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Gossenboss mit Zett – Linseneintopf

Egal, ob Album, Gratis-​Mixtape oder Lieb­lings­song – in unse­rer "Plat­ten­kis­te" stel­len wir Euch regel­mä­ßig die Per­len unse­rer redak­ti­ons­in­ter­nen Samm­lun­gen vor. Die­ses Mal: Gos­sen­boss mit Zett mit "Lin­sen­ein­topf".

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

Gos­sen­boss mit Zett ist mir vor gefühlt zehn Jah­ren mal als Support-​Act auf­ge­fal­len. Eine rote Cap mit dem "Innen­fut­ter" als Mas­ke. Eine Müll­ton­ne im Büh­nen­bild. Irgend­wie anders, aber beson­ders ein­präg­sam. Die­se ganz tra­shi­ge Art sei­nes Auf­tre­tens, die gewollt bil­lig wirk­te, zog sich auch durch sei­nen Auf­tritt. Ich merk­te sofort: Die­ser mir völ­lig neue Rap­per nahm weder sich noch sei­ne Musik son­der­lich ernst. Und genau das mach­te es so unfass­bar cool. Beson­ders hän­gen blieb bei mir dabei der schon damals in Gos­sen­boss' Hei­mat Dres­den bekann­te Hit "Lin­sen­ein­topf".

Die ers­ten 30 Sekun­den gehö­ren aller­dings eher dem Pro­du­cer Cana und sei­nem völ­lig abge­space­ten Instru­men­tal. Über­aus lang gezo­ge­ne Synthie-​Sounds sowie dump­fe, den­noch roug­he Drums domi­nie­ren den Beat und las­sen ihn – so abge­dreht er auch ist – sehr ein­gän­gig wir­ken. Mein Kopf beginnt unwill­kür­lich zu nicken, als der Dresd­ner Rap­per dann auch schon star­tet mit "Du kaufst dir teu­re Tech­nik, ich mach' bil­li­ge Raps, kauf' mir Lin­sen­ein­topf und furz' mei­nen Text." – Beim ers­ten Hören konn­te ich tat­säch­lich nicht anders als zu lachen. Etwas so Stump­fes und zeit­gleich so Selbst­iro­ni­sches war für mich damals noch etwas völ­lig Neu­es. Und genau die­ser Style, mit dem er kom­plett Deutschrap belei­digt, sich selbst aber auch nicht außen vor lässt, zieht sich durch den gesam­ten Track. Genau genom­men sogar durch sei­ne gan­zen ers­ten Alben. "Lin­sen­ein­topf" ist dadurch ein per­fek­ter Ein­stieg in Gos­sen­boss' Musik. Und die Hook ist ein­fach wie geni­al und lässt sich schon nach dem ers­ten Hören mit­rap­pen, was sich eben­so in vie­len sei­ner Tracks wiederfindet.

Gos­sen­boss mit Zett mag vor zehn Jah­ren nur in Dres­den eine Unter­grund­le­gen­de gewe­sen sein. Aber schon damals sang die gesam­te Crowd auf sei­nem Gig direkt die Hook von "Lin­sen­ein­topf" auf­grund der Ein­präg­sam­keit laut­stark mit. Heut­zu­ta­ge kann ich mich nur dar­über freu­en, dass trotz blei­ben­dem Unter­grund­sta­tus auch über Dres­dens Gren­zen hin­aus eini­ge mehr mit­rap­pen kön­nen: "Das bringt mich wei­ter und ich fin­de es vom Feins­ten, dei­ne kun­ter­bun­te HipHop-​Traumwelt grau zu strei­chen."

(Lukas Päck­ert)