Schon seit die HipHop-Kultur noch in den Kinderschuhen steckte, sind Samples ein essenzieller Teil von ihr. Von alten Klassikern bis hin zu aktuellen Charthits lassen sich in unzähligen Songs Elemente aus bereits existierenden Werken finden. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musikhören über einen bekannten Sound gestolpert ist und sich daraufhin den Kopf über dessen Herkunft zerbrochen hat? Oft beginnt damit eine spannende Suche nach der Originalaufnahme quer durch die Musikhistorie. Aus diesem Grund stellen wir uns in unserem diesjährigen Adventskalender die Frage "Who sampled who?" und öffnen täglich ein neues Türchen: Wir präsentieren Euch 24 verschiedene deutsche Rapsongs und betrachten die Samples, welche sich darin verbergen.
In den Jahren vor 2012 formierte sich rund um Haftbefehl eine junge, hungrige Straßenrapszene im Großraum Frankfurt. Darunter Celo & Abdi, "Jugo und Arab, auf der Street wie Classics". Auf ihrem Debütalbum "Hinterhofjargon" versteckt sich zwischen Erzählungen über die migrantische Diaspora, Straßengewalt und die damit einhergehenden Probleme ein Storyteller der besonderen Art: "Besuchstag".
Den Grundstein des von M3 produzierten Instrumentals bildet eine geloopte Melodie aus "Il Vizio di Uccidere" von Ennio Morricone, einem Stück aus dem Soundtrack des Films "Für ein paar Dollar mehr". Tatsächlich sind Italowestern-Samples auf Straßenrapalben keine Rarität, trotzdem ist dieses so markant, dass es den Song auf eine besondere Art prägt. Außerdem bleibt die Authentizität, mit der die Protagonisten das Sample tragen, bis heute unübertroffen. Celo, Abdi und ihre prominenten Feature-Gäste XATAR und Veysel reflektieren begangene Fehler und deren Folgen nahbar und dennoch brutal ungeschönt. Die persönlichen Erfahrungen auf der Straße, im Milieu und im Gefängnis verleihen dem Inhalt eine besondere Bedeutung. Außerdem verstärkt die vor Release erfolgte Verurteilung XATARs die Glaubwürdigkeit nochmals enorm. So kommt es nicht von ungefähr, dass die vier Rapper bei ihren bildlichen Erzählungen ähnlich abgebrüht wirken wie der namenlose Kopfgeldjäger aus "Für ein paar Dollar mehr".
In den Folgejahren haben sich Celo & Abdi immer mehr von ihrer Funktion als Portalöffner emanzipiert und – nicht nur mit "Besuchstag" – Kultstatus in ganz Deutschland erreicht. Ihr enormer Einfluss lässt sich unter anderem mit dem vorletzten Album der aufstrebenden Berliner Rap-Crew BHZ nachweisen. Diese veröffentlichte mit "Regen prasselt" eine Hommage an "Besuchstag" und sorgte so dafür, dass die 1965 erschienene Melodie aus dem Westernklassiker von Sergio Leone auch noch von der jüngeren Generation am Leben gehalten wird.
(Jonas Jansen)
(Grafik von Daniel Fersch)