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Soundcheck

DJ Soundtrax

In der aktu­el­len Aus­ga­be unse­res Sound­checks stel­len wir Euch DJ Sound­trax mit Kurz­in­ter­view und Steck­brief vor.

Kaum eine Sze­ne hier­zu­lande scheint so facet­ten­reich zu sein wie die Deutschrap­szene. Wäh­rend es bereits jetzt schon fast unmög­lich erscheint, jeden ein­zel­nen, eta­blier­ten Ver­tre­ter zu ken­nen, steigt die Zahl neu­er, noch unbe­kann­ter Künst­ler expo­nen­ti­ell wei­ter an. Den Über­blick zu behal­ten, gleicht einer Her­ku­les­auf­gabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-​Hydra gemerkt, tau­chen schon wie­der min­des­tens zwei neue auf. Gleich­zei­tig ist es für unbe­kannte, jun­ge Talen­te über­aus schwer, aus der über­wäl­ti­gen­den Mas­se an Musi­kern her­aus­zu­tre­ten und sich einen Namen zu machen. 

Bei­den Sei­ten soll unser Sound­check eine Hil­fe­stel­lung bie­ten. Pro­du­cern, die bis­her noch in den Tie­fen des Unter­grunds unter­ge­gan­gen sind, eine Platt­form geben, auf der sie sich kurz, aber prä­gnant prä­sen­tie­ren kön­nen. Und Hörern und Fans ermög­li­chen, sich einen schnel­len Über­blick über nen­nens­werte Künst­ler zu ver­schaf­fen, die sie bis­her viel­leicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten. 

 

MZEE​.com: Auch wenn man im Inter­net theo­re­tisch Zugriff auf so jedes Sam­ple die­ser Welt hät­te, schwö­ren vie­le nach wie vor dar­auf, ihre Ver­satz­stü­cke direkt aus Vinyl zu holen. Was ist dir lieber?

DJ Soun­trax: Da gibt es für mich kei­ne ein­heit­li­che Regel. Am Ende muss der pro­du­zier­te Song gut klin­gen. Manch­mal sind Samples auf Plat­ten wesent­lich schlech­ter als von CD oder Sound­fi­le gepickt. Um genü­gend Ener­gie in den End­mix zu bekom­men, soll­te das Ursprungs-​Sample nicht zu sehr demo­liert sein. Das bedeu­tet nicht, dass jedes Rau­schen oder Knis­tern eines Vinyl-​Samples ent­fernt wer­den muss, im Gegen­teil. Es soll sti­lis­tisch ein­ge­setzt wer­den. Wenn die Stör­ge­räu­sche jedoch lau­ter sind als das Sam­ple an sich, grei­fe ich lie­ber auf digi­ta­le Sam­ple Files zurück. Abschlie­ßend fin­de ich, dass man die Mög­lich­kei­ten, die uns die digi­ta­le Ent­wick­lung gege­ben hat, auch ger­ne nut­zen darf.

MZEE​.com: Als Live DJ ver­sorgst du ja unter ande­rem Torch und Toni-​L mit Sounds. Aber mal ange­nom­men, du hät­test die kom­plett freie Wahl: Wel­chen Rap­per wür­dest du unbe­dingt ein­mal auf einem dei­ner Beats hören wol­len und warum? 

DJ Sound­trax: Abseits der 360° Crew wür­de ich ger­ne mal etwas für Mor­lockk Dilem­ma pro­du­zie­ren, da er für mich nicht nur als Rap­per her­aus­ra­gend ist, son­dern bei ihm das gesam­te Abbild des Künst­le­ri­schen zur Gel­tung kommt. Das fängt beim Picken der Samples an und hört irgend­wo bei den unfass­bar guten Artwork-​Designs auf. Mor­lockk ist live eine Wucht und schreibt sehr anspruchs­vol­le Tex­te. Bei ihm hat man stets das Gefühl, auf eine Rei­se mit­ge­nom­men zu wer­den und ist trau­rig, wenn die­se wie­der been­det ist.

MZEE​.com: Unbe­rappt ver­öf­fent­lichst du dei­ne Musik regel­mä­ßig auf Tapes. Denkst du denn, dass ein Producer-​Album den­sel­ben Stel­len­wert haben soll­te, wie das Album eines Rappers?

DJ Sound­trax: Nein, Beat-​Alben müs­sen im HipHop-​Bereich nicht zwangs­läu­fig den sel­ben Stel­len­wert genie­ßen wie Rap-​Alben. Beat-​Alben sind in der Regel für Nischen­grup­pen pro­du­ziert und das will auch so sein – anders als im elek­tro­ni­schen Bereich. Es ist den­noch schön zu sehen, dass es mitt­ler­wei­le sehr vie­le HipHop-​Beat Plat­ten gibt und man unter ande­rem auch durch Strea­ming­diens­te sei­ne Beats ganz ein­fach in vie­len Län­dern der Welt prä­sen­tie­ren kann. Der aktu­el­le Hype ist unfass­bar. Als Kind hät­te ich nicht gedacht, dass ich irgend­wann mei­ne eige­nen Plat­ten ver­öf­fent­li­che und dann sogar noch auf mei­nem eige­nen Label, "Brea­kin' All Records".

MZEE​.com: Hast du das Gefühl, dass Rap­per im All­ge­mei­nen die Arbeit ihrer Pro­du­cer und DJs zu schät­zen wissen?

DJ Sound­trax: Frü­her war das so, heu­te hat sich da eini­ges ver­än­dert, zumin­dest im Mainstream-​Sektor. Vie­le Rap­per heut­zu­ta­ge wis­sen nicht ein­mal, wel­che Auf­ga­ben, Skills und so wei­ter ein DJ mit­brin­gen soll­te. Man hört kaum noch Scrat­ching als Lead-​Instrument auf den Songs. Und auch auf Büh­nen spielt der DJ heu­te eher eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le. Manch­mal sehe ich gar kei­ne DJs mehr auf der Büh­ne und fra­ge mich: "Wo ist die Band?" Vie­le Rap­per ste­hen da mitt­ler­wei­le oft allei­ne und die Beats kom­men vom Smart­phone. In den Anfän­gen von Hip­Hop war das defi­ni­tiv anders, da war der DJ der Star und sein Ensem­ble hat sich um ihn her­um gebil­det. Ohne den DJ ging da gar nichts.

MZEE​.com: Und im Hin­blick auf die Medi­en? Bist du zufrie­den damit, wie Pro­du­zen­ten in der Deutschrap­sze­ne wahr­ge­nom­men werden?

DJ Sound­trax: Im Gesam­ten betrach­tet, berich­ten die HipHop-​Medien für mei­nen Geschmack zu sehr das Glei­che. Der Fokus liegt sel­ten auf der Kunst als sol­che, und das fin­de ich scha­de. Man hat momen­tan irgend­wie das Gefühl, dass Kif­fen wich­ti­ger ist als Rap­pen. Das hat für mich per­sön­lich zur Fol­ge, dass mich das Meis­te dann auch nicht mehr inter­es­siert und ich nur weni­ge Arti­kel lese. All­ge­mein wür­de ich mir wün­schen, dass mehr über wesent­li­che Din­ge, wie das Rap­pen, Pro­du­cer, Graf­fi­ti etc. berich­tet wird. Irgend­was, das die Bewe­gung, die Kul­tur von Hip­Hop wie­der mehr nach vor­ne bringt. Aber da bewe­gen wir uns wie­der zu sehr in der Nische und das ver­kauft ver­mut­lich weni­ger Ein­hei­ten, bezie­hungs­wei­se gene­riert es in die­sem Fall weni­ger Lese­rin­nen und Leser.

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(Dani­el Fersch & Lukas Päckert)
(Gra­fi­ken von Puffy Pun­ch­li­nes, Logo von KL52)

 

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