Es ist kalt, es ist grau, es gibt immer noch Corona. Die ideale Zeit also, um Tag für Tag bei unserem Adventskalender mitzufiebern. Wieder werfen wir einen Blick zurück auf die letzten 24 Jahre: Welche Meilensteine gab es? Welche Momente sorgten dafür, dass deutscher Rap einflussreicher wurde denn je? Weil uns Alben zu einfach sind (und wir sie schon hatten, siehe hier), haben wir uns dieses Jahr drangemacht und den jeweils einen Track gesucht, der die Szene über sein Erscheinungsjahr hinaus entscheidend geprägt hat. Jeden Tag stellen wir Euch somit – angefangen 1997 – einen Song vor, der entweder durch seinen Sound, seinen Inhalt oder seine Form unserem Lieblingsgenre seinen Stempel aufgedrückt hat.
2014: Shindy – JFK
Jackson, Jordan, Schindler, Schumacher.
Ich bin King so wie Mufasa.
Im Jahr 2014 war unter anderem "FVCKB!TCHE$GETMONE¥" von Shindy eines der meist erwarteten Alben. Schon mit dem Vorgänger "NWA" etablierte er eine Dekadenz und Leichtigkeit, welche man sonst nur von amerikanischen Artists wie Drake gewohnt war. Als im Vorhinein zu "FVCKB!TCHE$GETMONE¥" das Split-Video zu "JFK/Safe" rauskam, wurde der ohnehin riesige Hype noch mal um einiges größer. Besonders wegen des ersten Songs.
Dieser schlug sofort ein wie eine Bombe. Die Rhodes- und Horn-Samples wirken anregend und gleichzeitig entspannend, während die Drums zum Kopfnicken einladen. Leider findet sich auf dem Album eine andere Version mit einem Club-lastigeren Beat. Heute lässt sich die Videoversion des Tracks auf keinem offiziellen Kanal mehr finden, was wirklich schade ist, denn das Instrumental und die Vocals haben perfekt zusammengepasst. Shindy flowt auf "JFK" sehr stringent, ohne jedoch auch nur einen Funken Hektik aufkommen zu lassen, und rappt routiniert über quasi jedes erdenkliche Statussymbol. Von der Edel-Karosse über Designerkleidung bis hin zu unzähligen Gespielinnen wird hier inhaltlich der kompromisslose Hedonismus auf die Spitze getrieben. Sein erst ein Monat später erscheinendes Album wird auf "JFK" sogar schon zum Klassiker stilisiert – was es dann auch wurde, denn seine Detailverliebtheit und Arroganz sollten Nachahmer in der gesamten HipHop-Szene finden. So rappt er zurecht am Ende des ersten Parts: "Mein Album is' so classic, druck das Cover auf Papyrus!"
Auch wenn Shindy gerade bei "FVCKB!TCHE$GETMONE¥" viel Kritik bezüglich der Nähe zu amerikanischen Vorbildern einstecken musste, ist dieses Album für viele sein Opus Magnum. Verständlich, wenn man bedenkt, wie viel Finesse in der auf den ersten Blick doch sehr sexistischen und oberflächlichen Musik liegt. Nicht umsonst erreichte das Album Goldstatus und Platz eins der Charts in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Den Startschuss zu diesem Erfolg setzte "JFK".
(Nico Maturo)
(Grafik von Daniel Fersch)