"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Das letzte Release von David Asphalt – ein gemeinsames Album mit Milli im Jahr 2013 – markierte zunächst seine Abkehr vom Musikbusiness, um sich scheinbar voll und ganz auf sein Twittergame konzentrieren zu können. Vielleicht hat er sich auch selbstständig gemacht und eine Familie gegründet. 2020 dann endlich die frohe Botschaft: Es wird an neuer Musik gearbeitet.
Aus der gemeinsamen Arbeit mit dem Produzenten Daniel Vierling entstand das Duo Kids mit Knarren, mit welchem sie sich an elektronisch angehauchter Popmusik orientierten. Nach den ersten Songs 2021 folgte im Februar 2022 dann das zwölf Titel starke Album "All die Blumen". Dieses hielt nicht nur die Versprechen der ersten Singles, sondern konnte mich genauso sehr unterhalten wie die Musik vor David Asphalts Schaffenspause. Lupenreine Poplieder wie "Die Mauer muss weg" und "Luftballon" treffen auf gewohnt asphalteske Titel wie "Der Seeweg nach Australien", in dem scheinbar unerklärliche Träume erkundet werden. Insbesondere "Luftballon", der sich auf erwachsene Weise und ohne übertriebene Romantisierung mit Beziehungsproblemen auseinandersetzt, ist für mich einer der schönsten deutschsprachigen Songs. Der Genrewechsel ist nicht so rapide wie er zunächst erscheint, da sowohl das Songwriting als auch die grundsätzlich eher gesungene Vortragsweise immer wieder von Davids Rap-Ansätzen beeinflusst sind. Auch auf dem Titel "Kein Mensch ist eine Insel", auf dem sich auch Labelchef Chakuza mit zwei Parts in Bestform präsentiert, zeigt David, dass er immer noch derselbe begnadete Songwriter ist. Und on top kommen die großartigen Produktionen von Daniel Vierling.
Ordnet man "All die Blumen" in die hiesige Musiklandschaft ein, handelt es sich wohl um ein eher kleines Release. Für mich ist es aber eines der großen Highlights des Jahres. David Asphalt zeigt, dass er in der Lage ist, über Genregrenzen hinweg hervorragende Musik zu machen. Wenn nicht mit Rap, dann … Kids mit Knarren!
(Michael Collins)