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Plattenkiste

Moses Pelham – Herz

Egal, ob Album, Gratis-​Mixtape oder Lieb­lings­song – in unse­rer "Plat­ten­kis­te" stel­len wir Euch regel­mä­ßig die Per­len unse­rer redak­ti­ons­in­ter­nen Samm­lun­gen vor. Die­ses Mal: Moses Pel­ham mit "Herz".

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

Den Legen­den­sta­tus, den sich Moses Pel­ham seit Ende der 1980er Jah­re nicht nur inner­halb von Frank­furt erar­bei­tet hat, muss man inzwi­schen nicht mehr beto­nen. Den­noch hat es, trotz ein­zel­ner Songs, die ich von ihm sehr schät­ze, gedau­ert, bis er mich auf Album­län­ge über­zeu­gen konn­te. Näm­lich bis zu sei­nem 2017 erschie­ne­nen Album "Herz".

Die­ses klingt deut­lich befrei­ter als die zuvor erschie­ne­ne "Geteil­tes Leid"-Trilogie. Was auch dar­an lie­gen könn­te, dass ein nicht unwe­sent­li­cher Teil der Plat­te im Zuge der VOX-​Produktion "Sing mei­nen Song – Das Tausch­kon­zert" ent­stan­den ist. Dort hat er aus Songs der ande­ren Teilnehmer:innen Neu­in­ter­pre­ta­tio­nen geschaf­fen. So hat er zum Bei­spiel aus einem Song von Gen­tle­man – mit des­sen Musik ich sonst gar nichts anfan­gen kann – mit neu­em Text etwas kre­iert, das kom­plett mei­nem Geschmack ent­spricht: Mos Ver­si­on von "You Remem­ber" ist ein Song über sei­ne Kind­heit und sei­nen Wer­de­gang im Frank­fur­ter Stadt­teil Rödel­heim. Eine oft erzähl­te Geschich­te, die so ein ganz neu­es Gewand ver­lie­hen bekommt. Das abso­lu­te High­light stellt für mich aber "Mei­ne Hei­mat" dar – eine neue Ver­si­on von Lenas "Home" inklu­si­ve Gesangs­part der Silbermond-​Sängerin Ste­fa­nie Kloß. Ein schon im Ori­gi­nal bewe­gen­der Song wird durch die Feder des Frank­fur­ter Urge­steins zu einem Stück über das Gefühl von Hei­mat, das gar nicht von einem fes­ten Ort abhän­gen muss. Moses bewegt sich auf "Herz" zwi­schen seich­tem Humor und ech­ten Gefüh­len und ver­voll­stän­digt die Plat­te auch durch Songs wie "BGMB" und "Gehei­me Welt" zu einem voll­ends run­den Werk, das ich immer wie­der ger­ne her­vor­kra­me. Ins­be­son­de­re, weil deut­lich zu hören ist, dass er kein Leid mehr zu tei­len hat.

Schon vor die­ser Plat­te moch­te ich die Musik von Moses Pel­ham selek­tiv sehr und auch heu­te höre ich die alten Tracks noch ger­ne. Doch mit "Herz" hat er für mich noch mal einen gewal­ti­gen Schritt nach vor­ne gemacht. Gera­de mit den tief emo­tio­na­len, zeit­gleich aber nicht schwer­fäl­li­gen High­lights trifft mich "Herz" seit inzwi­schen fünf Jah­ren immer wie­der mit­ten in ebenjenes.

(Micha­el Collins)