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Reportage

DLTLLY Title-​Match – Der Champ

Ein jähr­li­ches High­light der Battlerap-​Plattform Don't Let The Label Label You ist das Title-​Match. Im Dezem­ber 2018 konn­te Yaram­bo den Gür­tel an sich rei­ßen und wur­de somit der Cham­pi­on der Liga.

Dass Batt­ler­ap mitt­ler­wei­le kei­ne klei­ne Nische mehr ist wie noch vor 10 bis 15 Jah­ren, ist ver­mut­lich kein Geheim­nis. Die dama­li­ge Reich­wei­te war noch sehr über­schau­bar, als die ers­ten Freestyle-​Battles bei 1ON1 auf Beat oder die ers­ten geschrie­be­nen A cappella-​Parts bei Feu­er über Deutsch­land erschie­nen. Heut­zu­ta­ge gibt es meh­re­re Ligen in unter­schied­li­cher Grö­ße, die vie­len unbe­kann­ten Künst­lern eine Büh­ne bie­ten, um ihre Tex­te einer brei­te­ren Mas­se zu prä­sen­tie­ren. Wäh­rend Top­tier Take­over und Don't Let The Label Label You noch zu den grö­ße­ren Platt­for­men zäh­len, fas­sen mit Du und Dei­ne Lines, der Battlerap-​Bundesliga oder Is doch nur Rap auch klei­ne­re For­ma­te mitt­ler­wei­le Fuß in der Sze­ne. Eine Beson­der­heit bei DLTLLY ist das jähr­lich statt­fin­den­de Title-​Match, in dem ermit­telt wird, wer der Cham­pi­on die­ser Liga sein soll. Und seit dem letz­ten Kampf um den Titel zwei­felt wohl kaum mehr ein Battlerap-​Fan an der Aussage:

"Der Rap am Mitt­woch Men­de­res hat a cap­pel­la mies was drauf."

Ende 2018 kann der hung­ri­ge MC Yaram­bo beim "DIS­Sem­ber 3"-Event dem vor­her­ge­hen­den Cham­pi­on Nedal Nib des­sen Titel mit einem ein­deu­ti­gen Ergeb­nis abja­gen. Doch wie kommt es dazu, dass der kon­tro­ver­se Rap­per aus Bonn über­haupt erst gegen den zwei­ma­li­gen Titel­trä­ger antre­ten darf? Um es mit den Wor­ten eines der sie­ben Jud­ges zu sagen:

"… weil er die­ses Jahr ein­fach alle weg­ge­wixt hat."

 

Ers­te Run­de: Yarambo!

Yaram­bo fei­ert sein Debüt bei DLTLLY 2015 in Ber­lin gegen Zep­tah und kämpft sich nach sei­nem ers­ten Tri­umph immer wei­ter nach oben. Die Liga stellt ihm in regel­mä­ßi­gen Abstän­den mehr oder weni­ger rou­ti­nier­te MCs gegen­über. Doch zu Beginn gelingt es kei­nem, dem selbst­er­nann­ten "Cop­kil­ler" das Was­ser zu rei­chen. Weder Mave oder Indoor Stan noch Fabi­ga schaf­fen es, ihn in sei­ne Schran­ken zu wei­sen. Obwohl die Sie­ge nicht immer ein­deu­tig sind, geht der jun­ge Mann aus Bonn sehr zügig sei­nen Weg nach vor­ne. Der Stil aus fre­chem Humor, ver­rück­ten Wort­spie­len und einer Men­ge frag­wür­di­ger Lines ver­schaf­fen ihm schnell einen Namen. Aber nicht nur bei DLTLLY erzielt Yaram­bo zu die­ser Zeit ers­te Erfol­ge. Auch in der Batt­le­ma­nia Cham­pi­ons­le­ague (BMCL), der ehe­ma­li­gen A cappella-​Plattform von Rap am Mitt­woch, erhält er die Mög­lich­keit, in Erschei­nung zu tre­ten und sich sei­ne Lor­bee­ren zu ver­die­nen. In sei­nem ers­ten Match gegen den New­co­mer Gugo behält er nur knapp die Ober­hand. Doch bereits in der nächs­ten Begeg­nung mit Bar­ra­cu­da kann "Bonn's Most Wan­ted" zei­gen, was in ihm steckt. Dass Yaram­bo sich selbst in sei­ner Catch­phra­se auch den "Rap am Mitt­woch Men­de­res" nennt, liegt nicht etwa dar­an, dass sei­ne ers­ten Schrit­te in der BMCL nicht von Erfolg gekrönt wären. Die Zei­le rührt daher, dass er sich in den Freestyle-​Runden nie bis zum King-​Titel durch­schla­gen kann. Dafür macht er sich in eben­die­sen Vor­run­den erneut durch einen sehr bedenk­li­chen Free­style einen Namen:

"… Faust oder Ficker – Ben, wie­so bekomm' ich eigent­lich immer 'nen Ni**a?"

Die Line ist dem dama­li­gen For­mat ein­deu­tig zu extrem, sodass sie gar zen­siert wird. Doch das Inter­net und beson­ders die Rap-​Community ver­ges­sen nicht.

 

Ers­te Niederlagen

Kon­tro­ver­se Lines und Sche­mes gel­ten oft­mals als Garant für eine Reak­ti­on, einen Auf­schrei oder einen anstän­di­gen Lacher in der Men­ge. Dass die­se Stra­te­gie aller­dings auch eine Kehr­sei­te hat, beweist in Ber­lin der damals vie­len noch unbe­kann­te Clep­to­ma­tic. Die­ser berei­tet der Sie­ges­se­rie von Yaram­bo näm­lich ein plötz­li­ches Ende, indem er des­sen eige­ne Tex­te gegen ihn ver­wen­det. Dadurch ver­leiht er dem Künst­ler ein Image, wel­ches ihm eben­so stark anhaf­tet, wie es ver­hasst ist: das eines rechts­extre­men Pädo­phi­len. Yaram­bo ver­liert die­ses Match mit einem ein­deu­ti­gen 5:0 und ver­lässt Ber­lin mit sei­ner ers­ten Nie­der­la­ge. Die­se soll aller­dings nicht die letz­te sein. Sei­ne grenz­über­schrei­ten­den Lines erschwe­ren ihm nicht nur im Kreis bei DLTLLY oft­mals die Per­for­mance. Auch in der BMCL schei­tert er gegen Notyz­ze am Ende an sei­nen eige­nen Zeilen.

"… ich mach' die Füh­rer­po­se in der Syn­ago­ge …"

Notyz­ze nutzt die­sen Text in best­mög­li­cher Wei­se, lässt Yaram­bo als anti­se­mi­tisch daste­hen und trifft beson­ders auf die­ser Büh­ne mit jenem Ang­le ins Schwar­ze. (Anm. d. Red.: Der Host und Grün­der des For­mats Ben Salo­mo ist Jude.) Der Aus­schnitt an sich stammt aus dem Batt­le gegen Mars B., wel­ches Yaram­bo eben­falls knapp ver­liert – aller­dings auf­grund eini­ger Text­un­si­cher­hei­ten. Die regel­mä­ßi­gen Ver­haspler, "Slip-​Ups" und kur­zen "Stumb­ler" zie­hen sich bis dahin regel­mä­ßig durch sei­ne Run­den. Selbst eini­ge gute Leis­tun­gen im Tag-​Team mit unter­schied­li­chen Part­nern – wie sei­nem frü­he­ren Geg­ner Indoor Stand oder dem Luxem­bur­ger T-​Way – geben Yaram­bo nicht den gewünsch­ten Auf­schwung. Beson­ders das Batt­le mit Indoor Stan schei­tert dar­an, dass sich die bei­den nicht wie erhofft ergän­zen, son­dern sich eher gegen­sei­tig die Ener­gie neh­men. Gene­rell wirkt Yaram­bo zu die­ser Zeit weni­ger hung­rig und aggres­siv als sonst. Trotz eines knap­pen Sie­ges 2017 gegen Mer­lin beim "DIS­Sem­ber 2" in Ber­lin hat er laut eige­nen Anga­ben sei­nen Fokus ver­lo­ren. In einem Facebook-​Post im Febru­ar 2018 kün­digt er das kom­men­de Match gegen Davie Jones als sein letz­tes an. Doch genau die­ses Batt­le soll ihm den erhoff­ten Auf­stieg bescheren.

 

Level­sprung

Dass Yaram­bo seit Beginn sei­ner Kar­rie­re ein kras­ser Geg­ner ist, bei dem man mit einem Punchline-​Hagel rech­nen muss, ist kein Geheim­nis. Doch der "Rap am Mitt­woch Men­de­res" mau­sert sich in sei­nem Match gegen Davie Jones aus Mün­chen end­gül­tig zu einem der Bes­ten der Sze­ne. Mit Wit­zen, Wort­spie­len und Ver­glei­chen lässt er sei­nem Geg­ner drei Run­den lang kei­ne Ver­schnauf­pau­se und macht auch kei­nen Halt vor Belei­di­gun­gen bezüg­lich Davies Haut­far­be. Sein Auf­tre­ten, sei­ne Stim­me, die Atmo­sphä­re – all die­se Din­ge unter­stüt­zen zu jeder Zeit die noch mal kras­se­ren Pun­ch­li­nes, die er mit­samt sei­nes plum­pen Humors auf die nächs­te Stu­fe gebracht zu haben scheint. Die­se Ener­gie über­trägt sich letzt­end­lich auch auf das Publi­kum, wel­ches gebannt an sei­nen Lip­pen hängt. Die Leis­tung des Rap­pers ist der­ma­ßen stark und kon­tro­vers zugleich, dass sich sogar der dama­li­ge Titel­champ Nedal Nib fragt, ob man über die­se Lines über­haupt lachen darf. Yaram­bo selbst spricht in der letz­ten Run­de aus, was sich ver­mut­lich sowie­so schon jeder den­ken kann: Sein inne­rer Teu­fel wur­de wie­der­ge­fun­den und er hat Hun­ger – Hun­ger wie nie zuvor, denn er will den Gür­tel nach Bonn holen.

 

Yaram­bo vs Davie Jones⎪NRWeekend #2⎪Rap Battle⎪DLTLLY

 

Spä­tes­tens nach die­ser Begeg­nung wer­den die Rufe nach einem Title-​Match auch auf Face­book und You­Tube lau­ter, doch vor­erst steht für Yaram­bo ein ande­rer Geg­ner im Vor­der­grund. Denn sei­ne ers­te Nie­der­la­ge bei DLTLLY ist ihm immer noch ein Dorn im Auge. Des­we­gen gibt es zual­ler­erst ein Rematch gegen sei­nen ehe­ma­li­gen Geg­ner Clep, damals noch Clep­to­ma­tic. Dass die Stim­mung in Ham­burg zum Zer­rei­ßen gespannt ist, wenn die­se zwei Hoch­ka­rä­ter auf­ein­an­der­tref­fen, ist von Anfang an klar. Bei­de prä­sen­tie­ren ihre Parts und sich selbst makel­los. Yaram­bo mit Aggres­si­vi­tät und Aso­zia­li­tät und Clep mit durch­dach­ten Lines und atmo­sphä­ri­schen Angles. Ein Kopf-​an-​Kopf-​Rennen, bei dem letzt­end­lich nur zählt, wel­chen Style man mehr fei­ert. Doch auch die­ses Batt­le kann der Bon­ner für sich ent­schei­den und kün­digt gleich­zei­tig sei­nen Griff nach dem Titel an. Ein unjud­ged Match gegen Bong Teg­gy und zwei mehr als soli­de Leis­tun­gen im "Alpha Royale"-Turnier von Top­tier Take­over genü­gen Yaram­bo als Warm-​up, um schluss­end­lich gegen Nedal Nib in den Ring zu stei­gen. (Anm. d. Red.: TTT eröff­ne­te im Herbst 2018 gemein­sam mit Kol­le­gah ein Tur­nier namens "Alpha Royale".)

 

Title-​Match

Nach mehr als einem Jahr ist es Ende 2018 wie­der soweit und es wird in Ber­lin um den Titel gekämpft. Als Ein­stieg gibt es eine kur­ze, doch schö­ne Eröff­nung durch den Host der Liga Big Chief – unver­kenn­bar durch sein eben­so lau­tes wie sym­pa­thi­sches Organ. Selbst dem Publi­kum merkt man die ange­spann­te Atmo­sphä­re an, denn trotz meh­re­rer hoch­ka­rä­ti­ger Matches war­ten alle sehn­süch­tig auf das High­light des Abends. Bei­de MCs schen­ken sich über die gesam­te Run­den­zeit rein gar nichts. Und wie es in einem rich­tig guten Batt­le auch sein soll, wird kein The­ma aus­ge­las­sen, bleibt kein Aspekt unbe­rührt und kein Schwach­punkt des Gegen­übers unan­ge­tas­tet. Allen ist klar: Dies ist ein Match auf Augen­hö­he. Bei­de Rap­per bewei­sen mehr­fach, war­um sie es ver­dient haben, hier um die­sen Titel zu kämp­fen. Ent­ge­gen ande­rer Match-​Ups ist es in die­sem Fall kein "Clash of Styl­es", bei dem die Kon­tra­hen­ten kom­plett unter­schied­li­che Stil­mit­tel benut­zen. Bei­de Prot­ago­nis­ten sind für ihre aggres­si­ve Atti­tü­de, ihre direk­ten Stro­phen und ihre har­ten Pun­ch­li­nes bekannt. Auf der einen Sei­te steht der Her­aus­for­de­rer Yaram­bo und ver­sucht klar­zu­ma­chen, war­um er den Gür­tel mehr ver­dient als sein Geg­ner. Nedal Nib beweist auf der ande­ren Sei­te erneut, war­um er immer noch zu den Bes­ten der Sze­ne gehört und die­sen Titel nicht umsonst seit zwei Jah­ren inne­hat. Doch der Hun­ger des Her­aus­for­de­rers über­strahlt auch des­sen Deli­very und Atti­tu­de, wes­halb er einen klei­nen Vor­teil besitzt: Von Anfang an hat er die Crowd auf sei­ner Sei­te – und lässt sie in den kom­men­den Run­den auch nicht wie­der los. Nedal hat die stär­ke­ren Wort­spie­le, die durch­dach­te­ren Lines und somit auch die her­aus­ste­chen­de­ren Bars. Gleich­zei­tig sind sei­ne Angles ein­fach schon etwas aus­ge­lutscht und von vie­len vor­her­ge­hen­den Geg­nern bereits gebracht wor­den. Hin­zu kommt, dass Yaram­bo sämt­li­che Nazi- und Pädo­phi­len­li­nes in sei­nen Parts mehr als ele­gant auskontert.

"Nazi- und Pädo­li­nes – da muss ich 'nen Schul­ter­blick machen, denn das sind tote Win­kel."

In sei­ner drit­ten Run­de stellt Yaram­bo noch mal sei­ne eige­ne Lauf­bahn und die sei­nes Geg­ners gegen­über. Dadurch gelingt es ihm, deut­lich zu machen, dass sich Nedal im Schat­ten sei­nes erfolg­rei­chen Part­ners Migh­ty Mo einen Namen machen konn­te, wäh­rend er sich hin­ge­gen von unten nach oben kämp­fen muss­te. Des Wei­te­ren beweist Yaram­bo, dass er sei­nem Stil treu bleibt, indem er gleich zu Beginn eini­ge Zei­len über Nedals Mut­ter rappt. Natür­lich sehr gene­risch, doch gleich­zei­tig ver­deut­licht die­se Stra­te­gie, dass er immer noch der Glei­che ist wie zu Beginn sei­ner Kar­rie­re. Ein kur­zer Hin­weis in sei­ner drit­ten Run­de dar­auf, dass er bald Vater wird, ver­schafft ihm für eini­ge Fans und Jud­ges noch dazu den nöti­gen per­sön­li­chen Aspekt. Die­sen haben vie­le in sei­nen vor­her­ge­hen­den Batt­les ver­misst. Obwohl das kom­plet­te Match auf Augen­hö­he statt­fin­det, machen es eini­ge weni­ge Punk­te letzt­end­lich aus, dass Yaram­bo der neue King bei DLTLLY wird. Wäh­rend Tier­star, Drob Dyna­mic, Bri­an Dama­ge, SSYNIC und Falk von Team Rei­ben ihre Stim­me an Yaram­bo geben, erhält Nedal Nib die Punk­te von N'Antinein und Wolff. Das end­gül­ti­ge Ergeb­nis 5:2 spie­gelt somit das Batt­le sehr gut wie­der, wel­ches aus­schließ­lich von Prot­ago­nis­ten gejud­get wur­de, die bereits selbst in meh­re­ren A cappella-​Battles standen.

 

Yaram­bo VS Nedal Nib⎪🏆 TITLE-​MATCH 🏆⎪DIS­Sem­ber #3⎪Rap Battle⎪DLTLLY

 

Auch wenn es an die­sem Abend schein­bar das letz­te Mal sein soll, dass man den Satz aus dem Mun­de des neu­en Cham­pi­ons hört, bestrei­ten kann es nun defi­ni­tiv nie­mand mehr:

"Der Rap am Mitt­woch Men­de­res hat A cap­pel­la mies was drauf."

Bleibt abzu­war­ten, ob er den Titel auch wie ange­kün­digt mehr als nur ein­mal im Jahr ver­tei­di­gen wird.

 

Kunst­frei­heit?

Um sich ein kom­plet­tes Bild vom Cham­pi­on zu machen, reicht es nicht, nur sei­ne Erfol­ge und Stär­ken auf­zu­zei­gen. Auch die Kehr­sei­te der Medail­le – oder bes­ser gesagt des Gür­tels – soll­te beleuch­tet wer­den. In der Sze­ne hört man immer wie­der kri­ti­sche Kom­men­ta­re, die hin­ter­fra­gen, ob es für ein Title-​Match aus­reicht, ein­fach aso­zia­ler zu sein als sein Geg­ner. Hat Nedal Nib recht, wenn er sei­nem Gegen­über vorwirft:

"Kei­ne Kunst­frei­heit der Welt recht­fer­tigt, dass ein Wei­ßer zu 'nem Schwar­zen in 'nem Batt­le Ni**a sagt"?

Gren­zen zu über­schrei­ten, ist ein Stil­mit­tel im Rap, beson­ders im A cappella-​Match. Und Yaram­bo setzt in sei­ner gesam­ten Kar­rie­re mehr als nur sei­ne klei­ne Zehe über alle mög­li­chen Gren­zen. Er bekommt dafür aller­dings auch sei­ne Quit­tung und ver­liert durch die­se Angriffs­flä­che meh­re­re Batt­les. Im End­ef­fekt kann sich kein Künst­ler dar­auf aus­ru­hen, dass im Rap alles erlaubt ist. Denn abseits der Kunst bleibt hin­ter dem MC immer noch der Mensch an sich und die­ser muss für sei­ne Kunst­fi­gur gera­de­ste­hen. Somit muss jeder Prot­ago­nist selbst ent­schei­den, wie weit er als Rap­per gehen will und ob er sei­ne Tex­te in ers­ter Linie gegen­über sich selbst und im nächs­ten Schritt gegen­über sei­nem Umfeld ver­ant­wor­ten kann. Zumin­dest so viel sei gesagt: Yaram­bo hat den Titel bestimmt nicht wegen sei­ner kon­tro­ver­sen Inhal­te oder sei­ner grenz­über­schrei­ten­den Tex­te gewon­nen. Es ist viel­mehr sein Humor, sei­ne Ver­bin­dung zur Crowd, sei­ne Atti­tü­de und beson­ders sein Hun­ger und Wil­le, die ihn zum Cham­pi­on machen. Sei­ne kon­tro­ver­se Art hin­ge­gen ist eher das Stil­mit­tel, wel­ches dem Betrach­ter ins Auge sticht und somit sei­nen Geg­nern eine rie­si­ge Angriffs­flä­che bie­tet. Wie auch schon so häu­fig gesche­hen, könn­te man stun­den­lang über die­ses The­ma dis­ku­tie­ren und wür­de den­noch zu kei­nem Ergeb­nis kom­men. Die Haupt­fra­ge dreht sich im End­ef­fekt dar­um, ob es tat­säch­lich Wör­ter oder Aus­sa­gen gibt, die selbst in einem Rap­batt­le nichts ver­lo­ren haben. Darf man sich über bestimm­te Eth­ni­en oder Min­der­hei­ten nicht lus­tig machen oder die­se durch den Kakao zie­hen? Um es mit Yaram­bos eige­nen Wor­ten zu sagen:

"… Dis­kri­mi­nie­ren fängt für mich beim Igno­rie­ren an."

Doch Ras­sis­mus hat – wie über­all auf der Welt – auch im Batt­ler­ap nichts ver­lo­ren. Dem­entspre­chend wird der neue Champ ver­mut­lich immer wie­der auf sei­ne kon­tro­ver­se Wort­wahl redu­ziert wer­den, da er damit ein gefähr­li­ches Spiel betreibt. Beson­ders im Rap-​Genre sind die Gren­zen zwi­schen Kunst­frei­heit und Dis­kri­mi­nie­rung ver­schwin­dend gering. Einer­seits schwebt über jedem, der sich gewis­sen frag­wür­di­gen Begrif­fen oder Aus­sa­gen bedient, stets das Schwert des Damo­kles. Ande­rer­seits ist eine Zen­sur von man­chen Wör­tern nur kurz­fris­tig erfolg­reich. Auf lan­ge Sicht muss man das Pro­blem ganz­heit­lich betrach­ten und an der Wur­zel packen. Denn gera­de in der heu­ti­gen Zeit soll­te Ras­sis­mus kei­ne Büh­ne bekom­men – weder in der Poli­tik, im Sport oder in Wer­be­slo­gans, am Arbeits­platz und beim Stamm­tisch noch in der Musik.

(Schi­nie)
(Fotos: Smerrob)