Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Soundcheck eine Hilfestellung bieten. Producern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: "Hallo. Ich bin OPEK. Ich mache Beats." – Kürzer als du in deiner Facebook-Info könnte man eine Vorstellung über sich selbst kaum halten. Mal angenommen, jemand wollte noch ein wenig mehr über deine Ursprünge als Producer erfahren: Wann und wie bist du HipHop erstmals begegnet?
OPEK: Mein Bruder ist zehn Jahre älter als ich und hat in seiner Schulzeit immer Gitarre eingespielt für seinen Homie Tobi aka Necrow Beats. Der hat Beats für Mr. Knight, Pillath und diese ganzen Nordkurve-Leute gemacht. Da hab' ich dann immer mal ein Tape oder eine CD gekriegt und fand es voll geil. Später hab' ich dann quasi beim Saufen im Park Weekend und Tesa kennengelernt, die schon ziemlich weit in Sachen Battlerap waren. Früher gab es nicht so viele Producer wie heute. Deswegen haben die mich dann in ihre Crew aufgenommen, weil ich grade angefangen hatte, Beats zu machen.
MZEE.com: Seit deinen Anfängen ist ja durchaus ein wenig Zeit vergangen und es sind einige Beats entstanden. Welcher ist dabei dein persönlicher Lieblingsbeat von dir selbst?
OPEK: Eigentlich immer der, den ich als Letztes gemacht habe. Viele alte Sachen hör' ich mir nicht mehr gerne an, weil einfach die ganze Zeit so viel passiert, was einen beeinflusst. Und man lernt natürlich auch die Geräte, mit denen man arbeitet, immer besser kennen, sodass man denkt: "Das würde ich jetzt ganz anders machen!" Am wichtigsten war für mich, glaub' ich, der Break von der Zeit vor meinem Jazz-Drums-Studium und danach. Über den Jazz habe ich einfach einen komplett anderen Blick aufs Musikmachen und die Möglichkeiten, die man auf musikalischer Ebene hat, bekommen. Mein Lieblingsbeat auf dem neuen Schlakks-Album "Indirekte Beleuchtung" ist zum Beispiel unter anderem "Murakami". Da saß ich einfach eine ganze Nacht am Keyboard, hab' mit mir selber gejammt und irgendwie ist das dabei rausgekommen. Ich weiß gar nicht mehr, was ich da gemacht habe, aber irgendwie ist es cool geworden. Das ist immer das Schönste.
MZEE.com: Deine Instrumentals tragen Namen wie "Kometwal", "Sarapsippists" oder "Rainy Maofackou" – wie genau kommst du auf solche Titel?
OPEK: Titel für Beats oder generell instrumentale Stücke zu finden, empfinde ich immer als schwierig, weil es ja mehr ein Gefühl oder eine Assoziation ist, die man von dem Beat bekommt. Zu diesen drei konkreten Beispielen: "Rainy Maofackou" habe ich einfach an einem sehr regnerischen Tag gemacht und der Sound hat dann dazu gepasst. "Serapsippists" habe ich so genannt, weil mir kurz vorher ein Freund erzählt hatte, dass "şarap" auf türkisch "Wein" heißt, und ich beim Produzieren Wein getrunken habe. Bei "Kometwal" hat mich der Sound am Anfang einfach an den Wal in "Per Anhalter durch die Galaxis" erinnert, der vom Himmel wie ein Komet auf einen Planeten knallt und dabei über den Sinn seines Lebens nachdenkt. Hammer Szene!
MZEE.com: Dass unter anderem die Jungs aus dem Krupplyn-Umfeld deine Arbeit wertschätzen, erkennt man nicht zuletzt an der OPEK-Hommage, die die Sidegeber Crew im letzten Jahr veröffentlicht hat. Hast du denn das Gefühl, dass Rapper im allgemeinen die Arbeit ihrer Producer zu schätzen wissen?
OPEK: Von den Rappern, mit denen ich zusammengearbeitet habe und arbeite, habe ich immer viel Wertschätzung erfahren. Wenn Rapper ihre Beatmaker nicht wertschätzen für das, was der- oder diejenige macht, dann haben die nichts verstanden in Sachen gute Zusammenarbeit. Die sind doch abhängig von uns! (lacht) Genauso ist das als Producer mit der Wertschätzung für Leute, die einem was einspielen, oder für Samples. Ich versuche mich mit Samples meistens auch auseinanderzusetzen und mir genau reinzuziehen, wer das gespielt hat, wann und warum. Das ist alles ein großes Geben und Nehmen.
MZEE.com: Bist du zufrieden damit, wie Produzenten insgesamt in der Deutschrapszene wahrgenommen werden?
OPEK: Ich glaube, dass da in den letzten Jahren viel passiert ist. Produzenten sind mittlerweile viel mehr im Fokus und es wird mehr instrumentale Musik gehört. Das ist auf jeden Fall super. Trotzdem höre ich auch immer wieder Storys von Leuten, deren Beats irgendwo verwendet wurden, wo der Name dann aber nirgendwo auftaucht. Das ist wahrscheinlich einfach eine langsame Entwicklung. Generell ist es aber natürlich cool, dass es mittlerweile an jeder Ecke eine Instrumental-Platte von irgendwelchen relativ unbekannten Produzenten gibt. Denn durch technische Entwicklungen ist es leichter geworden, Beats zu machen, und die Leute brauchen die Instrumentals nicht mehr nur zum Draufrappen, sondern auch, um die Sachen einfach so zu hören.
(Daniel Fersch & Lukas Päckert)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)
(Fotos von Marco Saaber)
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