Und Mucke kann auf der Erde ja sowieso nichts bewegen.
Naja gut, wir wissen auch nicht, wie sie ohne sie wäre.
Als Juse Ju im Jahr 2015 sein letztes Album "Angst & Amor" veröffentlichte, war das Musikmachen noch nicht seine absolute Priorität. Laut eigener Aussage hat der Rapper nun ein Jahr lang die Arbeitszeit bei seinem Job reduziert und den Großteil seiner Energie in die neue Platte gesteckt. Inwiefern sich das auf das Release auswirkt, ist die spannende Frage.
"Shibuya Crossing" ist vor allem eine thematisch vielseitige Scheibe. Es gibt die Coming-of-Age Geschichten, in denen Juse Ju von den drei Städten, in denen er aufgewachsen ist, erzählt. Kirchheim, El Paso und Tokyo werden jeweils auf einem Track behandelt, wobei auch der Albumtitel die japanische Metropole beschreibt. Der Rapper gibt aber auch seinem Frust und seiner Abneigung gegenüber der Szene, Verschwörungstheoretikern oder schnulzigen Popsongs genügend Raum. Die große Kunst von Juse Ju ist es, diese Themen sehr pointiert darzustellen. Songs wie "Propaganda", der mit einer großartigen Hook von Danger Dan daherkommt, oder das darauffolgende "Fake It 'Till You Make It" üben messerscharfe Kritik. Das ist dann nicht nur lustiger, kluger Rap, für den man Juse kennt, sondern darüber hinaus auch handwerklich ausgefeilt und hochwertig. Die Produktionen zeigen sich ebenfalls facettenreich, was vor allem an der langen Liste an Produzenten liegt: Mit Torky Tork, Dexter oder Yourz ist diese hochkarätig besetzt. Fast alle Beats sind jeweils von einem anderen Produzenten, ergeben in der Summe aber trotzdem ein sehr stimmiges Gesamtbild.
Juse Ju scheint der Fokus auf das Musikmachen sehr gut getan zu haben, denn mit "Shibuya Crossing" liefert er ein rundes Album ab. Der Künstler sorgt für Themenvielfalt und weiß seine Kritik in Songs auf den Punkt zu bringen, welche durch die persönlichen Geschichten aus seiner Jugend wunderbar ergänzt werden. Juse Ju beweist so Eigenständigkeit und zeigt, dass er für die Rapszene eine echter Gewinn ist.
(Lennart Wenner)