Ich hab' ein neues Lieblingsland.
Es ist klein, aber fein. Komm vorbei – nach Shackitistan!
Wir befinden uns im Jahr 2019. Ganz Deutschrap ist von "Ja, ja, ja"- und "Le, le, le"-mumblenden Autotune-Rappern besetzt. Ganz Deutschrap? Nein! Ein von der unbeugsamen Nordachse bevölkertes Land hört nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten. Das Leben hier besteht aus hartem Boom bap, kompromisslosem Rap und guter, alter Berlin-Attitüde. Regiert wird das beschauliche Fleckchen Untergrund von niemand Geringerem als dem Namensgeber Shacke One – willkommen in "Shackitistan".
Und da er nicht nur Regierungsoberhaupt ist, sondern sich hier auch auskennt wie kein Zweiter, führt uns Shacke One direkt nach der "Ankunft" persönlich durch seine Ländereien. Die Gegend ist geprägt von scheppernden Drums und dumpfen Bässen der (Beat-)Baumeister Klaus Layer und Achim Funk. Sie beinhaltet mancherlei Samples und Cuts, die genug Platz bieten, sodass sich das shackitistanische Leben entfalten kann. Lauscht man den Einheimischen, stellt man fest, dass die Landessprache vor allem hart, ehrlich und durchsetzt von unterhaltsamen Punchlines und kreativen Wortspielen ist. Und auch, dass die Gürtellinie hierzulande eine offene Grenze zu sein scheint. Das Leben spiegelt sich bestens in den Landesfarben wieder: grauer Asphalt erleuchtet von Rot- und Blaulicht. Abseits dieser Straßendreifaltigkeit dreht sich alles um den Landessport Battlerap und das traditionsbewusste Hochhalten alter Werte im Angesicht der eingangs erwähnten Besatzer rund um "Shackitistan". Wer auf dieser Sightseeingtour – und allerspätestens bei der Abschiedszeremonie samt Aufmarsch des Nordachse-Militärs in Form von Morlockk Dilemma, G.G.B., Ivo, Tiger104er und MC Bomber – keine Freude erfährt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Am Ende eines unterhaltsamen Trips blickt man noch einmal zurück auf rohe, wilde Ländereien, grimmige, doch feierwütige Bewohner und altbewährte HipHop-Traditionen. Eingestaubt wirkt hier nichts davon – im Gegenteil: In "Shackitistan" beweist man, dass das Leben wie in der guten, alten Rapzeit auch im Jahr 2019 noch eine Reise wert sein kann.
(Daniel Fersch)