Schon seit die HipHop-Kultur noch in den Kinderschuhen steckte, sind Samples ein essenzieller Teil von ihr. Von alten Klassikern bis hin zu aktuellen Charthits lassen sich in unzähligen Songs Elemente aus bereits existierenden Werken finden. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musikhören über einen bekannten Sound gestolpert ist und sich daraufhin den Kopf über dessen Herkunft zerbrochen hat? Oft beginnt damit eine spannende Suche nach der Originalaufnahme quer durch die Musikhistorie. Aus diesem Grund stellen wir uns in unserem diesjährigen Adventskalender die Frage "Who sampled who?" und öffnen täglich ein neues Türchen: Wir präsentieren Euch 24 verschiedene deutsche Rapsongs und betrachten die Samples, welche sich darin verbergen.
In der Adventszeit sehen sich viele von uns gezwungen, den nicht enden wollenden Geschichten älterer Familienmitglieder lauschen zu müssen. Da ist es dann also auch nur halb so schlimm, wenn ich mir selbst ein wenig wie der Opa vorkomme, der vom Krieg erzählt, wenn ich heute noch über "Maske" rede. Also setzt euch, ihr Jungspunde, nehmt euch einen Butterkeks und hört brav zu!
2004: Rap, wie wir ihn heute kennen und (hass-)lieben, steckte noch in den Kinderschuhen. Ich selbst hatte weder Ahnung von Sampling noch von der alten Schule – und brauchte sie in diesem Fall auch gar nicht. Denn der Verwendung von Sample und Text im Intro von "Fuffies im Club" – beides aus dem 1995 über MZEE Records erschienenen "Spüre diesen Groove" von MC Rene – liegt wohl keine allzu tiefe Bedeutung zugrunde. Viel eher war es ein von Roe Beardie, der nicht nur den Original-Track, sondern eben auch "Maske" produzierte, geschickt platziertes Versatzstück, um das Sido-Narrativ zu untermauern. Aggro Berlin inszenierte sein Zugpferd seit jeher als den großmäuligen Straßenjungen, der es irgendwie auf rote Teppiche schaffte, ohne zu wissen, wie man sich dort benimmt. Stattdessen protzt und pöbelt er fleißig, insbesondere gegen das liebste Opfer der neuen, harten Berliner Szene: die alte Schule. Blumentopf, Freundeskreis, die Fanta Vier – wer zum alten Eisen gehört, wird gedisst. Einfach, weil man ein grundsätzlich anderes Verständnis von Inhalten und dem Image als Rapper hat. Und was läge da näher, als sich einen fast zehn Jahre alten Track zu nehmen, auf dem einer dieser Oldschooler von Seelenwanderung und "Stimulations-Ionen" redet, und den prollig-protzigsten Track der eigenen Diskographie dahinterzuklemmen? Wenn also überhaupt ein Grund dahintersteckte, die Hörer vor dem Werfen von Fünfzigern den Groove spüren zu lassen, dann einfach um klarzumachen, dass Sido daraus längst seinen ganz eigenen Groove gemacht hat.
Aber Sido wäre nicht Sido, wenn das alles natürlich von vorn bis hinten mit einem ganz großen Augenzwinkern abgelaufen wäre. In den Folgejahren gab es Features und anderweitigen Support von und mit Rene und nie wirklich böses Blut. Fast ein wenig so, als wäre die damalige Gallionsfigur der neuen, harten Rapszene der verhassten Oldschool in Wahrheit gar nicht so unähnlich.
(Daniel Fersch)
(Grafik von Daniel Fersch)