Es ist kalt, es ist grau, es gibt immer noch Corona. Die ideale Zeit also, um Tag für Tag bei unserem Adventskalender mitzufiebern. Wieder werfen wir einen Blick zurück auf die letzten 24 Jahre: Welche Meilensteine gab es? Welche Momente sorgten dafür, dass deutscher Rap einflussreicher wurde denn je? Weil uns Alben zu einfach sind (und wir sie schon hatten, siehe hier), haben wir uns dieses Jahr drangemacht und den jeweils einen Track gesucht, der die Szene über sein Erscheinungsjahr hinaus entscheidend geprägt hat. Jeden Tag stellen wir Euch somit – angefangen 1997 – einen Song vor, der entweder durch seinen Sound, seinen Inhalt oder seine Form unserem Lieblingsgenre seinen Stempel aufgedrückt hat.
2012: Cro – Easy
Leute sagen zu mir 'Cro, das Genie', denn er flowt wieder wie …
Dieser Hova und außerdem baut er die Beats, es ist easy!
Als Cro im Juni 2012 sein erstes Album veröffentlichte, war die erfolgreichste Single daraus praktisch schon ein alter Hut – bereits im November des Vorjahres erschien "Easy". Der Song war damals nicht nur für den Künstler selbst, sondern auch ganz Rapdeutschland der Start für etwas Neues: die Fusion von Rap und Pop im Rampenlicht des Mainstreams.
Deutscher Rap hatte bis dahin schon den ein oder anderen Ausflug in die Charts oder Radiogeräte der Nation gemacht. Selten aber war einem Rapper ein so stilsicheres und massentaugliches Debüt gelungen wie dem Stuttgarter. Der Künstler mit der Panda-Maske konnte in kürzester Zeit die damals noch schwierig zu erreichende Eine-Million-Klicks-Marke auf dem Musikvideo zu "Easy" knacken – dafür musste er nicht mal selbst zu sehen sein. Mit der Maske im Gesicht wurde Cro zum Mysterium, das für längere Zeit den Mainstream beherrschen sollte. Dies lag zunächst an der unglaublich lässigen Art seines Songs, der eigenen Gesang mit smoothen Flow und lockeren, wenn auch nicht ganz so tiefsinnigen Lines verband. Und außerdem war da ja noch das Sample von Bobby Hebbs "Sunny", welches der Rapper clever in seinen Text einband: aus "AC/DC" machte er beispielsweise "AC/D-Easy". Bei mehrmaligem Hören ein sich einbrennender Ohrwurm. Und um diesen kam man 2012 einfach nicht herum. "Easy" wurde von jedem Sender rauf- und runter gespielt und konnte sich mit 510 000 Verkäufen fast ein ganzes Jahr in den Charts halten.
Auch wenn die konsequente Leichtigkeit des "Hipster-Rappers" für manche Heads anfangs nur schwer zu akzeptieren war, kann man vor allem im Nachhinein den Einfluss von "Easy" nicht mehr kleinreden. Dadurch, dass sich auf den Song fast alle Generationen einigen konnten, wurde Rap immer mehr als fester Bestandteil der Popkultur angesehen. Gleichzeitig wurde auch das Vorurteil der Massen weiter abgebaut, HipHop-Deutschland bestünde ausschließlich aus Gangster-Rap. Damit war der Weg für einen Künstler frei, der später zeigen sollte, dass er noch weit mehr zu bieten hat.
(Jakob Zimmermann)
(Grafik von Daniel Fersch)