"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Das Album, das ich dieses Mal aus meiner Plattenkiste hole, beginnt mit einem vermeintlichen "Bad Start". Eine Sirene ist zu hören, schrille und verzerrte Synthesizer-Sounds spielen, bevor eine knarzende Bassline einsetzt. Schließlich die Auflösung: Knackige Drums bringen Köpfe zum Nicken. Und das auch noch über 23 Jahre nach ihrem ersten Erklingen.
1999 veröffentlichte der französische Filmemacher und Musiker Quentin Dupieux unter dem musikalischen Alias Mr. Oizo sein Debüt-Album "Analog Worms Attack". Während der Produzent im Laufe seiner Karriere hauptsächlich elektronische Musik à la French House hervorbrachte, bewegte er sich auf seiner ersten Platte primär im Bereich des instrumentalen HipHop. Für die Produktion verwendete Oizo hauptsächlich analoge Synthies und Equipment. Auch wenn sich auf dem Langspieler der größte Hit des Künstlers befindet – der Song "Flat Beat", berühmt geworden dank einer damaligen Levi's-Werbung mit der gelben Plüschfigur Flat Eric –, ist dieser Track nicht der spannendste Anspieltipp auf "Analog Worms Attack". Da fällt direkt der dritte Track "No Day Massacre" auf: Die scheppernden Drums schieben mich anders, wie man aktuell zu sagen pflegt. Dazu gibt es Scratches vom ebenfalls französischen Musiker Feadz zu hören, der auf mehreren Tracks sein Können an den Turntables zeigt. Außerdem überzeugen Songs wie "Last Night a DJ Killed My Dog", "Bobby Can't Dance" und "Miaaaw" mit ihren geschmeidigen Basslines. Und die vorletzte Nummer "Analog Wormz Sequel" hat einen besonders bösartig brodelnden Synthesizer im Angebot, womit auf dem Album auch keine Wünsche nach härteren Klängen offen bleiben.
Obwohl dem Erstling von Mr. Oizo sein Alter anzuhören ist, kommen Fans von experimentellem Instrumental-HipHop und schrillen Synthie-Sounds voll auf ihre Kosten. Nicht umsonst wird der LP ein Einfluss auf spätere elektronische Stile, wie beispielsweise den frühen Dubstep, nachgesagt.
(Tim Herr)