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High Five

High Five: 09 /​ 19 – mit u.a. D-​Bo, Dexter & SSIO

"High Five" prä­sen­tiert Euch anhand der Kate­go­rien State­ment, Video, Song, Instru­men­tal und Line, was die MZEE​.com Redak­ti­on im letz­ten Monat in Sachen Deutschrap beson­ders gefei­ert hat. Die­ses Mal u.a. mit D-​Bo, Dex­ter und SSIO.

Der Deutschrap­zir­kus ist ein umtrie­bi­ger Schau­platz. Zwi­schen all den Pro­mo­pha­sen und Album­ver­öf­fent­li­chun­gen kann man schon ein­mal den Blick fürs Detail ver­lie­ren. Des­halb stel­len wir jeden Monat an die­ser Stel­le die klei­nen, fei­nen High­lights vor, die abseits des Album-​Korsetts Beach­tung ver­die­nen. In den Kate­go­rien State­ment, Video, Song, Instru­men­tal und Line prä­sen­tie­ren unse­re Redak­teu­re hand­ver­le­se­ne Schmuck­stü­cke. Egal, ob nun ein beson­ders per­sön­li­cher Bezug, eine wich­ti­ge Mes­sa­ge oder ein run­des musi­ka­li­sches Gesamt­pa­ket den Anlass bie­ten. Hier wird ein tie­fer Ein­blick in ein­zel­ne Facet­ten der Rap­welt gebo­ten. Fünf Höhe­punk­te – klatscht in die Hän­de für unse­re "High Five"!

 

State­ment: D-Bo

Die Sache mit einer Kul­tur als Sprach­rohr zum Anpran­gern gesell­schaft­li­cher Miss­stän­de ist in Bezug auf Rap ja nur noch bedingt rele­vant. Kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit rea­len Pro­ble­men wei­chen immer öfter rei­ner Unter­hal­tung. Wofür gerappt wird, ist längst nicht mehr so ent­schei­dend wie die damit erziel­te Chart­plat­zie­rung. Kein Wun­der, dass Rap sich hier­zu­lan­de daher auch ver­hält­nis­mä­ßig dürf­tig mit dem Kli­ma­schutz befasst und wei­te Tei­le der Gesell­schaft in Igno­ranz ver­sump­fen. Glück­li­cher­wei­se gibt es da drau­ßen nach wie vor eini­ge, denen die Umwelt am Her­zen liegt und die sich für sie ein­set­zen – als Künst­ler wie als Pri­vat­per­son. Stell­ver­tre­tend für alle im Dunst­kreis unse­rer Sze­ne, die sich für Fri­days for Future im Spe­zi­el­len oder den Umwelt­schutz all­ge­mein in irgend­ei­ner Form enga­gie­ren, soll hier D-​Bo genannt wer­den. Als Künst­ler nicht mehr son­der­lich aktiv, infor­miert er sei­ne Fol­lower auf Face­book nach wie vor über alles rund um sein Label und bespricht The­men, die ihn pri­vat beschäf­ti­gen. Vor Kur­zem rief er im Zuge des­sen nicht nur dazu auf, sich den FFF-​Streiks anzu­schlie­ßen, er dis­ku­tier­te zudem noch mit einem Groß­teil der Kommentar-​Schreiber – unab­hän­gig davon, ob die­se dem Gan­zen gegen­über posi­tiv oder nega­tiv ein­ge­stellt waren. Bei allem, was in der deut­schen Rap­sze­ne schief­läuft, tut es immer wie­der gut, wenn man mit­er­le­ben darf, dass nicht die kom­plet­te Sze­ne ihren mora­li­schen Kom­pass und die Fähig­keit zum Dis­kurs ver­lo­ren hat. Schließ­lich waren das irgend­wann mal die Aspek­te, die Hip­Hop aus­ge­macht haben.

 

SSIO - HASH HASH (Offi­ci­al Video)

Video: SSIO – Hash Hash

SSIO ist end­lich zurück! Und mit im Gepäck hat er nicht nur die ers­te Sin­gle sei­nes neu­en Albums, son­dern auch direkt ein Video dazu. Wenn wir ehr­lich sind, ist es eigent­lich nichts Her­aus­ra­gen­des. Ein glit­zern­der Lam­bor­ghi­ni, SSIO post vor diver­sen Schau­plät­zen und eini­gen leicht beklei­de­ten Frau­en. Was die Visua­li­sie­rung durch die EASY­doe­sit-Leu­te aber so gut macht, ist der Vor­spann und spä­ter die klei­nen SSIO-typi­schen Gags. So nimmt die Unter­hal­tung zwi­schen Xatar und sei­nem Label-​Zugpferd etwa gekonnt den Dis­put um die ande­ren AoN-​Künstler Mero und Eno auf die Schip­pe. Und als wäre das nicht genug, flie­ßen auch die lan­ge Abwe­sen­heit des Bon­ners mit der gro­ßen Nase und etwa sei­ne Vor­lie­be für "dicke­re Frau­en" mehr oder weni­ger offen­sicht­lich sowie selbst­iro­nisch als Gags mit ein. Kurz­um ist es am Ende der gewohn­te SSIBIO-Humor, der das Video trotz des sonst eher alt­be­kann­ten Set­tings so unter­halt­sam und sehens­wert macht.

 

KUMMER - Bei Dir (offi­ci­al video)

Song: KUMMER – Bei Dir

Es gibt wohl wenig leich­te­re Din­ge, als einen kal­ku­lier­ten, mit Kli­schees bela­de­nen und dem­entspre­chend schlech­ten Lie­bes­song zu schrei­ben. Dies haben schon eini­ge Rap­per unter Beweis gestellt. Was einem sol­chen Track aller­dings zu Qua­li­tät ver­hel­fen kann, sind Humor, ein aus­ge­fal­le­nes Kon­zept oder schlicht und ergrei­fend Ehr­lich­keit, die von Her­zen kommt. Auf die­ses Rezept ver­traut KUMMER auf "Bei Dir". Zunächst schil­dert er eine Ver­si­on sei­ner Per­son aus der Ver­gan­gen­heit, die er selbst nicht so recht lei­den kann. Dann jedoch erklärt er, wie er sei­ne nega­ti­ven Cha­rak­ter­zü­ge mit­hil­fe des Men­schens, an den der Song gerich­tet ist, erken­nen bezie­hungs­wei­se able­gen konn­te. Ein Kom­pli­ment zu machen, ist leicht. Ein wert­vol­les, ehr­li­ches Kom­pli­ment zu machen, kann schwer sein. Jeman­dem zu sagen, dass er einen dazu anregt, ein bes­se­rer Mensch zu wer­den, ist wohl das schöns­te Zuge­ständ­nis, das man machen kann. Damit ver­dient sich KUMMER bei uns den Song des Monats.

 

Fato­ni feat. Edgar Was­ser – Noce­bo­gang (prod. Dexter)

Instru­men­tal: Fato­ni – Noce­bo­gang feat. Edgar Was­ser (prod. by Dexter)

Mit dem Track "Noce­bo­gang" knüp­fen Fato­ni und Edgar Was­ser an ihr sechs Jah­re altes Album "Noce­bo" an und las­sen die alte Kol­l­abo noch mal auf­le­ben. Neu in der Gang ist Dex­ter – Pro­du­zent und Rap­per – der sich der schwe­ren Auf­ga­be stellt, das Erbe eines Underground-​Klassikers wei­ter­zu­tra­gen. Der Stutt­gar­ter bleibt gewohnt ver­siert und lie­fert ein Instru­men­tal mit Rhodes-​Akkorden des klas­si­schen Jazz-​E-​Pianos, die den Track bestim­men und atmo­sphä­risch an "Nicht jetzt" vom gemein­sa­men Album "Noce­bo" aus dem Jah­re 2013 erin­nern. Aller­dings schaf­fen die Drums mehr Dyna­mik, sodass die bei­den Rap­per in alter Manier die Sze­ne fron­ten und AfD-​Dullies trig­gern. Dex­ter hebt die "Noce­bo­gang" mit dem pas­sen­den Beat auf das nächs­te Level und weckt Sehn­süch­te: Fato­ni, Edgar Was­ser, Dex­ter auf einem zwei­ten Teil von "Noce­bo".

 

OG Kee­mo - 216 (prod. by Funk­va­ter Frank)

Line: OG Kee­mo – 216

Doch paar aus unser'n Rei­hen tun, als ob ein Kampf nix bringt.
Lass mich euch erin­nern, denn ein gro­ßer Teil ist lan­ge blind.

Seit 2017 lie­fert das Zwei­er­ge­spann OG Kee­mo und Funk­va­ter Frank kon­se­quent einen Ban­ger nach dem ande­ren. Am beein­dru­ckends­ten ist dabei vor allem OG Kee­mos Wand­lungs­fä­hig­keit. Über­zeug­te der Mann­hei­mer in der Ver­gan­gen­heit vor allem mit batt­le­las­ti­gem Trap und locke­rem Boom bap, wird er auf sei­ner neu­en Sin­gle "216" über­ra­schend ernst und poli­tisch. Das ZONKEYMOBB-​Mitglied besinnt sich dar­in auf sei­ne afri­ka­ni­sche Her­kunft und beschreibt die Pro­ble­me, die die­ses Erbe mit sich bringt. Er rich­tet sich daher auf dem Track gegen Poli­zei­ge­walt und spricht The­men wie Racial Pro­fil­ing an. Aber nicht nur das: Er feu­ert auch gegen all die­je­ni­gen, die sei­ne Haut­far­be tei­len und mit Anpas­sung und Unter­wür­fig­keit ihre Kul­tur auf­ge­ben, um nicht auf­zu­fal­len. Mit Lines wie die­ser schärft Kee­mo den Blick für das Wesent­li­che und macht deut­lich, dass Ras­sis­mus auch in Deutsch­land immer noch ein Pro­blem ist, dem man ent­schie­den ent­ge­gen­tre­ten sollte.

(Dani­el Fersch, Lukas Päck­ert, Micha­el Coll­ins, Jakob Zim­mer­mann, Tho­mas Linder)
(Gra­fik von Puffy Pun­ch­li­nes, Foto von insta​gram​.com/​d​b​o37)