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Mic Check

Rask

In der aktu­el­len Aus­ga­be unse­res Mic Checks stel­len wir Euch Rask mit Kurz­in­ter­view, Steck­brief und Exclu­si­ve vor.

Kaum eine Sze­ne hier­zu­lande scheint so fa­cet­ten­reich zu sein wie die Deutschrap­sze­ne. Wäh­rend es be­reits jetzt schon fast un­mög­lich er­scheint, je­den ein­zel­nen, eta­blier­ten Ver­tre­ter zu ken­nen, steigt die Zahl neu­er, noch un­be­kann­ter Künst­ler ex­po­nen­ti­ell wei­ter an. Den Über­blick zu be­hal­ten, gleicht ei­ner Her­ku­les­auf­ga­be: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-​​Hydra ge­merkt, tau­chen schon wie­der min­des­tens zwei neue auf. Gleich­zei­tig ist es für un­be­kannte, jun­ge Talen­te über­aus schwer, aus der über­wäl­ti­gen­den Mas­se an Musi­kern her­aus­zu­tre­ten und sich ei­nen Namen zu machen. 

Bei­den Sei­ten soll un­ser Mic Check eine Hil­fe­stel­lung bie­ten. Rap­pern, die bis­her noch in den Tie­fen des Unter­grunds un­ter­ge­gan­gen sind, eine Platt­form ge­ben, auf der sie sich kurz, aber prä­gnant prä­sen­tie­ren kön­nen. Und Hörern und Fans er­mög­li­chen, sich ei­nen schnel­len Über­blick über nen­nens­werte Künst­ler zu ver­schaf­fen, die sie bis­her viel­leicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten. 

 

MZEE​.com: Wenn man bedenkt, dass du schon mit zwölf dei­ne ers­ten Rap­ver­su­che gemacht hast und inzwi­schen in den Drei­ßi­gern bist – was hat dich solan­ge abge­hal­ten, Songs zu veröffentlichen?

Rask: Ich bin sogar gar nicht mehr all­zu lan­ge in den Drei­ßi­gern … (lacht) Außer­dem ist es über­haupt nicht so, dass ich in der gan­zen Zeit nichts ver­öf­fent­licht habe. Über die Jah­re ver­teilt gab es diver­se Releases, die größ­ten­teils unterm Radar geflo­gen sind. Aber zurück zu mei­nen Anfän­gen: In den ers­ten Jah­ren lag mein Fokus vor allem dar­auf, live zu per­for­men. Es gab eine Zeit, in der ich jedes Wochen­en­de auf irgend­ei­ner Jam gefree­stylt habe. Erst spä­ter kamen das Pro­du­zie­ren und Auf­neh­men dazu. Ein Werk aus die­ser Zeit ist zum Bei­spiel mein "Headcrash"-Album von 2003, das es seit Kur­zem auch bei Spo­ti­fy und Co. gibt. Kurz dar­auf hat die Straßenrap-​Welle alles auf den Kopf gestellt und das Gesche­hen eine Zeit lang völ­lig domi­niert. Beats, Rei­me, Inhal­te, Ästhe­tik. Das hat mich null ange­spro­chen und so habe ich damals vor­über­ge­hend den Spaß am Musik­ma­chen ver­lo­ren. Par­al­lel dazu wur­den mit Mit­te 20 The­men wie Geld­ver­die­nen, Kar­rie­re, Fami­lie und so wei­ter wich­ti­ger. Eine gan­ze Wei­le habe ich nur noch zu Hau­se für mich Sachen gemacht. Doch in den letz­ten Jah­ren hat sich der Vibe kom­plett gedreht – Hip­Hop wur­de wie­der krea­ti­ver und viel­schich­ti­ger. Ins­be­son­de­re die Sze­ne in Köln hat mich extrem inspi­riert und in die­sem Umfeld habe ich auch wie­der Bock bekom­men, akti­ver zu wer­den. Future Rock, Torch und mein Homie Sound­trax  Brea­kin' All Records  haben mich dabei sup­port­et, "Mor­gen­tau" an den Start zu brin­gen. Jetzt bin ich sehr stolz, mit der EP ein ers­tes Lebens­zei­chen nach län­ge­rer Aus­zeit raus­zu­hau­en. Ich hof­fe, dass mich auf die­se Wei­se ein paar Leu­te wie­der auf den Schirm bekom­men bezie­hungs­wei­se neu ent­de­cken. Beson­ders glück­lich macht mich, dass die EP nicht nur digi­tal erschie­nen ist, son­dern es auch eine klei­ne Vinyl-​Auflage gibt. Down­load und Strea­ming hin oder her  für mich ist es immer noch das schöns­te For­mat mit der längs­ten Halbwertszeit.

MZEE​.com: Laut dei­nem Pres­se­text rappst du nicht nur, son­dern pro­du­zierst auch. Hast du dich denn gene­rell noch in ande­ren HipHop-​Disziplinen ver­sucht wie DJing oder Sprühen?

Rask: Klar! Ich bin in den 90ern mit Hip­Hop groß gewor­den. Wir waren fast jedes Wochen­en­de auf Jams unter­wegs und haben uns in einem Umfeld aus lau­ter Akti­vis­ten bewegt. Damals war's tat­säch­lich noch so, dass sich jeder – mal bes­ser, mal schlech­ter – in allen Dis­zi­pli­nen ver­sucht hat. B-​Boying habe ich immer bewun­dert und mir ger­ne ange­schaut. Ich habe das aber nie ernst­haft selbst ver­folgt, eben­so wie Graf­fi­ti. Am Ende hat mir dafür die­se Bomber-​Mentalität gefehlt, auch wenn ich eine Zeit lang sehr viel getaggt und gesketcht habe. Aus der Zeit stammt übri­gens noch der Name Rask. Abge­se­hen vom Rap­pen hat mich DJing eigent­lich immer am meis­ten fas­zi­niert. Den­noch bin ich dann rela­tiv früh Rich­tung Stu­dio abge­bo­gen, um an der MPC Samples zu schnei­den und näch­te­lang an Snare-​Sounds zu fei­len. Das lag mir ein­fach mehr, als vor Publi­kum im Club an den 1210ern die Par­ty zu rocken. Trotz­dem habe ich eine ziem­lich gro­ße Vinyl-​Sammlung und auch heu­te noch rie­si­gen Respekt vor den DJs – ohne die wür­de es den gan­zen Rap-​Zirkus in die­ser Form schließ­lich nicht geben. Wer weiß, viel­leicht fin­de ich irgend­wann mal Zeit, an mei­nen DJ-​Skills zu arbei­ten. Wäre schon geil, auch die eige­nen Cuts für mei­ne Songs zu machen.

MZEE​.com: Du scheinst aller­dings nicht gern über dei­ne eige­nen Beats zu rap­pen, wenn man sich die Produzenten-​Credits dei­ner EP so anschaut. Warum?

Rask: Ich rap­pe durch­aus ger­ne über eige­ne Beats. (schmun­zelt) Dass auf der EP kein Beat von mir gelan­det ist, ist tat­säch­lich dem Zufall geschul­det. Die vier Tracks haben vom Vibe her per­fekt zusam­men­ge­passt und ich woll­te nicht um jeden Preis noch mehr Songs dazu­pa­cken, nur damit noch ein Instru­men­tal von mir auf der EP ist. Weni­ger ist mehr! Abge­se­hen davon arbei­te ich auch ein­fach gern mit ande­ren Leu­ten zusam­men. Jeder hat – sei es durch das Equip­ment oder die musi­ka­li­sche Sozia­li­sa­ti­on – eine ande­re Her­an­ge­hens­wei­se an Beats. Im Aus­tausch pas­sie­ren Din­ge, die man allein so nie­mals machen wür­de. Auf mei­nem Album "Blät­ter­wald", das im Win­ter erschei­nen soll, wer­den eini­ge Beats von mir zu fin­den sein. Und auch bei den meis­ten "Blätterwald"-Instrumentals von ande­ren Pro­du­cern habe ich in irgend­ei­ner Form mit­ge­schraubt  hier noch eine Bass­li­ne pro­gram­miert, da noch ein Sam­ple ergänzt und so weiter.

MZEE​.com: Wie gehst du gene­rell an das Pro­du­zie­ren und ans Text­schrei­ben her­an? Woher nimmst du dei­ne Inspiration?

Rask: Frü­her habe ich auf irgend­wel­che Instru­men­tals geschrie­ben und dann im Nach­hin­ein ver­sucht, den Text auf den fina­len Beat anzu­pas­sen. Heu­te schrei­be ich lie­ber direkt auf den fina­len Beat und arran­gie­re ihn anschlie­ßend um die Vocals her­um. So bekom­me ich mehr Varia­ti­on in die Songs. Die Inspi­ra­ti­on für mei­ne Tex­te zie­he ich aus dem Leben in all sei­nen Facet­ten  von Highli­fe bis Abfuck. Ich lese viel, kom­me viel rum, schaue mir viel an und ver­ar­bei­te das, was mich beschäf­tigt, zu Songs. Vor allem mei­ne direk­te Umwelt lie­fert stän­dig neue Ein­drü­cke. Vom igno­ran­tes­ten Representer-​Track über Storyteller-​Tracks oder lus­ti­ge All­tags­be­ob­ach­tun­gen bis zur Ana­ly­se des mensch­li­chen Mit­ein­an­ders oder ver­kopf­ten The­men­songs habe ich in mei­ner Musik schon jede Men­ge Input ver­ar­bei­tet. Vie­les davon ist bis­lang unver­öf­fent­licht und wird es viel­leicht für immer blei­ben. Beim Tex­ten ist mir wich­tig – hier scheint mein 90s-​Background voll durch –, dass es geil geschrie­ben ist. Ich leg' nicht nur extrem viel Wert auf den Inhalt, son­dern auch dar­auf, wie die­ser rüber­ge­bracht wird: gei­le, ver­schach­tel­te Rei­me, aus­ge­fal­le­ne Wort­wahl, krea­ti­ve Ver­glei­che, Meta­phern, Atmo­sphä­re, Tie­fe, Viel­schich­tig­keit. Sicher auch ein Grund, wes­halb mein Out­put nicht sehr hoch ist. Beson­ders cool fin­de ich es, wenn ein Artist es schafft, einen Film zu erzeu­gen, der dich als Hörer auf eine Rei­se durch sein Bewusst­sein mit­nimmt. Da gibt's ja nur eine Hand­voll MCs, die die­ses Hand­werk per­fekt beherr­schen und die ich immer als Mess­lat­te für mei­ne Songs sehe.

MZEE​.com: Und zu guter Letzt: Wo soll es für dich mit der Musik noch hin­ge­hen, was sind dei­ne Ziele?

Rask: Ich bin Rea­list genug, dass ich nicht mehr dar­an glau­be, mit Rap noch mal kom­plett durch die Decke zu gehen: "Ihr habt lang genug gewar­tet, dass ein Album erscheint." Nee, nee, dafür bin ich ein­fach zu alt und abge­klärt. (lacht) Für mich ist das gan­ze Rap-​Ding eher eine gro­ße Lei­den­schaft. Dem­entspre­chend möch­te ich auch kei­ne Kom­pro­mis­se ein­ge­hen, um Erfolg bei einem mög­lichst gro­ßen Publi­kum zu haben. Wahr­schein­lich bin ich in die­sem Spiel ein­fach ein Typ, der sei­ne Lie­be zu Spra­che und krea­ti­ven Styl­es aus­lebt und die Zuhö­rer an sei­ner Gedan­ken­welt teil­ha­ben lässt. Ich hof­fe ein­fach, dass ich mit mei­ner Musik ein paar Leu­te errei­che, die genau die­sen Vibe füh­len und Bock auf zeit­lo­sen Sound mit eige­ner Note haben. Dane­ben erhof­fe ich mir natür­lich auch etwas mehr Auf­merk­sam­keit für mein Album "Blät­ter­wald". Das ist mein nächs­tes gro­ßes Pro­jekt, für das eben­falls wie­der eine Vinyl-​Auflage geplant ist. Danach sehen wir wei­ter, wo die Rei­se hin­geht. Ich habe auf jeden Fall schon ein paar Ideen in der Schub­la­de und bin mir sicher, dass ich noch sehr lan­ge Musik machen werde.

 

Ein Exclu­sive von Rask könnt Ihr Euch ab so­fort auf dem YouTube-​​​Channel von MZEE​.com ansehen:

Rask – Mikro­kos­mos feat. Der Noma­de (MZEE​.com Exclu­si­ve Audio)

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(Dani­el Fersch & Lukas Päckert)
(Gra­fi­ken von Puffy Pun­ch­li­nes, Logo von KL52)
(Fotos von Mir­ko Polo)

 

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