Dreams (2016)
Vergesst Trumps Wahlsieg! 2016 war das Thema, das die Welt in ihren Grundfesten erschütterte, Rucksackgate. Gott sei Dank, bin ich aber arm wie eine Kirchenmaus und habe daher noch nie Kohle für eine überteuerte Deluxebox samt billo 2€ Rucksack vom Tedi aus’m Fenster geworfen. Das exquisite Shindy Image war angekratzt. Aber das interessiert uns bezüglich der Qualität der Musik nicht weiter.
Kudamm X Knesebeck gibt mit seinem verspulten Reversesample einen guten Opener ab.
Family First geht wegen der Flowswitches gut rein und auch das Instrumental bringt Glücksgefühle.
Roli ist ein modern klingender Representer. Sehr trappiger Beat mit 808s, runtergepitchtem und verlangsamten Ende und – wie vieles auf dieser Platte – von Drake inspiriert. Der nostalgische Titeltrack
Dreams überzeugt mit groovy tickenden HiHats und Shindys angenehm kratziger Stimme. Die von Nico Santos geschmachtete Hook geht trotz allem Pathos klar. Auf
Statements wirkt Bushido wie schon auf Sterne ein wenig überfordert. Auch geil:
„Ich geh um 10 Uhr schlafen, Junge, das sind Statements!“ Ok, Boomer! Shindy ist aber in Hochform und der Trompetenbeat verbreitet Euphorie.
Zahlen dagegen nervt mich sowohl von Beat her, als auch wegen dieser
„Yeah, Yeah“ Ausrufe am Ende vieler Verselines.
Es gibt sie auch diesmal wieder: Songs übers Fic…, äh … Liebemachen. Manche von euch sind bestimmt noch minderjährig. Darum schenkt euch
Heartbreak Hotel und
Monogramm. Das fügt euren unschuldigen Kinderseelen nur unnötig Schaden zu!
Playerhater mit seinen 80er Jahre Anleihen und Ali Feature ist als ironisches Intermezzo ganz nett. Kein Highlight, aber guter Filler.
Unser allseits geliebter
Laas Abi switcht auf dem nach ihm benannten Skit auf dem recycelten
Zahlen Beat rein. Aber kein Hate: Der kurzweilige Track sorgt für Abwechslung.
31. Dezember tut der Platte zu Ende hin sehr gut. Shindy reflektiert darin über die Motive seiner Dekadenz und deren Preis. Inhaltlich sein stärkster Track. Beat mit verhallten Pianoklängen passt auch gut.
Eggs Benedict bildet mit sehr heiserer Stimme einen mehr als würdigen Abschluss, der die 80er Synthies wieder aufgreift, was gut zum auf dem Cover abgebildeten Testarossa, 100 Mark Schein und einem Michel im Kindesalter passt.
Das Setting der abgeschotteten Albumentstehung im Waldorf Astoria hat sehr zum über allem stehenden Vibe des Projekts beigetragen. Endlich war Shindy dort angekommen, wo er immer hinwollte. Leider stand die Zukunft unter keinem guten Vorzeichen …
2015/2016 ist für mich übrigens der Zeitraum, in dem Michi Schindler sein ganzes kreatives Pulver restlos verschossen hat. Wie in seiner Autobiographie
Der Schöne und die Beats gesagt, ist Kreativität eine begrenzte Ressource (anhören lohnt sich übrigens!). Das Schreiben und Produzieren für Alis
Fette Unterhaltung & Rumble in the Jungle, sowie für Bushido Solos und natürlich seine eigenen Alben scheint den Bietigheimer Sunshine nachhaltig ausgelaugt zu haben, wie man an unmotivierten Parts auf
Moonwalk (
Bushido: Black Friday, 2017) oder
KMDF (Haftbefehl: DWA, 2020) hören kann.
Insgesamt kommt auf Dreams dieser
‚Mein Traum wurde wahr!‘ Film gut rüber und der Künstler schafft es, den Zuhörer mit seiner Begeisterung anzustecken. Das Klangbild passt perfekt dazu. Die großen soundtechnischen Vorbilder sitzen wie immer in den USA, aber diesmal ist die Umsetzung im Vergleich zu FBGM passender zur Themenwahl und deutlich moderner klingend als auf NWA. Die Drums grooven und wirken niemals aufgesetzt.
Ich vergebe überraschte
7/10.
Hören:
Dreams, 31. Dezember, Roli, Family First, Statements.
Vermeiden:
Heartbreak Hotel, Playerhater, Monogramm, Zahlen.
Bisher im Ranking:
1. NWA (2013): 8/10
2. Dreams (2016): 7/10
3. FBGM (2014): 5/10
4. Classic (2015): 4/10