"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Ski Aggu wird als einer der Newcomer schlechthin des vergangenen Jahres gehandelt. Ich persönlich muss zugeben, dass ich erst Ende 2022 wirklich auf ihn aufmerksam geworden bin. Dabei ist der Typ mit verspiegelter Skibrille und Vokuhila doch eher schwer zu übersehen. Nachdem ich dann auch noch den bekannten Hit "Party Sahne" des Wilmersdorfer Rappers gehört habe, habe ich mich noch viel mehr darüber geärgert, wie ich dieses Talent bisher ignorieren konnte.
"Party Sahne" wartet direkt von Anfang an mit Wiedererkennungswert auf: Der Beginn des Radio-Klassikers "Jerk It Out" von den Caesars von 2002 wird von Endzone und Ericson geloopt und dient als Beatgrundlage. Ein bisschen verzerrt und verspielt abgeändert, eine Snare und eine Clap obendrauf – schon hat allein das Instrumental des Tracks eine Ohrwurmgarantie. Einige Sekunden nur der Beat, bevor Ski Aggu bereits smooth die Hook einrappt: "Ich bin so wie eine Sonnenbrille, bin auf Nase." Nicht besonders deep oder innovativ, aber geht wie schon der Beat einfach ins Ohr. Auch an den beiden Parts des Rappers mit der Skibrille merkt man, dass es nicht sein Ziel ist, tiefgehende Inhalte zu vermitteln. Es geht einfach nur ums Feiern, Spaßhaben und Draufsein in Deutschlands Hauptstadt. Und das Ganze macht er so entspannt und eingängig, dass mir persönlich die Inhalte auch egal sind. Ski Aggu hat einfach eine Stimme mit Wiedererkennungswert und weiß, wie man über Dance-Beats flowt – und das reicht für mich völlig, um zu "Party Sahne" jedes Mal abgehen zu können.
Generell lässt sich die Erfolgsformel eines Ski Aggu-Tracks gerade anhand "Party Sahne" perfekt ablesen: Man nehme einen Beat, der auf der einen Seite klingt, als hätte man ihn in den 90ern schon mal bei einem Eurodance-Track gehört, auf der anderen aber modern und traplastig wirkt. Dazu ein paar lässige Bars, eine eingängige Hook – fertig ist der Hit. Auf diese Weise schafft es der Wilmersdorfer Newcomer, einen Banger nach dem anderen zu zaubern, ohne sich dabei zu wiederholen. Womit er aktuell ein ziemlicher Einzelfall in der Szene ist.
(Lukas Päckert)