Schon seit die HipHop-Kultur noch in den Kinderschuhen steckte, sind Samples ein essenzieller Teil von ihr. Von alten Klassikern bis hin zu aktuellen Charthits lassen sich in unzähligen Songs Elemente aus bereits existierenden Werken finden. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musikhören über einen bekannten Sound gestolpert ist und sich daraufhin den Kopf über dessen Herkunft zerbrochen hat? Oft beginnt damit eine spannende Suche nach der Originalaufnahme quer durch die Musikhistorie. Aus diesem Grund stellen wir uns in unserem diesjährigen Adventskalender die Frage "Who sampled who?" und öffnen täglich ein neues Türchen: Wir präsentieren Euch 24 verschiedene deutsche Rapsongs und betrachten die Samples, welche sich darin verbergen.
Bricht man die Kunst des Samplings herunter, besteht sie im Grunde darin, dass sich Musiker:innen an Fremdmaterial bedienen und dieses für die eigene Musik verwenden. Samples werden mal rückwärts abgespielt, mal gepitcht, zerhackt oder einfach unverändert in ein neues Stück eingefügt. Solch eine Sample-Nutzung geschieht nicht selten ungefragt. Dann kann es vorkommen, dass sich die Urheber:innen beschweren – wie im Falle von Kraftwerk, die sich wegen Sabrina Setlurs Tracks "Nur Mir" mit Moses Pelham anlegten.
1997 erschien besagter Song – produziert von Moses Pelham, bei dessen Label 3p die Rapperin damals unter Vertrag stand. Auf dem Song zu hören: ein zwei Sekunden langer Loop aus dem 1977 erschienenen "Metall auf Metall", einem Stück der Elektronik-Pioniere Kraftwerk. Mit dem Sample, das aus metallischen Rhythmen besteht, beginnt "Nur Mir" begleitet von leisen Synthesizern. Würde es später im Song einsetzen, wäre es im restlichen Instrumental womöglich untergegangen. Doch diese zwei Sekunden Loop sollten einen der größten Urheberrechtsstreite der deutschen Musikgeschichte auslösen. 1999 klagten Mitglieder von Kraftwerk erstmals gegen Moses Pelham und sein Team. Der Fall ging daraufhin zwanzig Jahre lang durch alle Instanzen – so befasste sich sogar der Europäische Gerichtshof damit. Mal entschieden die Gerichte für Kraftwerk, mal für Moses Pelham. Im Vordergrund stand immer die Frage, welche Freiheiten Musiker:innen beim Sampling zugesprochen werden können, ohne die Rechte der Urheber:innen zu verletzen.
Bei der letzten Entscheidung vom April 2020 beschloss der Bundesgerichtshof, dass selbst die Verwendung kleinster Musikfetzen, sollten sie erkennbar sein, der Erlaubnis der Urheber:innen bedarf. Im nächsten Schritt wird sich das Oberlandesgericht Hamburg noch einmal mit dem Fall befassen. Eine dieses Jahr in Kraft getretene Gesetzesänderung des Urheberrechts pro Sampling könnte den Streit vielleicht endlich zu einem Abschluss bringen.
(Tim Herr)
(Grafik von Daniel Fersch)