Schon seit die HipHop-Kultur noch in den Kinderschuhen steckte, sind Samples ein essenzieller Teil von ihr. Von alten Klassikern bis hin zu aktuellen Charthits lassen sich in unzähligen Songs Elemente aus bereits existierenden Werken finden. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musikhören über einen bekannten Sound gestolpert ist und sich daraufhin den Kopf über dessen Herkunft zerbrochen hat? Oft beginnt damit eine spannende Suche nach der Originalaufnahme quer durch die Musikhistorie. Aus diesem Grund stellen wir uns in unserem diesjährigen Adventskalender die Frage "Who sampled who?" und öffnen täglich ein neues Türchen: Wir präsentieren Euch 24 verschiedene deutsche Rapsongs und betrachten die Samples, welche sich darin verbergen.
An die Ausschreitungen in Chemnitz im August und September 2018 dürften sich viele noch erinnern. Nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes bildeten sich Mobs, die aufgrund des Migrationshintergrunds der mutmaßlichen Täter rassistische Ausschreitungen gegen Unbeteiligte vollzogen. Als Reaktion darauf wurde wenige Tage später ein Konzert unter dem Motto "Wir sind mehr" veranstaltet, auf dem unter anderem K.I.Z einen Auftritt hatten. Ein gefundenes Fressen für die AfD in Person ihres MdB Bernd Baumann.
Dieser hielt acht Tage nach dem Konzert in Chemnitz eine Rede, von der ein etwa 30-sekündiger Ausschnitt am Anfang von "Rap über Hass" von K.I.Z eingespielt wird. In diesem Schnipsel ist zu hören, wie Baumann den Bundespräsidenten dafür kritisiert, eine Veranstaltung zu empfehlen, auf der die Gruppe ihre – Baumanns Ansicht nach – menschenfeindlichen Texte vorträgt. Dafür reißt er Songzeilen in gewohnter AfD-Manier aus dem Zusammenhang. Dass es ihm eigentlich darum geht, dass Steinmeier sich gegen Rechts positioniert, wird zur Nebensache. Die Reaktion der Jungs von K.I.Z ist jedenfalls genau die richtige, auch wenn sie zunächst wie eine kindische Trotzreaktion wirkt. Auf den Vorwurf, "wie gerne sie Messerklingen in Journalistenfressen rammen", wird etwa geantwortet: "Wenn du in die Crew hineinwillst, bring mir den Kopf von Julian Reichelt!" Es wäre fatal, sich auf eine Diskussion mit Baumann und seinem Umfeld einzulassen. Denn dazu fehlt schon dadurch, dass das angeblich deutschfeindliche Wärmen an brennenden Deutschlandfahnen aus dem Song "Hurra die Welt geht unter" angeprangert wird, die notwendige Sachlichkeit. Während die potenziellen eigenen Wähler migrantisch gelesene Passanten angreifen, wird K.I.Z vorgeworfen, auf einer linken Veranstaltung zu Gewalt aufzurufen.
Dass man K.I.Z kritisieren kann und teilweise sogar muss, steht außer Frage. Schwierig wird es jedoch, wenn die Kritik an der Gruppe als Vorwand dafür verwendet wird, um von den eigenen Missständen abzulenken. Die Message, die durch das Vocal-Sample und die darauffolgenden Zeilen ausgedrückt wird, ist unabhängig von all dem unterstützenswert: Wir reden nicht mit Rechten.
(Michael Collins)
(Grafik von Daniel Fersch)