"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Klapse Mane und Said sind schon lange echte Geheimtipps und haben ihren festen Platz in meiner Musiksammlung. Allerdings aus völlig unterschiedlichen Gründen: Klapse ist eher der Drogen-Konsument, der vom Kampf gegen seine Dämonen rappt und mich mit seiner markanten Stimme catcht. Während Said sich eher im Dealerrap einordnet, in dem Genre aber durch seine Stimme und die Ohrwurm-Hooks mit einem ganz eigenen Charme hervorsticht. Dass beide einmal für ein, zwei Songs und dann sogar für eine ganze EP zusammenfinden, habe ich dabei nicht erwartet. Aber definitiv gebraucht.
Ich hätte auch aufgrund der eher unterschiedlichen musikalischen Stile von Said und Klapse nicht gedacht, dass die beiden zusammen so gut funktionieren. Aber Wooshy und CONTRABEATZ haben es auf "Nirvana" geschafft, dem frisch gebackenen Duo Beats zu produzieren, die perfekt zu beiden passen. Mal klassisch-jazzige Instrumentals wie auf "Zickzack" und "Ice", mal etwas düster und eher in die Memphis-Richtung wie auf "Cartier". Die Produktionen gehen stets ins Ohr, wirken trotz der Vielfalt wie aus einem Guss und bieten die perfekte Balance zwischen dem, was beide Künstler sonst jeweils solo berappen. Das Gleiche gilt für das Zusammenspiel der Rap-Talente von Said & Klapse Mane: Beide kriegen die Chance, sich in den Hooks zu beweisen, sodass wirklich jede einzelne der EP hängen bleibt, ohne langweilig zu werden. Für mich stimmt da einfach alles. Klar, man kann den beiden vorwerfen, dass die Inhalte nicht sonderlich originell sind. Aber was soll ich sagen? Die Ott-Ticker-Storys von Said und die "Ich bin so fertig und schieb Paranoia"-Storys von Klapse sind für mich stets interessant erzählt und wirken, als hätten die beiden das schon seit Jahren gemeinsam durchgemacht.
Gewissermaßen ist "Nirvana" eine Achterbahnfahrt, die ich so nicht erwartet hätte: zwischen Kämpfen mit dem eigenen Teufel und dem harten Leben auf der Straße. Diese Kombination funktioniert aber unerwartet gut, unterhält mich auch ein Jahr später noch und lässt auf eine Fortsetzung hoffen.
(Lukas Päckert)