Tua
In einer Zeit, in der Rapper jährlich Alben veröffentlichen und Kreativität auf der Checkliste vieler gar nicht erst auftaucht, ist Tuas Karriere und seine Herangehensweise an Musik eine absolute Ausnahmeerscheinung. Seit der Veröffentlichung seines letzten vollwertigen Solo-Albums, dem Kritikerliebling "Grau", sind bereits über zehn Jahre ins Land gegangen. Zehn Jahre, in denen er alles andere als untätig war. Neben diversen EPs und Alben mit den Orsons war er währenddessen auch als Produzent für andere Künstler – wie etwa Joy Denalane und Curse – tätig. Dennoch warteten seine Fans in der Zwischenzeit sehnsüchtig auf den nächsten großen Wurf, der nun endlich das Licht der Welt erblickt und den simplen Namen "TUA" trägt. Wir sprachen mit dem Multitalent unter anderem über den Entstehungsprozess der neuen Platte, die Diskrepanz zwischen Kritiker-Lorbeeren und Erfolg in Zahlen sowie seine Gedanken zum Thema Transhumanismus.
MZEE.com: Deine letzten Solo-Releases haben sich immer weiter von Rap entfernt. War "TUA" denn bereits von Anfang an als Rap-Album angedacht?
Tua: Ich habe eigentlich nie in Kategorien wie "Rap-Album" oder "Nicht-Rap-Album" gedacht. Es sind einfach verschiedene Songs zustande gekommen. Einige davon sind in der Vergangenheit angesiedelt, sodass Rap das beste Mittel war, um das zu erzählen, was ich erzählen wollte. Deswegen sind es dann eben Rap-Songs geworden …
MZEE.com: Da du ja nicht nur Rapper, sondern auch Sänger und Produzent bist: Hast du an "TUA" wieder vorwiegend alleine gearbeitet?
Tua: Es waren einige außer mir daran beteiligt, aber eher gastweise. Die Beats habe ich alle alleine gemacht und ich hatte auch keine Hilfe bei den Texten. Ich hab' aber relativ viel mit einer Freundin von mir, Wanja Janeva, gearbeitet. Sie ist Sängerin und kann dazu auch noch gut Geige spielen. Zusätzlich habe ich mit verschiedenen Characters gearbeitet, die ab und zu mal bei mir in der Nähe auftauchen, zum Beispiel Jopez von den Jugglerz und Audhentik. Er hat bei "Vater" mitgeholfen und ihr könnt ihn euch auf jeden Fall mal reinziehen. Er hat letztens eine EP namens "Tristesse" veröffentlicht, auf der ich auch drauf bin … Ansonsten sind auf dem Album noch ein paar Cameo-Auftritte. Das sind aber keine Features im klassischen Sinne. Stattdessen habe ich ein paar Leute in die Songs eingepflegt, bei denen ich das Gefühl hatte, dass sie gut reinpassen würden.
MZEE.com: Einige dieser Künstler sind uns beim Hören des Albums bereits aufgefallen: Afrob und Bausa auf "Vorstadt" oder RAF Camora auf "FFWD". Wer durfte denn sonst noch seine Stimme in dein Album einfließen lassen?
Tua: Tarek von K.I.Z, Max Herre, KAAS, Vasee und Tristan Brusch. (überlegt) Ich glaube, das war's …
MZEE.com: Sind diese Cameo-Auftritte eher durch Zufall entstanden oder hast du die Künstler aktiv dazu eingeladen, dich auf den Songs zu unterstützen?
Tua: Erst gab es die Songs und dann habe ich mir überlegt, dass der ein oder andere aus verschiedenen Gründen gut passen würde, und denjenigen dann darum gebeten, das zu machen. Das hat auch immer ganz einfach hingehauen. Bei manchen – wie bei Tarek – war ich in ihrem Studio zu Gast und andere – wie Bausa – sind dafür dann zu mir gekommen.
MZEE.com: Gibt es auf dem Album auch ganze Rap-Parts von anderen Künstlern zu hören?
Tua: Nee, Rap-Parts von anderen gibt es darauf gar nicht. Es gibt nur ein Feature mit der Sängerin einer ukrainischen Band namens KAZKA. Das hat aber eben auch nichts mit Rap zu tun …
MZEE.com: Du hast über die neue Platte geschrieben, dass sie dir viel Kopfzerbrechen und Zweifel beschert hat. Worüber machst du dir einen größeren Kopf – über die ausgefeilte Produktion oder darüber, was du sagst und wie du es sagst?
Tua: Sehr gute Frage … Ich glaube, das kann man gar nicht voneinander trennen. Am Ende mache ich mir einfach einen Kopf darüber, wie ich den bestmöglichen Song schreibe. Oft braucht es mehrere Versuche, bis ich ein Thema, das mir wichtig ist, überhaupt ganz verstehe. Ich versuche dann, den richtigen Weg zu finden, um das Ganze zu einem Song zu machen, der am besten das trifft, was ich aussagen möchte. Deswegen habe ich oft viele Anläufe gebraucht, um eines der rund zwölf Themen, die auf dem Album sind, festzunageln.
MZEE.com: Gibt es einen speziellen Track, den du immer wieder aus der Tracklist genommen und an ihm gefeilt hast, nur um ihn später wieder mit aufzunehmen?
Tua: (grinst) Es gibt keinen einzigen, bei dem es nicht so war. Alle zwölf sind so entstanden.
MZEE.com: (lacht) Wie ist es denn, wenn man zugleich für Beat und Text verantwortlich ist? Bei vielen Rappern ist zuerst der Beat da, bevor der Text kommt – oder eben umgekehrt. Dann passt man die eine der anderen Komponente an. Entsteht bei dir beides gleichzeitig? Hast du schon Melodien im Kopf, wenn du einen Text schreibst? Oder produzierst du ein Instrumental und dir fällt dazu ein Thema ein?
Tua: Als allererstes spüre ich etwas zu verschiedenen Zeitpunkten in meinem Leben. Das heißt, irgendein Gefühl kommt wiederholt auf oder eine Geschichte wiederholt sich. Machen wir das mal an einem Beispiel fest: Es gibt einen Song auf dem Album namens "Tiefblau". Darin geht es um das Gefühl, dass es nach langer Zeit wieder bergauf geht. Ich habe etliche Versuche unternommen, das auf den Punkt zu bringen, und am Ende ist es ein Track geworden, bei dem die Musik von unten nach oben geht. Es gibt darin Kontraste zwischen hohen und tiefen Tönen, zwischen dunklen und hellen Momenten – außerdem weniger Text und dafür mehr Atmosphäre und Hall. So kommt das Ganze nach und nach, Stück für Stück zusammen. Der Ursprung ist oft die Idee, ein bestimmtes Gefühl festzuhalten oder eine bestimmte Geschichte zu einem Song zu machen. Und dann findet das Ganze seinen Weg – manchmal auch mit vielen Umwegen.
MZEE.com: Ist es leichter oder schwieriger für dich, wenn andere Künstler an einem Song beteiligt sind?
Tua: (überlegt) Das ist von Song zu Song unterschiedlich, muss ich sagen. Bei Wanja ist es zum Beispiel schön, dass sie sehr gut Geige spielen und singen kann und dadurch als Musikerin eine gute Anspielpartnerin ist. Wenn ich etwas fertigstelle, kann ich sie fragen: "Passt hier noch eine Geige hin? Passt hier noch Gesang hin?" Sie ist dabei sehr experimentierfreudig. Für sie ist es auch total in Ordnung, wenn ich ihre Stimme rauf- und runterschraube, umdrehe oder kaputt mache. Es ist okay für sie, als Instrument zu funktionieren. Wir haben halt oft voll den Flash gehabt. So etwas gibt einem Album natürlich die richtige Farbe und dafür bin ich sehr dankbar.
MZEE.com: Empfindest du es als etwas Besonderes, dass dir jemand so viel Spielraum gibt und erlaubt, seine Stimme als Instrument einzusetzen? Bei Rappern stehen ja oft auch Eitelkeiten im Vordergrund, was das Verändern der eigenen Kunst angeht.
Tua: Ich glaube, bei mir ist das so unfassbar Rap-untypisch, wie man es sich nur vorstellen kann. Diese Rap-Herangehensweise ist bei mir schon lange vorbei. Rap ist wirklich nur Mittel zum Zweck. Ich weiß, dass das natürlich für viele Leute ein wichtiges Ding ist. Viele mögen Rap eben ganz besonders gern. Aber mir persönlich ist es völlig egal, wenn es nicht das richtige Mittel zum Zweck ist. Viel wichtiger ist mir die Aussage, die getroffen wird. Oder noch besser: das Gefühl, das vermittelt, und die Atmosphäre, die geschaffen wird. Wenn ich dafür rappen muss: voll gerne. Aber irgendwelche Eitelkeiten – ob bei mir oder bei anderen – stehen dabei nur im Weg. Wenn ich ein Gefühl vermitteln möchte und dabei eitel bin, dann wird das Gefühl mit Sicherheit auf keinen Fall vermittelt.
MZEE.com: Dein Album "Grau" wurde gerade stolze zehn Jahre alt und gilt als absoluter Klassiker im deutschen Rap. Inwiefern beeinflussen dich die Erwartungen der Szene bei der Produktion eines neuen Releases? Fühlst du dich unter Druck gesetzt oder kannst du das ausblenden?
Tua: Nö, ich hab's tatsächlich nicht ausgeblendet. Also, erst mal finde ich es natürlich total schön, dass "Grau" nach so vielen Jahren noch so viel Aufmerksamkeit bekommt und Leute es immer noch zu würdigen wissen. Beim Produzieren des neuen Albums hat das schon auch eine Rolle gespielt. Insofern, als dass ich die ganzen Zwischenschritte seit "Grau" noch mal zurückgegangen bin und mich gefragt habe, von wo aus ich damals losgelaufen bin. Auf eine gewisse Art und Weise schließt das neue Album auch daran an. In den ersten Songs geht es zeitlich gesehen dorthin zurück, wo es damals war. Und die Geschichte wird noch mal erzählt. Ich habe musikalisch gesehen sogar einzelne Stellen daraus zitiert. "FFWD" oder auch "Bruder II" sind beispielsweise Songs, die auch ein Teil von "Grau" hätten sein können und damals auch thematisch gut gepasst hätten, da sie von Leuten aus der Zeit handeln. Das spielt bei mir natürlich mit rein. Es ist aber auch ein guter Ort zum Loslaufen, um dann davon wegzukommen …
MZEE.com: Meinst du, ohne "Grau" hätte sich die deutsche Rapszene in den letzten zehn Jahren genauso entwickelt?
Tua: Das kann ich überhaupt nicht einschätzen. Ich finde es total schön, dass mir so viele Leute sagen, dass es sie berührt hat und ich im Nachhinein so viel Lob dafür bekomme – zehn Jahre später. Aber für mich war das damals halt ein Riesen-Flop. Ich hab' unfassbar viel investiert und mir krass den Arsch aufgerissen. Und dann ist nichts passiert. Für viele, die zu der Zeit nicht dabei waren, klingt das so, als wäre zu der Zeit richtig was passiert. Aber das Album ist erst mal sang- und klanglos untergegangen. Es hat sich dann über Jahre hinweg so entwickelt, dass man als Klassiker davon spricht. Aber ich habe vor zehn Jahren kein Geld damit verdient und bin deswegen wahnsinnig geworden.
MZEE.com: Damals wurden einige Platten von heutigen Deutschrap-Größen veröffentlicht, bei denen das ganz genauso abgelaufen ist. Woran liegt es, dass der Respekt teilweise erst fünf bis zehn Jahre später gezollt wurde? Glaubst du, dass die Musik ihrer Zeit voraus oder die Szene schlichtweg zu klein dafür war?
Tua: Ich glaube, das war einfach keine Musik, die die breite Masse angesprochen hat. Sie war nicht so zielgerichtet, effizient und zurechtgestrickt wie andere Musik, die vielleicht ähnliche Wege ging, aber an der entscheidenden Stelle zugänglicher war. Und ich war auch nie der Typ, der etwas vorspielen oder verkörpern konnte, was er nicht ist. Außerdem war die Musik viel besser, als ich als Typ damals war …
MZEE.com: Kommen wir zu einem anderen großen Künstler: Aktuell wird wieder viel über Shindy gesprochen – mit dem du 2005 einen Song aufgenommen hast. Wie kam es damals dazu und habt ihr gelegentlich noch Kontakt zueinander?
Tua: Wir hatten eine Zeit lang öfter miteinander zu tun. Er war hin und wieder in Reutlingen und wir waren ab und an bei denen drüben. Aber da war Shindy auch noch sehr jung – vielleicht 15 oder 16. Und ich selbst vielleicht 18 – also graue Vorzeit … Es gibt sogar noch mehr Tracks. Ich glaube nur, dass die niemand mehr hat. Aus denen ist auch nie etwas geworden – wir haben die einfach nie veröffentlicht. Ich glaube, einer ist mal im Netz gelandet. Und wir hatten immer mal wieder Kontakt, aber irgendwann hat sich das dann verlaufen. Ich habe schon seit Jahren nichts mehr von ihm gehört. Aber alles gut: Ich verfolge, was er macht, und freue mich über seinen Erfolg.
MZEE.com: Schon interessant, dass der Süden so gut vernetzt war.
Tua: Ich kannte ja auch Bausa von damals. Mit ihm habe ich zu der Zeit auch Musik gemacht. Es gibt noch einen Song von anno dazumal, auf dem wir beide einen Part haben … Ich glaube, der wurde aber auch nie veröffentlicht. Wir haben das damals alle als Hobby betrieben und keiner wusste so recht, wohin. Und ich bin ja fast noch eine Generation über den beiden – zumindest drei, vier Jahre älter. Damals waren wir halt wirklich noch Pisser und nicht volljährig.
MZEE.com: Apropos volljährig … Auf "Dieser Junge" hast du vor zehn Jahren gerappt: "Ich bin dieser Junge, der sich fragt, ob er für 'Ich bin dieser Junge' nicht zu alt ist." – Warst du damals der Meinung, dass man irgendwann zu alt für Rap ist? Und wie siehst du das heute?
Tua: (grinst) Ich denke das immer noch. Und ich denke vor allem, dass ich jetzt zu alt dafür bin. (lacht) Nein, ich glaube, es gibt kein pauschales Alter, ab dem man nicht mehr rappen sollte. Es ist eher so eine Sache, die man mit sich in eine Linie bringen muss. Wenn man Inhalte findet, die man mit Rap gut rüberbringen kann, die dem eigenen Alter entsprechen und dann auch noch Leuten gefallen, finde ich das voll in Ordnung. Rapp von mir aus mit 75 noch. Pauschal gibt es nichts dagegen zu sagen. Ich für meinen Teil hab' das Gefühl, dass ich nur bestimmte Inhalte mit klassischem Rap vermitteln kann. Viele andere Sachen, die ich gerne sagen möchte, lassen sich grundsätzlich besser durch Gesang ausdrücken.
MZEE.com: HipHop gibt es ja noch gar nicht so lange. Vielleicht fühlt es sich deswegen ein bisschen merkwürdig an, dass zum ersten Mal 50-Jährige rappen … Glaubst du, dass es für Hörer in 20 Jahren völlig normal sein wird, dass Menschen mit 50 oder 60 noch rappen?
Tua: Ich glaube, es geht um die Inhalte. Bei Jay-Z findet es auch keiner komisch, weil er einen Weg gefunden hat, seinen Status immer und immer wieder mit seinen Raps zu reproduzieren. Bei ihm ist alles in einer Linie. Er hat sich einen Themenbereich geschaffen, den man ihm abkauft. Man glaubt ihm eben, dass er der reichste, krasseste und erfolgreichste Typ ist. Dann kann er trotzdem das machen, was Rap ausmacht – nämlich einen tollen Beat picken und interessante Rhyme-Patterns drüber rappen. Ich fände es peinlich, wenn Jay-Z jetzt krasse Freak-Geschichten erzählen würde. Da würde ich mir auch denken: "Okay, weiß ich nicht, Alter." Oder wenn er ernsthaft darüber rappen würde, dass er die ganze Zeit 18-jährige Mädels klarmacht. Da würde ich mir auch denken: "Okay, dann bist du halt komisch, wenn du doppelt so alt bist – oder dreimal." (lacht) In den Staaten gibt es einige Leute, die schon älteren Semesters sind und bei denen das voll in Ordnung ist. Wie gesagt: Es geht darum, was man sich für einen Themenbereich schafft – über was man redet und wie man das tut.
MZEE.com: Wir haben noch ein Thema fernab von Rap für dich dabei. Du beschäftigst dich ja offenkunding mit dem Thema "Transhumanismus". Was ist denn deine persönliche Prognose für die Entwicklung der Menschheit in den nächsten 100 Jahren in Bezug auf das Verschmelzen mit Technologie?
Tua: Ich hab' überhaupt keine Ahnung und käme mir unfassbar lächerlich dabei vor, wenn ich jetzt eine ernsthafte Prognose abgeben würde. (überlegt) Ich habe voll die Freude daran, mich damit zu beschäftigen, aber ich habe wirklich überhaupt keine Ahnung. Ich finde, das ist so uneinschätzbar. Es gibt ja die Theorie der exponentiellen Entwicklung, bei der man sagt, dass immer eine Entwicklung zu etwas anderem führt, was dann die Kurve noch mehr anzieht, wodurch es im Grunde unvorhersehbar ist, was letztendlich passieren wird. Wenn ich mir vorstelle, was es vor 100 Jahren alles nicht gab, das heute für uns komplette Realität und nicht mehr wegzudenken ist, denke ich: "Krass, was wird wohl in 100 Jahren sein?"
MZEE.com: Das Thema wird recht kontrovers diskutiert. Findest du, dass es in diesem Bereich Grenzen gibt? Wenn ja, wo fangen sie an und wo hören sie auf?
Tua: Also, moralisch möchte ich das gar nicht bewerten. Das ist ja noch mal was ganz anderes. Ansonsten gibt es eben Definitionsgrenzen. Zum Beispiel, ab welchem Moment es eine neue Schöpfung gibt. In dem Moment, in dem Maschinen sich ohne menschliches Zutun selbst weiterentwickeln, reproduzieren, verändern und freiheitlich bewegen können, ist eine Grenze erreicht. Aber nicht meine. Ich finde den Begriff "Grenze" eh schwierig … Wollt ihr von mir wissen, bis wohin ich es gutheiße, dass Mensch und Maschine sich vermischen?
MZEE.com: Genau.
Tua: Das weiß ich nicht. Ich finde, es ist ja jetzt schon auf eine gewisse Art und Weise so. Welchen Unterschied macht es denn noch, ob man sein Handy die ganze Zeit bei sich hat oder ob es sich im Körper befindet? Das sind ja fast nur noch Kinkerlitzchen … Wenn du ohne die Hilfe eines Mobilfunkgeräts mit Internet kaum mehr durch die Stadt findest, dann ist es eben auch fast egal, ob du das Handy in dir oder an dir hast. Das soll jetzt aber gar nicht so kritisch klingen. Ich will nicht wie so ein alter Mann klingen, der darüber jammert, dass man nicht mal mehr durch eine Stadt findet. Ich finde es schlichtweg interessant, mir Gedanken darüber zu machen und die Entwicklung zu verfolgen.
MZEE.com: Es ist also ein reines Interessensgebiet von dir und du findest es jetzt nicht besonders unheimlich …
Tua: Ich finde es einfach nur spannend und interessant, mir Dinge, die so oder so passieren, ab und zu mehr ins Bewusstsein zu rufen, anstatt sie einfach nur hinzunehmen. Es ist totale Normalität für uns alle, mit dem Handy umzugehen – oder mit Smart Watches und Laptops. Mein ganzes Büro wäre ohne diese Technik nicht möglich, genauso wie meine Vermarktungsstrategien. Außerdem könnte der Konsument meine Musik nicht so konsumieren, wie er es macht. All das wäre nicht möglich. Es ist ganz normal für mich – aber es ist eben gerade überhaupt nicht normal. All das ist erst seit sehr kurzer Zeit möglich. Und das finde ich spannend.
MZEE.com: Zu guter Letzt würden wir gerne noch wissen, ob du der Meinung bist, dass du genau die Anerkennung als Künstler bekommst, die dir zusteht …
Tua: Nein. (lacht) Das ist jetzt aber eine fiese Endfrage. Die kann ich natürlich nicht in einem Satz beantworten. Gib mir kurz eine Viertelsekunde, um über eine Antwort nachzudenken. (überlegt kurz) Ich glaube, Ende des Jahres kann ich mehr darüber sagen. Ich finde es schwierig, das genau dann zu beantworten, wenn ich gerade zum ersten Mal seit zehn Jahren ein Album raushaue. Ich denke, das Jahr wird auf jeden Fall interessant für mich, weil einfach wahnsinnig viel passiert. Am Ende des Jahres wird man sehen, wie es aussieht.
MZEE.com: Dann fragen wir dich vielleicht irgendwann anders noch mal. (grinst)
Tua: Oh ja, gerne. (lacht) Lass uns doch einfach Ende des Jahres noch mal sprechen und dann sage ich euch entweder wie ein griesgrämiger alter Mann oder wie ein surfender, Hawaiihemden-tragender Flitzpiepen-Joe, was bei mir abgeht.
(Florence Bader und Laila Drewes)
(Fotos von David Daub)