FBGM (2014)
Wenn man nicht grad das Kaliber von Metallica hat, birgt der zweite Streich immer einige Risiken. Die Erwartungen sind hoch und eine auf Nummer sicher getrimmte 1:1 Kopie des Debüts wird trotz garantiertem kommerziellen Erfolg oft mit kreativem Bankrott gleichgesetzt (siehe Hybrid Theory/Meteora von Linkin Park). Was macht nun unser Pretty Mothafucka?
Julius Caesar liefert ein vielversprechendes Intro mit gutem Spannungsaufbau, in dem unser Michel zurecht fordert:
„Ich will, dass sich deutsche Rapper schämen für ihre Intros!“. Das folgende
Safe zeigt aber bereits deutlich das Problem, dass sich zu diesem Zeitpunkt in Shindys Karriere immer mehr in den Vordergrund drängte: Er wurde zu einer Art Bushido Klon, was Aussehen und Attitude angeht. War die Arroganz zuvor noch sympathisch verpackt, weicht sie nun einer unangenehmen ernstgemeinten ‚Ich bin besser als Du‘ Einstellung. Zeilen wie
„Benz auf dem Gehweg direkt vor der Tür wie ein A-loch geparkt“ wirken einfach abstoßend und helfen nicht, den Zuhörer mit auf diesen Film zu holen. Auch die Albumversion von
JFK wirkt mit seinen
Show Me Love/Robin S. Anleihen im Beat seltsam deplatziert. Die Video Version hätte deutlich besser zum Soundbild gepasst.
Venedig, von dem alle Fanboys immer behaupten, es sei der Blueprint dafür, wie man stilsicher über Sex rappt, erzeugt einerseits durchaus Bilder von ausschweifendem Luxusleben. Andererseits habe ich als Kerl nun wirklich keinen Bock darauf, mir bewusst einen Track zu geben, in dem es um das Begatten irgendwelcher Italo-Modepüppchen in überteuerten Hotelsuiten geht. Ob die Rapwelt unbedingt einen Ali Bumaye brauchte, sei mal dahingestellt. Seinen „Uh, Ladidadi …“ Einstieg auf dem verzichtbaren
No Joke kann man sich aber wirklich sparen. Ebenfalls für Ohrenbluten sorgt der Track
Alle meine Fans, ein überflüssiges Feature mit Kollegah und ungenießbaren heruntergepitchten Vocals in der Hook, die Ekos
„Ich hab diesen Style erfunden, ihr seid alle meine Fans!“ ohne Gnade bis zum Erbrechen wiederholen. Mit Produzenten wie Djokaeff und Beatzarre an Bord ist unbegreifbar, wie sowas durch die Endkontrolle kommen kann.
Thriller ist sicher der musikalisch interessanteste Titel des Albums, denn nach einem von Sylviah Gordon gesungenen souligen Intro folgt ein harter Bruch und Shindy rappt in gewohnter Manier über
„… deutsche Mietwagen, amerikanischer Kredikarten, italienische Textilwaren.“ Sterne ist mit seinem aus einem Bollywood Film entliehenen Fanfarensample cool gemacht. Bushido, der zuvor auf
Bang Bang noch passabel abgeliefert hat, liegt mit seinem Flow aber dermaßen meilenweit neben dem Takt, dass es auf keine Kuhhaut mehr geht. Wer sich selbst überzeugen will, hört die Stelle
„Sterne auf dem Kühlergrill, vor CCN3/ müsst ihr H0rensöhne fliehen, wie in einem Freddie Krüger Film.“
Die weiteren Tracks am Albumende sind nicht weiter erwähnenswert. Insbesondere der Abklatsch von Drakes ‚O to 100‘ auf
#BITCHICHBINFAME zeigt das grundlegende Problem dieser Platte gut auf: Shindy versucht fanboyhaft damals aktuelle Amistyles von Yeezy, Drake, DJ Mustard usw. zu kopieren. Im Vergleich zu NWA geht einiges an Eigenständigkeit verloren, auch wenn der Künstler FBGM als sein persönliches Lieblingsalbum bezeichnet. Wirklich in Fahrt kommt der Zweitling leider zu keinem Zeitpunkt und er ist auch kein Grower. Die Qualität der Reime
("Jeder Motherfucker weiß, Kleider machen Leute/Guck wie ich ein Lamm für meine Bikerjacke häute"), die smoothe Delivery und die Beats – mögen sie auch noch so sehr abgekupfert sein – sind trotz allem weiterhin auf hohem Niveau.
Ich vergebe enttäuschte
5/10.
Hören:
Julius Caesar, JFK (Video Version), Thriller.
Vermeiden:
No Joke, Alle meine Fans, #BITCHICHBINFAME.
Bisher im Ranking:
- NWA (2013): 8/10
- FBGM (2014): 5/10