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DIGGEN mit JollyJay

"Vie­les, das in Deutsch­land gera­de beliebt ist, ist in UK gar nicht popu­lär. Eini­ge Rap­per sind auch ein biss­chen älter, das sind halt kei­ne Image-​Rapper." – Die­ses Mal kram­te Jol­ly­Jay für "DIGGEN mit …" in sei­ner gedank­li­chen Plat­ten­kis­te und stell­te eine UK-​HipHop-​Playlist zusammen.

Das ers­te Kon­zert, das man ohne Eltern besu­chen durf­te. Nachts allei­ne auf der Auto­bahn und den glei­chen Song immer und immer wie­der hören, weil man nicht fas­sen kann, wie gut er ist. Der Track, den man mit den Freund:innen von frü­her laut grö­lend auf jeder Par­ty mit­ge­sun­gen hat. Ver­mut­lich kennt jeder Mensch die­sen Moment: Es läuft ein bestimm­tes Lied oder Album, das einen direkt emo­tio­nal in eine Situa­ti­on zurück­ver­set­zen kann, nost­al­gisch wer­den lässt oder ein­fach nur auf­grund sei­ner Mach­art immer wie­der zum Stau­nen bringt. Und genau dar­um geht es in unse­rem For­mat "DIGGEN mit …". Wir dig­gen mit ver­schie­de­nen Protagonist:innen der Sze­ne in ihren gedank­li­chen Plat­ten­kis­ten und spre­chen über Musik, die die­se Emo­tio­nen in ihnen aus­löst. Dafür stel­len unse­re Gäs­te jeweils eine eige­ne Play­list mit Songs zusam­men, die sie bewe­gen, begeis­tern und inspirieren. 

Die­ses Mal stell­te Jol­ly­Jay eine Play­list mit UK-​HipHop für uns zusam­men, da er nicht nur Rap­per und Mit­be­grün­der der Battlerap-​Liga DLTLLY, son­dern auch gebür­ti­ger Lon­do­ner ist. 13 Jah­re ver­brach­te er im Land der Monarch:innen, bevor er bis zu sei­ner Voll­jäh­rig­keit in Mün­chen leb­te. Inzwi­schen wohnt er seit 14 Jah­ren in Ber­lin, nach­dem er für einen Film­kurs noch einen klei­nen Abste­cher nach Brigh­ton mach­te, um dort UK-​HipHop und Batt­ler­ap für sich zu ent­de­cken. So schwelg­te er in Nost­al­gie und Erin­ne­run­gen einer ver­gan­ge­nen Zeit, die sehr prä­gend und inspi­rie­rend für ihn war. Eine Zeit, in der er Weed von Rap­pern auf Fahr­rä­dern kauf­te, vie­le Stun­den auf Open Mics ver­brach­te und eini­ge bri­ti­sche Artists samt ihrer Musik lie­ben lernte.

 

 

1. Skin­ny­man – Coun­cil Estate Of Mind (prod. by Graziella)

Jol­ly­Jay: Den Song habe ich sicher­lich schon 15 Jah­re nicht mehr gehört, aber Skin­ny­man ist ein Pio­nier, was UK-​HipHop angeht. Ein kor­rek­ter Typ, der nie sell­out und immer real war. Als ich in Brigh­ton gelebt habe, habe ich Weed von ihm auf dem Fahr­rad gekauft. (lacht) Viel­leicht ist er nicht der tech­nisch bes­te Rap­per, aber man könn­te sagen, er ist Eng­lands Torch. Coun­cil ist der Plat­ten­bau in South Lon­don, aus dem er kommt, und dort hat er auch die Stra­ße auf sei­ne Art representet.

 

2. Jehst – High Plains Anthem (prod. by Jehst)

Jol­ly­Jay: Jehst war von all die­sen Künst­lern wahr­schein­lich die größ­te Inspi­ra­ti­on für mich. Er kam wie Skin­ny­man auf dem Label Low Life Records raus und war zu der Zeit der lyrischs­te Rap­per, einer der kras­ses­ten Poe­ten im Rap-​Game. Er ist immer noch aktiv und sehr gut. Ich hät­te auch zig ande­re Tracks von ihm neh­men kön­nen, aber das ist der, den ich in mei­nem Leben wahr­schein­lich am häu­figs­ten gehört habe. Gei­ler Beat und sehr smoo­t­he Lyrics.

 

3. Klash­ne­koff – Mur­da (prod. by Har­ry Love)

Jol­ly­Jay: Mit "Mur­da" gehen wir ein biss­chen mehr in Rich­tung Stra­ße. Ich wür­de sagen, dass Klash­ne­koff, obwohl er selbst kei­nen Grime macht, die­sen sehr inspi­riert hat. Wenn man sei­nen Flow hört, merkt man das. Als Han­no – der ande­re Typ von DLTLLY – mich in Brigh­ton besucht hat, damit wir Skin­ny­man live sehen kön­nen, haben wir auf dem Weg zum Kon­zert einen Fly­er ent­deckt. Dar­auf stand, dass Klash­ne­koff am glei­chen Tag in einer ande­ren Loca­ti­on auf­tritt. Also sind wir dort hin­ge­gan­gen, haben ihn zum ers­ten Mal live gese­hen und erlebt, wie er abreißt. In Brigh­ton gab es eine tol­le HipHop-​Szene, weil vie­le Rap­per, die sich Lon­don nicht leis­ten konn­ten, dort hin­ge­zo­gen sind. In den letz­ten zehn Jah­ren hat Klash­ne­koff wenig gemacht, aber der Song ist ein Klas­si­ker. Er war der Ers­te, der die­se Mischung aus Jamai­can Roots und UK Slang in den Rap gebracht hat.

 

4. Roots Manu­va – Wit­ness (1 Hope) (prod. by Lord Gosh)

Jol­ly­Jay: Das ist wahr­schein­lich der bekann­tes­te Song auf mei­ner Play­list und sogar ein rich­ti­ger Club-​Banger. Das war der ers­te Track, den ich von Roots Manu­va kann­te, wor­auf­hin ich mir das Album "Run Come Save Me" gekauft habe. "Wit­ness (1 Hope)" ist auf jeden Fall sein Trademark.

 

5. Task Force – Home Again (prod. by Task Force)

Jol­ly­Jay: Task Force zählt zu den Legen­den und besteht aus den Brü­dern Ches­ter P und Farma G, die aus einer ähn­li­chen Gegend wie Skin­ny­man kom­men. Sie sind bis heu­te aktiv – "Home Again" ist ein eher spä­te­rer Song von ihnen. Die­se Musik bringt vie­le Erin­ne­run­gen aus der Zeit in Brigh­ton zurück. Für mich ist das eine kom­plett nost­al­gi­sche Play­list. So wie die meis­ten auf die­ser Lis­te sind das Leu­te, die in der Sze­ne ech­te Legen­den sind, aber es trotz­dem nie aus der Ein­zim­mer­woh­nung geschafft haben. Auf der einen Sei­te ist das natür­lich trau­rig, aber auf der ande­ren Sei­te bleibt die Musik dadurch auch real.

 

6. Oce­an Wis­dom – Split­tin' the Racket (prod. by Dir­ty Dike)

Jol­ly­Jay: Oce­an Wis­dom ist kein Old­schoo­ler und viel moder­ner, auch rela­tiv bekannt und hat Hits mit Method Man, Fat­boy Slim und Diz­zee Ras­cal. Ich habe ihn als klei­nen Knirps bei den Open Mics in Brigh­ton gese­hen – der konn­te schon mit zwölf Jah­ren krass rap­pen. Vie­le Jah­re spä­ter in Ber­lin habe ich auf sei­nen ers­ten Song geklickt, der inzwi­schen durch die Decke gegan­gen ist. Seit­dem macht er einen Ban­ger nach dem ande­ren. Tech­nisch ist er der Aller­kras­ses­te. Sein ers­ter Song war so schnell gerappt, dass das jetzt immer von ihm erwar­tet wird. Ich bin nie­mand, der nur auf das Tech­ni­sche schaut, aber wenn das jemand so gut macht wie er, hypet einen das ein­fach. Ich habe mich schon oft gefragt, war­um das in Eng­land immer noch so wich­tig ist, aber Grime ist halt auch sehr tech­nisch und man muss schon was kön­nen, um so zu rap­pen. Vie­les, das in Deutsch­land gera­de beliebt ist, ist in UK gar nicht popu­lär. Eini­ge sind auch ein biss­chen älter, das sind halt kei­ne Image-Rapper.

 

7. Child­ren Of The Dam­ned – Cold Sag Run Mara­thon (prod. by ?)

Jol­ly­Jay: Das ist ein abso­lu­ter Kif­fer­song, aber "Brick Peli­can (The Grea­test Mys­tery Of All)" ist eine mei­ner abso­lu­ten Lieb­lings­plat­ten. Sie kam 2007 raus und es sind neun MCs dar­auf zu hören. Wir kom­men gleich zu dem Mas­ter­mind dahin­ter: Lee Scott. Er hat in Leeds und der Umge­bung die kras­ses­ten Rap­per zusam­men­ge­trom­melt und dar­aus das Label Blah Records gemacht. Nach wie vor ist das mein liebs­ter YouTube-​Kanal, weil man jede Woche einen neu­en coo­len Song hören kann. Die­ses Album war die Anfangs­pha­se davon, da waren sie noch sehr jung und haben viel chil­li­ge Mucke gemacht. Es gibt vie­le, die ver­su­chen, so einen Nineties-​Sound zu kre­ieren, aber weni­ge schaf­fen es so gut wie COTD. Mei­ne Lieb­lings­li­ne ist: "Can bare­ly lift my lips to smi­le. Smo­ke a spliff ten minu­tes after the last one like it's been a while." Dazu konn­te ich lei­der sehr oft rela­ten. (lacht)

 

8. Lee Scott – Capi­tal Dumb (prod. by Illinformed)

Jol­ly­Jay: Lee Scott ist, wie eben erwähnt, das Mas­ter­mind hin­ter COTD und auch Blah Records. Es gibt zig Plat­ten, in die er invol­viert ist, und ich glau­be, ich ken­ne kei­nen Rap­per, der akti­ver ist. Da kommt gefühlt jeden Monat irgend­was und er hat extrem vie­le ver­schie­de­ne Pro­jek­te. Dazu kommt, dass alle Rap­per auf sei­nem Label wahn­sin­nig gut sind. Vor Kur­zem hat er auch einen Roman namens "Swan Songs" geschrie­ben und ich woll­te ihn mir nicht bestel­len, aber habe dann so vie­le gute Reviews gele­sen, dass ich ihn in mei­nen letz­ten Urlaub mit­ge­nom­men habe. Noch nie habe ich ein Buch so schnell ver­schlun­gen – sehr abs­trakt, aber wirk­lich cool. Der ist ein­fach ein Genie für mich. Er ist der typi­sche "your favou­ri­te rapper's favou­ri­te rapper".

 

9. Black Josh & Mil­ka­vel­li – Fisher Pri­ce (prod. by Lee Scott)

Jol­ly­Jay: Die letz­ten Songs sind nicht nur alle auf dem glei­chen Label erschie­nen, son­dern auch vom Stil sehr ähn­lich. "Fisher Pri­ce" ist rela­tiv neu. Black Josh und Mil­ka­vel­li haben ein gemein­sa­mes Album raus­ge­bracht, das sehr cool ist – das ist eine der Sin­gles. Mil­ka­vel­lis Ver­se ist echt gut, das ist die gan­ze Zeit über der glei­che Reim. Frü­her hat er noch gebatt­let und sehr aggres­siv gerappt, was auch sehr gut war, aber jetzt hat er einen sehr chil­li­gen Sound und nimmt, glau­be ich, vie­le Dro­gen. Einer mei­ner Lieb­lings­rap­per zur­zeit. Ich glau­be, man merkt, dass ich gro­ßer Fan von Blah Records bin. (lacht)

 

10. Jam Bax­ter – Brains (prod. by Illinformed)

Jol­ly­Jay: Jam Bax­ter mag ich auch sehr gern, der war frü­her viel am Start bei den Open Mics in Brigh­ton. Er war damals schon einer mei­ner Liebs­ten. Inzwi­schen ist er sehr viel bekann­ter und war eine Zeit lang bei High Focus Records unter Ver­trag, das eins der größ­ten HipHop-​Labels in Eng­land ist. Wit­zi­ger­wei­se war er auch der Judge bei mei­nem ers­ten Batt­le in Lon­don. Und weil Lee Scott eben so ein G ist, hat er Jam Bax­ter jetzt bei sich gesignt. "Brains" hat ein sehr gei­les Video und war sein Durch­bruch. Ich ken­ne kei­nen, der bes­se­re Rhy­me Pat­terns hat. Es reimt sich immer alles per­fekt und ist dazu aber inhalt­lich mega­gut. Man kann die Songs immer wie­der hören, weil er sehr abs­trakt schreibt und man dadurch immer neue Sachen entdeckt.

 

All die­se Tracks fin­det ihr hier in unse­rer "DIGGEN mit JollyJay"-Playlist auf Spo­ti­fy.

(Yas­mi­na Rossmeisl)
(Foto von Juli­an Kling)