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Adventskalender

Who sampled who? – Türchen #06: "Besuchstag" von Celo & Abdi feat. XATAR & Veysel

Samples gel­ten seit jeher als ele­men­ta­rer Bestand­teil der HipHop-​Kultur. In unse­rem Advents­ka­len­der bli­cken wir hin­ter die Fas­sa­de von 24 deut­schen Rap­tracks und decken ihre Samples mit der dazu­ge­hö­ri­gen Geschich­te auf. Heu­te: Wel­ches Sam­ple ver­birgt sich hin­ter "Besuchs­tag" von Celo & Abdi?

Schon seit die HipHop-​Kultur noch in den Kin­der­schu­hen steck­te, sind Samples ein essen­zi­el­ler Teil von ihr. Von alten Klas­si­kern bis hin zu aktu­el­len Chart­hits las­sen sich in unzäh­li­gen Songs Ele­men­te aus bereits exis­tie­ren­den Wer­ken fin­den. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musik­hö­ren über einen bekann­ten Sound gestol­pert ist und sich dar­auf­hin den Kopf über des­sen Her­kunft zer­bro­chen hat? Oft beginnt damit eine span­nen­de Suche nach der Ori­gi­nal­auf­nah­me quer durch die Musik­his­to­rie. Aus die­sem Grund stel­len wir uns in unse­rem dies­jäh­ri­gen Advents­ka­len­der die Fra­ge "Who sam­pled who?" und öff­nen täg­lich ein neu­es Tür­chen: Wir prä­sen­tie­ren Euch 24 ver­schie­de­ne deut­sche Rap­songs und betrach­ten die Samples, wel­che sich dar­in verbergen.

 

 

In den Jah­ren vor 2012 for­mier­te sich rund um Haft­be­fehl eine jun­ge, hung­ri­ge Stra­ßen­rap­sze­ne im Groß­raum Frank­furt. Dar­un­ter Celo & Abdi, "Jugo und Arab, auf der Street wie Clas­sics". Auf ihrem Debüt­al­bum "Hin­ter­hof­jar­gon" ver­steckt sich zwi­schen Erzäh­lun­gen über die migran­ti­sche Dia­spo­ra, Stra­ßen­ge­walt und die damit ein­her­ge­hen­den Pro­ble­me ein Sto­rytel­ler der beson­de­ren Art: "Besuchs­tag".

Den Grund­stein des von M3 pro­du­zier­ten Instru­men­tals bil­det eine geloop­te Melo­die aus "Il Vizio di Ucci­de­re" von Ennio Mor­rico­ne, einem Stück aus dem Sound­track des Films "Für ein paar Dol­lar mehr". Tat­säch­lich sind Italowestern-​Samples auf Stra­ßen­ra­pal­ben kei­ne Rari­tät, trotz­dem ist die­ses so mar­kant, dass es den Song auf eine beson­de­re Art prägt. Außer­dem bleibt die Authen­ti­zi­tät, mit der die Prot­ago­nis­ten das Sam­ple tra­gen, bis heu­te unüber­trof­fen. Celo, Abdi und ihre pro­mi­nen­ten Feature-​Gäste XATAR und Vey­sel reflek­tie­ren began­ge­ne Feh­ler und deren Fol­gen nah­bar und den­noch bru­tal unge­schönt. Die per­sön­li­chen Erfah­run­gen auf der Stra­ße, im Milieu und im Gefäng­nis ver­lei­hen dem Inhalt eine beson­de­re Bedeu­tung. Außer­dem ver­stärkt die vor Release erfolg­te Ver­ur­tei­lung XATARs die Glaub­wür­dig­keit noch­mals enorm. So kommt es nicht von unge­fähr, dass die vier Rap­per bei ihren bild­li­chen Erzäh­lun­gen ähn­lich abge­brüht wir­ken wie der namen­lo­se Kopf­geld­jä­ger aus "Für ein paar Dol­lar mehr".

In den Fol­ge­jah­ren haben sich Celo & Abdi immer mehr von ihrer Funk­ti­on als Por­ta­l­öff­ner eman­zi­piert und – nicht nur mit "Besuchs­tag" – Kult­sta­tus in ganz Deutsch­land erreicht. Ihr enor­mer Ein­fluss lässt sich unter ande­rem mit dem vor­letz­ten Album der auf­stre­ben­den Ber­li­ner Rap-​Crew BHZ nach­wei­sen. Die­se ver­öf­fent­lich­te mit "Regen pras­selt" eine Hom­mage an "Besuchs­tag" und sorg­te so dafür, dass die 1965 erschie­ne­ne Melo­die aus dem Wes­tern­klas­si­ker von Ser­gio Leo­ne auch noch von der jün­ge­ren Gene­ra­ti­on am Leben gehal­ten wird.

(Jonas Jansen)
(Gra­fik von Dani­el Fersch)