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Kritik

Fettes Brot – Lovestory

"Für mich bin ich nicht nur hübsch. Ich bin mehr für mich – ich lie­be mich." – Hier fin­det Ihr ab sofort die Kri­tik zum aktu­el­lem Release von Fet­tes Brot, "Love­sto­ry", aus den Rei­hen der MZEE​.com Redaktion.

Für mich bin ich nicht nur hübsch.
Ich bin mehr für mich – ich lie­be mich.

Irgend­wann wird auch das fri­sches­te Brot alt. Es wird hart, tro­cken und eig­net sich höchs­tens noch zum Füt­tern von Enten – wovon der Tier­schutz übri­gens abrät! Doch was für die meis­ten Back­wa­ren nach spä­tes­tens drei Tagen gilt, scheint bei die­ser nord­deut­schen Spe­zia­li­tät auch nach fast 30 Jah­ren nicht der Fall zu sein. Viel­leicht liegt es an der "nor­di­schen Natu­re", am hohen Fett­an­teil oder schlicht dar­an, dass die Lie­be jung hält: Fet­tes Brot – eine "Love­sto­ry".

So han­delt das nun­mehr neun­te Stu­dio­al­bum von Dr. Renz, König Boris und Björn Beton vom rie­sen­gro­ßen Mikro­kos­mos des Herz­klop­fens: ob instagram'sche Ego­zen­trik, uner­füll­te "Was hät­te sein können?"-Fantasie oder rost­freie Roman­tik des alten Eisens – Lie­be in all ihren For­men. Selbst die unan­ge­neh­men Sei­ten wer­den dabei nicht aus­ge­las­sen. Man schraubt – unge­wohnt uniro­nisch – den gesell­schaft­li­chen Rechts­ruck auf das Zwi­schen­mensch­li­che her­un­ter, blickt hin­ter die schö­ne Fas­sa­de einer wacke­li­gen Bezie­hung und ver­folgt die gleich­ge­schlecht­li­che Lie­be im Wan­del der Zeit. Gera­de Letz­te­res ver­deut­licht aber auch das größ­te Man­ko des Albums. Denn in der pop­pi­gen Traum­welt des Tri­os scheint Homo­pho­bie kein All­tags­pro­blem mehr zu sein. So bleibt auf "Love­sto­ry" alles fluffig-​euphorisch und vor allem leicht kon­su­mier­bar. Die Album gewor­de­ne Sorg­lo­sig­keit, die trotz der Aus­flü­ge ins Gesell­schafts­kri­ti­sche doch lie­ber in der Bana­li­tät der Pop­bran­che zu Hau­se bleibt – bei Inhalt wie Sound.

Fet­tes Brot besticht Schei­be um Schei­be durch viel­schich­ti­gen Geschmack und prä­sen­tiert auf "Love­sto­ry" facet­ten­rei­che Aro­ma­wel­ten, die letzt­lich aber lei­der vom anbie­dern­den Ein­heits­brei über­tüncht wer­den. Trotz inhalt­li­cher High­lights, die auch im gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Kon­text wich­tig sind, bleibt am Ende "nur" ein Brot, dass sich zwar erstaun­lich lan­ge gehal­ten hat, dadurch aber nicht zwangs­läu­fig bes­ser wurde.

(Dani­el Fersch)