Es ist kalt, es ist grau, es gibt immer noch Corona. Die ideale Zeit also, um Tag für Tag bei unserem Adventskalender mitzufiebern. Wieder werfen wir einen Blick zurück auf die letzten 24 Jahre: Welche Meilensteine gab es? Welche Momente sorgten dafür, dass deutscher Rap einflussreicher wurde denn je? Weil uns Alben zu einfach sind (und wir sie schon hatten, siehe hier), haben wir uns dieses Jahr drangemacht und den jeweils einen Track gesucht, der die Szene über sein Erscheinungsjahr hinaus entscheidend geprägt hat. Jeden Tag stellen wir Euch somit – angefangen 1997 – einen Song vor, der entweder durch seinen Sound, seinen Inhalt oder seine Form unserem Lieblingsgenre seinen Stempel aufgedrückt hat.
2010: Marteria feat. Yasha – Verstrahlt
Der Pudel parfümiert, das Lächeln ist aus Stahl.
Der elektrische Kamin geht aus und plötzlich steht sie da.
Generell bin ich schwer zu überzeugen, wenn jemand mir neue Musik empfehlen will. 2010 hat ein Freund aber so lange nicht locker gelassen, bis ich mir Marterias Album "Zum Glück in die Zukunft" angehört habe. Spätestens, als "Verstrahlt" lief, war ich von seinem Werk überzeugt. Und ich dürfte nicht der einzige sein, dem es so ergangen ist.
Dieses verträumte Instrumental mit der wummernden Kickdrum. Die basslastige, melodische Stimme Marterias. Und dann die Hook von Yasha, die man nicht hören kann, ohne sie mitzusingen, da dürfte es nicht nur mir so gehen. Worüber Marteria rappt? Dafür lässt er Interpretationsspielraum offen. Ob er von einer Frau schwärmt, einen Drogenrausch beschreibt oder von etwas ganz anderem redet, diese Entscheidung bleibt dem Hörer überlassen. Je nach Stimmung des Hörers kann der Track auch die Bedeutung wechseln. Marteria und Yasha schafften es nicht nur ins kommerzielle Radio in einer Zeit, in der deutscher Rap noch viel härter um einen Sendeplatz kämpfen musste als heute. Der Song wurde auch Teil des offiziellen FIFA 12-Soundtracks und das Musikvideo 2010 für den ECHO nominiert.
All diese Dinge unterstreichen meines Erachtens nach die Wichtigkeit des Tracks für deutschen Rap. Ohne Frage hat der Song Marteria und Yasha zu ihrem Erfolg verholfen und auch das stilistische Fundament für den späteren Nummer-eins-Hit "Lila Wolken" gelegt. Türchen Nummer 14 ist eine absolute Hörempfehlung.
(Christof Mager)
(Grafik von Daniel Fersch)