"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Mit Beginn des Herbsts startet auch ein Umschwung in meinen Hörgewohnheiten: Passend zur dunkler werdenden Jahreszeit tendiere ich zu tiefgründigerer Musik, um allein zuhause in Erinnerungen zu schwelgen. Fabian Römers Platte "Kalenderblätter" ist solch ein Release, das mich seit seinem Erscheinen im Jahr 2015 durch bisher jeden Herbst begleitet hat.
Das Besondere an diesem Album ist die starke persönliche Note. So entsteht beim Hören in meinem Kopf ein sehr genaues Bild seines "Zimmer ohne Zeit". Denn es ist wie meins: ein zeitloser Raum, in dem alles, was draußen passiert, einfach keine Rolle spielt. Dies ist einer der Momente, in denen man sich mit dem Künstler und seiner Musik verbunden fühlt. Fabian Römers Album hält ganz verschiedene Geschichten parat und doch scheint alles vertraut. Mal sind es Einblicke in sein Leben, mal in das der Menschen um ihn herum. Jedoch stets greifbar und authentisch erzählt. Im Song "Kalenderblätter" etwa beschreibt er eine herbstliche Umgebung in ihrer optisch wahrnehmbaren Schönheit mit analog zu alltäglichen, aber harten Schicksalen von Menschen. Die passenden Instrumentals unterstreichen die Songs des Artists stets perfekt, Variationen finden immer an den richtigen Stellen statt. So werden alle inhaltlichen Ups und Downs hörbar. Durch den Gesang des Künstlers in stimmungsgeladenen Momenten gewinnen die Tracks zusätzlich an Tiefe. Diese Emotionalität gelingt auf der Platte durchweg ohne Ausnahme, egal ob gute Laune Song oder sentimentaler Storyteller – Fabian Römer kann einfach alles.
"Kalenderblätter" zeichnet für mich das perfekte musikalische Bild vom Herbst. Es ist eine Mischung aus lieblich-melancholischen Tracks und fröhlichen Lebesongs. So wie die Jahreszeit von dunklen und sonnigen Tagen geprägt ist, spiegelt sich genau das in den Texten und Instrumentals wider. Ein wunderschönes Album mit vielen Emotionen, um mit einer Tasse Tee zu sinnieren oder mit Kopfhörern durch den bunten Wald zu spazieren.
(Dzermana Schönhaber)