John Known – John Doe
Vergesse mich selbst, doch niemals, wer ich bin.
Ich schließ' meine Augen – sie sind lange blind.
Der Hamburger John Known ist in den letzten Jahren durch die Episoden seiner "S01"-EP-Reihe aufgefallen, auf denen er sich in verschiedenen Stilen von klassischem Boom bap bis hin zu Trap und Autotone ausprobierte. Nun zeigt er erstmals auf Albumlänge, wie diese unterschiedlichen Richtungen zusammen seinen eigenen Sound formen sollen.
"John Doe" steht für das unbekannte Alter Ego des Künstlers, was bereits im Intro angedeutet wird. Nicht nur inhaltlich wird versucht, dieses zu ergründen, sondern durch die ineinander übergehenden Stile findet auch auf musikalischer Ebene eine Art Reise statt. Dabei liegt durchgehend ein leicht psychedelischer Vibe in der Luft. Während auf "DMs" zu Beginn des Albums noch klassisch gerappt wird, kann das Outro am besten als traplastiger Gesang beschrieben werden. Inhaltlich gibt es überwiegend nicht die oberflächlichen Standard-Themen wie Frauen, Geld und Drogen zu hören, sondern auch viel Persönliches. Das Spannende dabei ist, dass durch das "John Doe"-Element nie ganz klar wird, was genau der Rapper ausdrücken möchte. Stattdessen wird viel Spielraum für Interpretation gelassen. "Alles wegen dir" ist hierfür wohl das beste Beispiel: Der Track kann sowohl als Rückblick auf eine Beziehung gedeutet werden, als auch den Zwiespalt zwischen den beiden Persönlichkeiten des Interpreten beschreiben. Die Songs "bisnichmehrgeht" und "Schlagobers & Blut" allerdings klingen verglichen mit dem Rest des Albums wenig einzigartig. Das trübt zwar den sonst positiven Eindruck etwas, wiegt aber nicht sonderlich schwer.
"John Doe" ist eine Platte, die durch Trapflows und experimentelle Beats besticht. Insbesondere regt sie den Hörer an einigen Stellen durch das Auseinandersetzen mit dem anderen Ich zum Nachdenken über sich selbst an. Es kann sich also lohnen, das Schaffen von John Known weiterhin im Auge zu behalten.
(Michael Collins)