahrgenommenen Schwäche eine Stärke macht.
MZEE.com: Man muss sich dabei auch sehr gut aufeinander verlassen können. Welche Rolle spielt Vertrauen und wie baut ihr es zu Leuten auf, die ihr vorher nicht kanntet? Ich denke da an Frauen, mit denen ihr für das Projekt zusammenarbeitet und die ihr vielleicht vorher noch gar nicht so lange kanntet.
Sisterhood: Ich habe das Gefühl, dass uns das eigentlich immer ganz gut gelingt, weil wir eben nicht unüberlegt in so eine Situation reinstarten und ein Feingefühl für Situationen und Personen haben. Uns ist es auch wichtig, dass wir mit der Person erst mal eine Ebene haben. Meistens geht es so los, dass wir gemeinsam 'ne Limo trinken, was essen, uns vorbesprechen und ankommen. Dann gehen wir die Fragen durch und gehen dabei auch drauf ein, ob es Unsicherheiten oder eben Ängste gibt. Es gibt Leute, die sehr krass unterwegs sind, aber sobald eine Kamera da ist, total unsicher werden.
MZEE.com: So ein Projekt schweißt sicherlich stark zusammen, oder?
Sisterhood: Mit allen Personen, die wir begleiten oder begleitet haben, haben wir auf jeden Fall eine tiefere Ebene. Es haben sich viele Freundschaften entwickelt, die auch außerhalb dieser einen Projektreise, die wir pro Film machen, gepflegt werden. Dieses Netzwerk ist auch hinter der Kamera nach oder vor der Reise vorhanden. Die Menschen sind uns überwiegend auch sehr ans Herz gewachsen. Teilweise kannten wir die Personen bereits oder waren schon zusammen malen. Oder wir wussten gar nicht, was uns begegnet, weil wir uns mit Menschen getroffen haben, bei denen gar nicht klar war, was unser gemeinsames Ziel ist. Dann ist es immer sehr aufregend was kommt. Dennoch ist es niemals nur 'ne Reise für einen Film, sondern schon eine Connection die besteht.
MZEE.com: Hat sich das im Laufe der Zeit entwickelt oder hattet ihr von vorneherein die Idee, dass Sisterhood etwas Langfristiges werden kann?
Sisterhood: Es war von Anfang an der Wunsch, ein Netzwerk zu erschaffen und zu connecten. Also mehr, als nur zu dokumentieren. Am Anfang vor drei Jahren waren wir uns nicht bewusst, was für ein Ausmaß das annehmen kann. Oder dass wir jetzt auch außerhalb von Deutschland einen Film gedreht haben. Das hat sich so ergeben. Es hat sich auch stetig erweitert. Wir haben viel Zuspruch bekommen. Leute haben uns eingeladen und wollten uns interviewen oder einfach so supporten. Man merkt, dass die das, was wir machen, gut finden. Sie wollen uns eine Bühne geben oder unterstützen, das Projekt zu realisieren. Das ist schon nice. Und auch die Szene, vor allem die FLINTA*s, freuen sich über diesen Zusammenschluss. Denn letztendlich entwickeln sich dadurch auch außerhalb von uns noch mal andere Connections untereinander.
MZEE.com: Zum Abschluss würde ich gerne von euch wissen, was es noch braucht, um bestehende Strukturen in der Graffitiszene aufzubrechen.
Sisterhood: Es ist nicht unser Ziel, eine bestehende Struktur aufzubrechen. Unser Ziel ist, etwas gemeinsames Neues zu erschaffen. Sicherlich meinst du mit bestehender Struktur auch Sexismus, der in der Graffitiszene verankert ist. Da braucht es natürlich noch 'ne Menge. Wir wollen aber in erster Linie unser Ding machen und kämpfen dabei nicht aktiv gegen irgendwen oder fragen um Erlaubnis. Es ist uns sehr wichtig, dass wir mit dem Projekt den Raum schaffen, über Sexismus, Diskriminierung und andere Verhältnisse zu diskutieren. Wir wollen anregen, dass man darüber reden kann. Es geht auch ein Stück weit darum, sich gegenseitig Feedback geben zu dürfen und eben nicht nur auf Gegenwehr zu stoßen, sondern auf gegenseitiges Verständnis. Wir freuen uns natürlich über jeden Menschen, unabhängig vom Geschlecht, der mit uns darüber spricht. Es braucht schon alle. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn Leute in die Ausstellung kommen und auch andere Perspektiven sehen und vielleicht zukünftig anders auf Leute zugehen oder eine andere Art und Weise an den Tag legen. Aber wir wissen natürlich auch, dass wir nicht alle Menschen verändern können und das ist auch nicht das Ziel.
(Malin Teegen)