Erdogan und ich sind sicher keine Friends.
Trotzdem sitz' ich mit Özil immer noch im gleichen Boot – nein, selben Benz.
Sein eigenes Ding machen. Etwas Neues schaffen. Sich von der breiten Masse abheben. Diesen Anspruch haben viele Künstler. Die Praxis zeigt allerdings häufig, dass Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklaffen. Bei Ebow ist das glücklicherweise aber nicht der Fall.
Zusammen mit ihrem Produzenten walter p99 arke$tra liefert sie auf "K4L" unkonventionellen Sound, der durch seine Andersartigkeit einen hohen Wiedererkennungswert besitzt. Die beiden werfen Old School, New School und R'n'B in einen Topf und rühren anschließend kräftig um. Was dabei herauskommt, ist auf der Deutschrap-Speisekarte nur selten zu finden. Ebow überzeugt vor allem durch ihre inhaltlich starken Lyrics, die – fernab des formatgerechten Einheitsbreis – ein vielfältiges Themenfeld behandeln. So setzt sie sich auf "Schmeck mein Blut" in feministischer Battlerap-Manier mit der Geschlechteridentität auseinander und macht sich im Track "Butterflies" für die queere Community stark. An anderer Stelle wiederum kritisiert sie – wie im Song "AMK" – alle "weiße[n] reiche[n] Jungs im Rap", die aus Image-Gründen auf "Kanake" machen und diese Kultur nur als "fucking Entertainment" wahrnehmen. Ein Highlight der Platte ist der Titeltrack. Die Rapperin spricht darin Missstände gegenüber dem Migranten-Milieu an und versucht, all denen eine Stimme zu geben, die mit tagtäglichem Rassismus und Vorurteilen konfrontiert werden. Immer wieder streut sie in ihre Lyrics den Satz "Kanak for Life" ein. Ein Satz, den sie wie einen Slogan verwendet, um damit den Zusammenhalt ihrer Peergroup zu beschwören und diese zu empowern.
Ebow richtet auf "K4L" ihre Worte an "alle Almans und Cis-Heten, die sich migrantische, nicht-weiße und queere Ästhetiken aneignen". Dabei fordert sie mit sozialkritischen Aussagen – unterstrichen durch einen rauen, unangepassten und gleichzeitig modernen Sound – mehr Respekt gegenüber migrantischem Rap. Das Resultat ist eine Verpackung, mit der eine politische Message so transportiert wird, dass sie beim Hörer ankommt.
(Thomas Linder)