"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Dabei zu sein, wenn Geschichte geschrieben wird, ist nichts, das man so leicht vergisst. Und so kann ich mich noch genau erinnern, wann ich "Get Rich or Die Tryin'" von 50 Cent das erste Mal gehört habe. Sofort wurde mir klar: Hier hat der New Yorker etwas ganz Besonderes geschaffen.
Im Nachhinein betrachtet ist lediglich der Name der Platte nicht so passend. Hier handelt es sich schließlich um keinen Versuch, sondern um ein Statement. Denn auf diesem Album hagelt es Hits en masse. Zwischen bangenden Club-Beats, düsteren Synthesizern und lebhaften Keyboards bleibt keine Zeit zum Verschnaufen. Egal, ob Dr. Dre, Eminem, Jam Master Jay oder andere Beteiligte – hier hat wirklich jeder Produzent sein Bestes gegeben. Dabei herausgekommen ist ein Meisterwerk, welches im Gangsterrap seinesgleichen sucht. Auch weil 50 Cent hier das schier Unmögliche schafft: Er verbindet seinen fast schon arroganten Laid Back-Flow mit einer Wortgewalt, die wahrscheinlich sogar Hardcore-Rap-Giganten vor Neid erblassen lässt – "If I can't do it, homie, it can't be done." Überhaupt ist Fiddys Glaubwürdigkeit die Kirsche auf der Sahnetorte für mich: Jeder Song scheint direkt aus seinem Leben geschrieben zu sein. Und so funktioniert der romantische Track "21 Questions" zusammen mit Nate Dogg eben genauso wie die Kifferhymne "High all the Time". Auch Doppel- oder Triple-Reime fehlen nicht, was für Vertreter der Straße ja nicht immer typisch ist.
Aus meiner Sicht hat "Get Rich or Die Tryin'" der HipHop-Geschichte eine neue Wendung gegeben, weil 50 Cent damit das Ultimum aus damaligem Gangsterrap herausgeholt und eine neue Ära eingeleitet hat. Nach dieser Platte mussten andere Künstler zwangsläufig neue Wege gehen. Denn wer danach noch ein Gangsterrap-Album machen wollte, musste sich einfach an dieser Platte messen lassen.