"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Wenn ich all die Releases aufzählen müsste, die in meiner Jugend einen großen Einfluss auf mich hatten, dann wäre die "Kindskopf EP" von 3Plusss wohl auch auf der Liste. Sie hat mich begleitet, während ich aufs Abitur zugesteuert bin und das Gefühl hatte, dass mich zu viele Baustellen auf einmal zu erschlagen drohen.
Auf ein paar Tracks hört man den 3Plusss aus seiner VBT-Zeit, der mit einer lustigen Line nach der anderen durchgehend unterhält. Auf den weiteren Songs beschäftigt sich der Rapper mit Themen, die mich damals als Jugendlicher wahnsinnig gemacht haben. Dazu gehörten der oftmals problematische Umgang mit Geld oder einfach das Erwachsenwerden an sich – ganz nach dem Motto: "Scheiß aufs Erwachsen sein in jeglicher Weise!" Die EP gab mir das Gefühl, dass ich nicht der Einzige bin, der Probleme mit seinen Verpflichtungen hat und sie am liebsten einfach beiseiteschieben würde. Ein weiterer dicker Plussspunkt ist das Setting, welches beim Hören in meinem Kopf erzeugt wird. Es entsteht der Eindruck, dass 3Plusss mit einer Flasche Bier in seinem Wohnzimmer steht, die Tracks einrappt und zwischendrin mit seinem Kollegen Sorgenkind rumalbert. Das Endprodukt kommt dadurch lässig und unverkrampft rüber und geht deswegen auch so gut ins Ohr. Allgemein ist bei mir besonders die flapsige und humorvolle Art hängengeblieben, mit der der Essener auf der EP unterwegs ist – typisch "Kindskopf" halt.
3Plusss erzählte neulich in unserem Interview, dass er seine alte Musik selbst nicht mehr hören könne. Das kann ich ein Stück weit auch verstehen, wenn man sich anschaut, in was für eine Richtung er sich als Rapper entwickelt hat. Ich selbst komme immer wieder gerne zu diesem kurzweiligen Release zurück, weil es mich an eine unglaublich prägende Zeit in meinem Leben erinnert. Diese EP hat mich damals nicht nur musikalisch abgeholt, sondern auch ein Stück weit getragen und beruhigt.
(Moritz Friedenberg)