"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Oft verbinden wir Musik, die wir gerne hören, mit vergangenen Lebensphasen. Manche Künstler:innen schaffen es mit einem Song sogar sehr intensiv, Erinnerungen aufleben zu lassen. So ein Track ist für mich "Dialog" von Lakmann zusammen mit Schulz Nice.
Auch wenn Lakmanns im Jahr 2016 erschienenes Album "Aus dem Schoß der Psychose" generell sehr empfehlenswert ist, so umgibt den Song "Dialog" eine ganz eigene Magie. Schulz stellt Lakmann zum Einstieg die Frage: "Wat is' deine Lieblingsplatte?" Daraufhin werden im Wechsel Lines gedroppt, in denen die beiden sich darüber austauschen, von welchen Künstler:innen sie besonders geprägt wurden. Faszinierend ist dabei, dass die Aufteilung der Zeilen keinem strikten Schema folgt. Dadurch entsteht eine eigene Dynamik und das Gefühl, ihnen bei einer Unterhaltung zuzuhören. Einige der genannten Artists wie der Wu-Tang Clan haben auch mich früh gefesselt. Daher überkommt mich beim Hören von "Dialog" eine gewisse Sehnsucht nach diesen Zeiten. Auf einem verträumten Piano-Beat flowen die Rapper lässig und dennoch mit Emotionen in der Stimme. Lakmann und Schulz bringen in ihrem Track gekonnt die oft vorherrschende "Früher war alles besser"-Mentalität mancher Heads rüber. Um dieses Oldschool-Feeling nicht nur inhaltlich zu transportieren, haben sie auf eine typische Hookline verzichtet. Stattdessen gibt es Cuts in Form von Namedropping-Voicesamples aus Tracks meiner HipHop-Helden von früher, so zum Beispiel Big L.
Der Song ist zwar erst fünf Jahre alt, bringt aber das Feeling der 90er und 2000er klangtechnisch perfekt rüber. Dadurch dass Lakmann und Schulz selbst schon lange in der Szene aktiv sind, ist der Track somit absolut authentisch. Also für alle, die die alten Zeiten aufleben lassen wollen, ist "Dialog" ein klein wenig HipHop-Geschichte zum Anhören.
(Dzermana Schönhaber)