Es ist kalt, es ist grau, es gibt immer noch Corona. Die ideale Zeit also, um Tag für Tag bei unserem Adventskalender mitzufiebern. Wieder werfen wir einen Blick zurück auf die letzten 24 Jahre: Welche Meilensteine gab es? Welche Momente sorgten dafür, dass deutscher Rap einflussreicher wurde denn je? Weil uns Alben zu einfach sind (und wir sie schon hatten, siehe hier), haben wir uns dieses Jahr drangemacht und den jeweils einen Track gesucht, der die Szene über sein Erscheinungsjahr hinaus entscheidend geprägt hat. Jeden Tag stellen wir Euch somit – angefangen 1997 – einen Song vor, der entweder durch seinen Sound, seinen Inhalt oder seine Form unserem Lieblingsgenre seinen Stempel aufgedrückt hat.
2000: Torch feat. Toni-L – Wir waren mal Stars
Wir waren mal Stars. Die Karriere ist vorbei, das war's.
Ihr rockt die Charts und wir hocken in den Bars.
Als Torch und Toni-L "Wir waren mal Stars" im Jahr 2000 veröffentlichten, war vielen noch nicht bewusst, dass dieser Track sich so viele Jahre halten und zum absoluten Klassiker avancieren würde. Auch wenn er seine Volljährigkeit bereits überschritten hat, zieht der Song noch heute HipHop-Liebhaber in seinen Bann.
Das einzige Solorelease des Heidelberger MCs Torch "Blauer Samt" steht exemplarisch für einen Wendepunkt im deutschen Rap. Es erzählt von längst vergangenen Zeiten der Jamkultur, der Liebe zur Sache und zu Menschen sowie der Frage nach dem Sinn des Lebens – exemplarisch dafür steht der Song "Wir waren mal Stars". Die damalige Szene unterlag einem Generationenwandel – Torch und Toni-L zählten bereits zu den "alten Hasen" der Szene, die schon Ende der 80er aktiv waren. Sie nehmen den Hörer mit zurück in eine Zeit, in der HipHop fast nur als Randkultur und nicht als Massenphänomen bekannt war und sich somit bewusst vom Mainstream abgrenzen wollte. Torch berichtet uns von (scheinbar) besseren Zeiten der HipHop-Kultur und Toni-L setzt dem Song mit seinem einzigartigen und bis heute eher ungewöhnlichen Flow die Krone auf. Ironischerweise wurde der Track der erfolgreichste von Torch und das, obwohl er und der Funkjoker hier über ihre längst vergangenen "erfolgreichen" Jahre rappen.
"Wir waren mal Stars" ist bis heute das perfekte Beispiel für die Repräsentation klassischer HipHop-Werte, auch wenn Sound und Flow natürlich etwas in die Jahre gekommen sind. Trotzdem schaffen es die Stimmen von Torch und Toni-L, uns in eine – aus ihrer Sicht – bessere Zeit zurückzuschicken. Damit haben die Heidelberger einen Titel geschaffen, der sie für immer als legendäre Figuren der deutschen HipHop-Szene etablierten sollte.
(Annika Beyer)
(Grafik von Daniel Fersch)