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Plattenkiste

Provo feat. Keno – Mandallah

Egal, ob Album, Gratis-​Mixtape oder Lieb­lings­song – in unse­rer "Plat­ten­kis­te" stel­len wir Euch regel­mä­ßig die Per­len unse­rer redak­ti­ons­in­ter­nen Samm­lun­gen vor. Die­ses Mal: Pro­vo feat. Keno mit "Mandal­lah".

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

Manch­mal kom­men Lie­der zu einem wie streu­nen­de Hun­de, die spon­tan ent­schie­den haben, dass sie nun zu dir gehö­ren. Du hast nicht nach ihnen gesucht, du hast kei­ne Ahnung, wo sie her­kom­men, aber nun sind sie da und gehen nicht mehr weg. Über "Mandal­lah" von Pro­vo mit Keno stol­per­te ich vor vie­len Jah­ren, als man noch im Opera-​Browser und nicht auf Tik­Tok in Rab­bit Holes ver­sank. Ich bil­de mir ein, dass mir das Lied sogar auf Tumb­lr vor­ge­schla­gen wurde.

Bis heu­te weiß ich nicht viel über Pro­vo, geschwei­ge denn sei­nen Feature-​Gast. Erst in der Recher­che zu die­sem Text wur­de mir klar, dass Pro­vo nur als Pro­du­cer auf dem Album "Mona­co Moll" auf­tritt und zu jedem Track einen ande­ren Rap­per ein­ge­la­den hat. Es ist Keno, ehe­ma­li­ges Mit­glied von Moop Mama, der auf "Mandal­lah" rappt. "Ich geb' mir gro­ße Mühe, mehr zu sein, als nur die Sum­me mei­ner Mole­kü­le." – Und mit was für einer Opening-​Line. Depres­sio­nen, Zukunfts­ängs­te, Ver­lo­ren­sein – damit star­tet das Lied im ers­ten Ver­se, um dann in der zwei­ten Stro­phe sei­ne Agen­cy wie­der­zu­fin­den: "Alles gut, solang ich weiß, dass ich es sel­ber in der Hand habe. Wel­che Buch­sta­ben ich hier täg­lich in den Sand male, mei­ne Man­da­las." Keno schafft es im Track raus aus einer Gefühls­welt, mit der ich mich damals nur all­zu gut iden­ti­fi­zie­ren konn­te. Und das ohne mas­ku­li­ne Allmachts-​Fantasien, ohne den Ver­such, das eige­ne fra­gi­le Ego zu ret­ten, son­dern ganz ehr­lich, ganz ver­letz­lich, ganz authentisch.

Pro­vo hat für Kenos Text einen Tep­pich aus relax­ten Lo-​Fi-​Beats mit Piano-​Samples und jaz­zi­gen Bläser-​Parts aus­ge­rollt. Ein Instrumental-​Stil, mit dem ich nor­ma­ler­wei­se wenig anfan­gen kann. Aber so ist es mit den streu­nen­den Hun­den, sie ent­schei­den sich für dich, nicht umge­kehrt – ob dir ihr Fell nun gefällt oder nicht.

(Marie Ahlers)