Denn dort – zwischen Neubauplatte und Spielothek …
Vergießt man seinen Kräuterschnaps nur aus Pietät.
Morlockk Dilemma ist ohne Zweifel einer der kreativsten Köpfe der Szene. Auf seiner neuen Platte "Herzbube" nimmt er den Hörer mit in eine "düstere, aber trotzdem bunte Welt", in der gerne mal das Glas gehoben wird. Doch neben Schnaps in urigen Spielunken hat das Release noch einiges mehr zu bieten.
Zu Beginn des Albums wird der trinkfeste "Herzbube" erst einmal vorgestellt. Morlockk liefert eine präzise Charakterisierung seiner Kunstfigur, die man zusammengefasst als sympathischen Draufgänger bezeichnen könnte. Das Instrumental zu "Du solltest ihn siezen" festigt das Bild vom charmanten Trunkenbold, welches im Kopf des Hörers entsteht, noch zusätzlich und schafft durch die eher soulige Samplewahl die passende Atmosphäre. Dieser Sound durchzieht nahezu alle Beats der Platte. Mit gewohnt spektakulärem Flow rappt Dilemma Geschichten aus dem Alltag des Herzbuben: Kneipenszenarien inklusive Schlägereien, das Leben in der Platte und die Eroberung von Frauen. Man verfolgt Track für Track wie die Folgen einer Serie und fragt sich, was dieser "Teufelskerl" wohl als Nächstes erlebt. Gekonnt wird auch der ein oder andere vergangene Track in den Texten aufgegriffen oder der Stieber Twin, der als Producer den Outrobeat beisteuert, angeteasert. Auch wenn die Tracks nicht nur von den fröhlichen Momenten des Trunkenbold-Daseins handeln und sich ebenso tragische Geschehnisse einreihen, so schwingt doch immer eine gewisse Leichtigkeit mit. Denn Morlockk schafft es wieder und wieder, den düsteren Momenten durch eine gewisse Portion Humor und Charme die Schwere zu nehmen.
Dilemma ist nicht nur der "Herzbube", er nimmt den Hörer auch mit auf Kneipentour. Durch die lebhaften Texte fühlt man sich, als sitze man am Nachbartisch. Am Ende des Albums ist es wie mit einer durchzechten Nacht: Alles erscheint so unwirklich und doch könnte es passiert sein. Vor allem ist man aber traurig, dass sie vorüber ist – genauso wie bei dieser Platte.
(Dzermana Schönhaber)