Triggerwarnung: Dieser Artikel beschäftigt sich mit psychischen Krankheiten, Depressionen und Suizid. Bei Menschen, die persönlich von diesen Themen betroffen sind, könnte das Lesen negative Gedanken und Gefühle auslösen. Solltet Ihr unter Problemen dieser Art leiden, dann informiert Euch über Hilfsangebote und nehmt diese gegebenenfalls in Anspruch.
Weitere Informationen und Hinweise zu Anlaufstellen könnt Ihr beim Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe unter 0800 3344533 oder www.deutsche-depressionshilfe.de erhalten.
Psychische Krankheiten haben das Showgeschäft schon seit ewigen Zeiten im Griff: Ob emotionale Interviews mit Britney Spears, Klinik-Aufenthalte von Catherine Zeta-Jones oder der Selbstmord von Kurt Cobain – sie scheinen allgegenwärtig zu sein. Die HipHop-Szene bildet dabei natürlich keine Ausnahme. Auch hier haben Artists immer wieder mit teils schweren psychischen Problemen zu kämpfen. Leider werden diese meist erst publik, wenn sich etwas Großes und Dramatisches ereignet, wie zum Beispiel die jüngsten verstörenden Auftritte des offensichtlich verwirrten Kanye West. Diese sind aber nur die Spitze des Eisbergs. So riss sich R 'n' B-Sänger Houston Summers nach einem vereitelten Suizidversuch selbst das linke Auge heraus und Pro Era-Member Capital STEEZ stürzte sich mit gerade mal 19 Jahren vom Dach des Headquarters seines Labels. Abseits dieser äußerst tragischen Ereignisse werden seelische Erkrankungen im Rap leider selten ernsthaft thematisiert. Psychosen, bipolare Störungen oder Schizophrenie – die Liste der auftretenden Krankheiten ist lang. Eine sticht dabei besonders heraus: die Depression. Sie tritt am häufigsten auf und ist unter Prominenten weit verbreitet. Und dennoch wird dieses seelische Leiden in den seltensten Fällen klar thematisiert, weder in Songs noch in Interviews. Auch wenn Notorious B.I.G. schon 1996 von seinen "Suicidal Thoughts" rappte, scheint das Thema in großen Teilen der HipHop-Szene bis heute ein Tabu zu sein. Glücklicherweise gibt es aber auch Rapper, die es schaffen, öffentlich über die Krankheit zu sprechen. Besonders in den letzten Jahren wurde das Stigma immer wieder etwas aufgebrochen. Einer der bekanntesten Vorreiter ist Kid Cudi. Im Jahr 2016 veröffentlichte er einen Post, in dem er verkündete, dass er sich in eine psychiatrische Klinik einweisen ließ. Die Reaktionen darauf reichten weit und auch andere Rapper wie Isaiah Rashad, Kendrick Lamar, Danny Brown oder Future folgten Cudis Beispiel und sprachen öffentlich über ihre Probleme. Des Weiteren scheint eben das den jüngeren SoundCloud- und Emo-Rappern der "Generation Y" leichterzufallen. Juice WRLD, Lil Peep und XXXTentacion sind dabei die wohl bekanntesten und tragischsten Exempel.
Allein die Anzahl an Namen aus der internationalen HipHop-Szene, die im Zusammenhang mit Depressionen fallen, zeigt, wie weitverbreitet das vermeintliche Tabuthema doch ist. Werfen wir also einen Blick darauf, wie mit der Thematik umgegangen wird und welcher Zusammenhang zwischen Künstler, Kunst und Depressionen besteht.
Was ist eigentlich eine Depression?
Als Depression bezeichnet man eine psychische Krankheit, die sich hauptsächlich in Niedergeschlagenheit, innerer Leere, Interessensverlust und Antriebsmangel zeigt. Weitere Symptome können unter anderem Konzentrationsstörungen, Minderwertigkeits- und Schuldgefühle oder Schlafstörungen sein. All diese Erscheinungen treten natürlich auch bei gesunden Menschen auf – vor allem in Folge von persönlichen Rückschlägen oder Verlusterfahrungen. Allerdings verschwinden diese bei Betroffenen nicht mit der Zeit und schränken die Lebensqualität erheblich ein. Die Auslöser sind vielfältig: Sie reichen von traumatischen Erlebnissen bis hin zu physischen Krankheiten. Wichtig ist anzumerken, dass es verschiedene Formen der Depression gibt, die sich bei jedem Menschen individuell ausdrücken können. So zum Beispiel die bipolare Störung, bei der sich depressive Phasen mit sogenannten manischen Phasen abwechseln. In diesen manischen Phasen haben Betroffene eine übersteigerte Motivation und Selbstsicherheit. Im Krankheitsverlauf wechseln sich dann beide Extreme ab, meist mit schweren Auswirkungen auf das Berufs- und Privatleben.
Depressionen gelten laut der Weltgesundheitsorganisation als die zweithäufigste Volkskrankheit. Durchschnittlich 8,3 % der deutschen Bevölkerung erleben jedes Jahr eine depressive Episode. Insbesonders junge Menschen scheinen betroffen zu sein: So haben circa 20 % der Angehörigen der "Generation Y" schon einmal mit Depressionen zu kämpfen gehabt. Laut verschiedenen Studien gehen bei bis zu 70 % aller Selbstmorde schwere depressive Symptome voraus. Im Jahr 2015 verloren in Deutschland mehr Menschen ihr Leben durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Drogen und HIV zusammen. Doch trotz dieser erschütternden Zahlen scheinen psychische Krankheiten noch immer ein Tabuthema zu sein. Häufig haben Erkrankte Angst, über ihre Leiden zu sprechen. Sie fürchten sich davor, als schwach, unzurechnungsfähig oder gar verrückt abgestempelt zu werden. Sehr treffend wird das Gefühl einer aufkommenden Depression im Outro des Songs "Es regnet" von Tua beschrieben:
"Am Anfang merkt man noch nicht viel davon. Man hat eines Tages keine Lust mehr, irgendetwas zu tun. Nichts interessiert einen, man ödet sich. Aber diese Unlust verschwindet nicht wieder, sondern sie bleibt. Sie wird schlimmer, von Tag zu Tag, von Woche zu Woche. Man fühlt sich immer missmutiger, immer leerer im Innern, immer unzufriedener mit sich und der Welt. Die ganze Welt kommt einem fremd vor und geht einen nichts mehr an. Es gibt keinen Zorn mehr und keine Begeisterung. Man kann sich nicht mehr freuen und nicht mehr trauern, man verlernt das Lachen und das Weinen. Dann ist es kalt geworden in einem und man kann nichts und niemanden mehr lieb haben. Dann hört nach und nach sogar dieses Gefühl auf und man fühlt gar nichts mehr. Man wird ganz gleichgültig und grau."
Welchen Einfluss nimmt die Krankheit auf Künstler und Kunst?
Depressionen nehmen auf jeden Lebensbereich Einfluss. Deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass diese sich auch in den Werken betroffener Künstler niederschlagen. Sieht man sich beispielsweise den Werdegang von Mac Miller an, so wird relativ schnell ein drastischer Wandel vom immer grinsenden Highschool-Rapper zum innerlich zerrissenen Melancholiker deutlich. Zu Beginn seiner Karriere rappte er auf dem Mixtape "K.I.D.S." im Jahr 2010 noch unbeschwert über "Kool Aid & Frozen Pizza". Auch der Titel des Nachfolgers "Best Day Ever" sprach ein Jahr später für sich, ebenso wie der des Mixtapes "I Love Life, Thank You", welches ebenfalls 2011 erschien. Bis zu seinem Debüt-Album "Blue Slide Park" im selben Jahr stand Mac Miller für einen leichten, aufheiternden Sound, der sowohl zum Entspannen als auch zum Partymachen einlädt, jedoch selten nachdenklich oder gar traurig wirkte. Das änderte sich mit dem Mixtape "Macadelic" aus dem Jahr 2012. Zwar klingt Mac hier härter, allerdings scheint er auch gedanklich versunken. Auf der Single "Thoughts from a Balcony" beschäftigt er sich mit dem Druck, der durch den plötzlichen Erfolg auf ihm lastet. Ein Problem, das ihn bis ans Ende seines Lebens verfolgen sollte. Er rappte: "I could talk my pain, but would it hurt too much – go 'head, judge me" und gab damit zum ersten Mal wirklich Einblick in die negativen Bereiche seines Inneren. Diese Entwicklung zog sich auch durch seine folgenden Releases. 2014 rappte er auf dem Track "Happy Birthday" vom Mixtape "Faces": "There's a birthday party happening upstairs – and it's all for me, who the fuck cares? They don't notice if I never go and show my face – they just looking for a reason they can celebrate." Darüber hinaus erwähnte er in seinen Texten neben Cannabis immer häufiger harte Drogen, welche in seinem Privatleben nun eine größere Rolle einnahmen. Besonders an Opioiden wie Codein schien er Gefallen gefunden zu haben. Als er im Jahr 2016 eine Beziehung mit Ariana Grande einging, schien Mac Miller endlich glücklich und zufrieden auf dem Weg der Besserung. Das Release aus diesem Jahr, "The Divine Feminine", ist soundtechnisch und inhaltlich um einiges fröhlicher als sein Vorgänger "Watching Movies With The Sound Off". Allerdings versuchte Mac, seine inneren Qualen nach wie vor mit Drogen zu betäuben. Weil sie nicht mehr mit den Suchtproblemen ihres Partners umgehen konnte, trennte sich Ariana Grande im Jahr 2018 von ihm. Daraufhin fiel Mac Miller in ein tiefes Loch. Auf seinem letzten Album "Swimming" verarbeitete er auf Songs wie "Self Care" oder "Hurt Feelings" seine Emotionen. Im letzten Interview vor seinem Tod sagte er: "I really wouldn't want just happiness. And I don't want just sadness either. I don't want to be depressed. I want to be able to have good days and bad days." Zwar war sein Tod eine versehentliche Überdosis und kein Suizid, allerdings kann übermäßiger Drogenkonsum, den Mac Miller offensichtlich hatte, ebenfalls ein Hinweis auf eine Depression sein. Denn häufig versuchen Betroffene, die negativen Emotionen, welche sie nicht bewältigen können, schlichtweg zu betäuben oder zu überspielen.
Warum ist es gerade für Rapper so schwer, über Depressionen zu sprechen?
Auch wenn sich die eingangs erwähnten Künstler zu ihrer Krankheit äußerten, bleiben Depressionen ein rotes Tuch in der HipHop-Szene, in der sich viele Interpreten über Stärke und Maskulinität definieren. So stellt es ein großes Problem dar, sich verletzlich zu zeigen – man würde sich zu angreifbar für Disses und hämische Kommentare der Rapkollegen machen. Des Weiteren ist HipHop ein von Männern dominiertes Genre und gerade die scheinen oft Schwierigkeiten damit zu haben, über ihre Probleme zu sprechen. Frauen leiden zwar statistisch gesehen doppelt so häufig an Depressionen, allerdings begehen Männer dreimal so oft Suizid als Frauen. Das weist darauf hin, dass Männer sich seltener professionelle Hilfe suchen und damit die Dunkelziffer von Erkrankten um einiges höher liegt. Depressionen passen einfach nicht in das in der Szene vorherrschende Bild des "starken Mannes" und werden deshalb oft weggeschwiegen oder sogar als Angriffsfläche wahrgenommen. Von KC Rebell über Laas Unltd. bis hin zu Fler haben unzählige Rapper eine mutmaßliche Krankheit ihres Battle-Gegners gegen diesen benutzt. Allein dass eine schlechte psychische Verfassung genügt, um diffamiert zu werden, zeigt, warum sich so viele Künstler davor scheuen, ihre Probleme in die Öffentlichkeit zu tragen.
Könnte HipHop sogar dabei helfen, Depressionen zu bekämpfen?
Dennoch schaffen es manche Rapper, über die Krankheit zu sprechen und setzen sogar ein Zeichen gegen sie. So releaste der US-Rapper Logic zusammen mit Khalid und Alessia Cara den Song "1-800-273-8255", benannt nach der amerikanischen Suizid-Präventionshotline. Die Multi-Platin-Single ist aus der Perspektive eines Anrufers bei ebendieser geschrieben. Nachdem Logic bei dem VMAs performte, stieg die Zahl der Anrufer um 50 %. Auch Joyner Lucas behandelte das Thema, indem er auf "I'm Sorry" sowohl aus der Perspektive eines Betroffenen als auch eines Angehörigen rappt. Dabei verdeutlicht er die Machtlosigkeit, die oft auf beiden Seiten herrscht.
Zwar sind viele Songs dieser Art aus einem fiktiven Standpunkt entstanden, dennoch können sie ein Signal für Menschen mit Depressionen sein. Sie können zeigen, dass man mit seiner Krankheit nicht alleine ist und Trost spenden. Doch gerade die Beschreibung des eigenen Suizids ist umstritten, denn das Konsumieren solcher Werke kann Menschen, die ohnehin in einer prekären Situation sind, zusätzlich triggern. Es kann so wirken, als ob der jeweilige Act die Thematik beschönigt oder romantisiert. Aus diesem Grund geriet auch Ufo361 vor einiger Zeit in die Kritik: In der letzten Videoauskopplung zu seinem Album "Nur für dich" nimmt er sich am Ende des Clips das Leben. In einem Statement versuchte er, den künstlerischen Aspekt zu erklären und rief seine Fans dazu auf, sich Hilfe zu suchen, falls sie unter Depressionen leiden: "Falls ihr solche Gedanken habt, sowas machen zu wollen oder falls ihr überhaupt daran denkt, dann holt euch auf jeden Fall professionelle Hilfe […], weil jedes Leben ist wertvoll, das Leben ist wertvoll."
Was sagt die Forschung dazu?
HipHop ist laut "TextBlob", einer Texterkennungs-Software, sogar das Genre, das Depressionen am häufigsten in Lyrics aufgreift. Verständlich, wenn man bedenkt, dass kein anderes Genre seinen Artists so sehr abverlangt, für sich als Person zu stehen. Darüber hinaus kann HipHop möglicherweise psychische Probleme und damit einhergehendes Fehlverhalten sogar reduzieren, besonders bei schwer erziehbaren Jugendlichen. Bereits 1996 entwarf Dr. Edgar Tyson das Konzept der "Hip Hop Therapy", welche klassische Therapieansätze wie Ausdrucks-, Musik- und Gesprächstherapie mit der HipHop-Kultur verbindet. Beispielsweise werden in den Therapiesitzungen Raptracks gehört und im Anschluss inhaltlich diskutiert, sodass Patienten ihre Probleme und Konflikte auf eine neue Weise reflektieren können. Außerdem sollen die positiven Selbstbilder, die Rapper transportieren, auf die Patienten übertragen werden und somit den Aufbau eines größeren Selbstwertgefühls unterstützen. Tyson nimmt an, dass HipHop als immer größer werdende Jugendkultur den Zugang zu Jugendlichen erleichtert. Im Jahr 2002 veröffentlichte er die Studie "Hip Hop Therapy: An Exploratory Study of a Rap Music Intervention with At-Risk and Delinquent Youth", um seine Hypothese zu beweisen. In seinem Resümee schrieb er: "The results of this study appear to indicate that Hip Hop Therapy might be a viable tool to assist practitioners working with at-risk and delinquent youth." Auf Basis seiner Arbeit richtete einer von Tysons Schülern, der Sozialarbeiter J.C. Hall, ein "Second Chance"-Programm für schwer erziehbare Jugendliche an der Mott Haven-Highschool in der Bronx ein. In diesem Rahmen erschien auch der preisgekrönte Dokumentarfilm "Mott Haven: A Short Documentary", der sich mit dem Projekt beschäftigt. In dem Film verarbeiten mehrere Jugendliche durch Rapmusik den Mord an einem ihrer Klassenkameraden.
Die Neurowissenschaftler Dr. Arkeem Sule und Dr. Becky Inkster von der University of Cambridge geben in einigen ihrer Publikationen an, dass die Aufstiegsgeschichten in Rapsongs die Hörer motivieren, sich aus ihrer prekären Lage zu befreien oder sich zumindest Hilfe zu suchen. Sie forschen unter dem Namen "Hip Hop Psych" an Möglichkeiten, Rapmusik in Therapien zu integrieren und veröffentlichen regelmäßig Artikel in der Fachpresse. Laut den Forschern ist HipHop als Genre perfekt zu Therapiezwecken geeignet. Denn schlechte soziale Verhältnisse sowie eine schwere Kindheit begünstigen die Entwicklung von Depressionen, weshalb sich Betroffene häufig von den Protagonisten der Rapwelt verstanden fühlen. Inkster sagt dazu: "Many key rappers and hip-hop artists come from deprived urban areas which are often hotbeds for problems such as drug abuse, domestic violence and poverty, which are in turn linked to increased occurrences of psychiatric illnesses." Außerdem wird angeführt, dass sich das Schreiben und Vortragen eigener Texte positiv auf die Psyche auswirkt, da traumatische Erlebnisse verarbeitet werden können und die Selbstentfaltung gefördert wird. Ein positiver Effekt wird durch eine Studie des National Institute on Deafness and Other Communication Disorders bestätigt. Experimente mit verschiedenen Rappern ergeben, dass während einer Performance die Bereiche im Gehirn besonders angesprochen werden, die für Emotionen, Sprache und Motivation verantwortlich sind. Laut den Forschern gerät der Artist in einen "alternativen Geisteszustand", welcher ihn aus negativen Gedankenströmen befreit. Es existiert sogar ein "Hip Hop Therapy Global Institute", welches HipHop als Bestandteil von Therapien anwendet und erforscht. Mittlerweile sind circa 30 Doktoren und Professoren daran beteiligt. Somit erhält der Begriff "Rap als Therapie" eine ganz neue Bedeutung.
Wie wird weiterhin in der HipHop-Szene mit Depressionen umgegangen?
Tatsächlich findet in den letzten Jahren ein Wandel statt. Laut einer Studie des amerikanischen Marketingunternehmens "Take 5" finden mentale Probleme im Jahr 1958 in 24 von 100 US-Songs Erwähnung, im Jahr 2017 sind es bereits 71 von 100. Dies wird unter anderem SoundCloud- und Emo-Rap zugeschrieben. Immer mehr Protagonisten aus der HipHop-Szene setzen sich zudem dafür ein, größere Aufmerksamkeit auf psychische Probleme zu lenken. Ganze Formate werden dem Thema gewidmet, wie zum Beispiel die Fernsehshow "The Therapist", in der Prominente von einem Psychologen interviewt werden. So haben sich unter anderem schon Freddie Gibbs, Joe Budden und Chief Keef auf die tiefgründigen Gespräche eingelassen und Einblicke in ihr Seelenleben gegeben. Natürlich existieren in Deutschland ebenfalls Formate, die Mental Health thematisieren. Deutschrap-Urgestein Curse spricht in seiner Rolle als Lifecoach häufig über Depressionen und gibt Tipps, um diese besser zu bewältigen. Miriam Davoudvandi, die selbst schon Erfahrungen mit Depressionen sammeln musste, tauscht sich in ihrem Podcast "Danke, Gut" mit ihren Gästen über mentale Gesundheit aus. Aufklärungsarbeit leistet auch Helen Fares, die selbst Psychologie studiert hat, mit ihrer Reihe "Was macht die Psyche … ?", in der sie in jeder Folge ein anderes Thema aus psychologischer Sicht erklärt – unter anderem auch Depressionen.
Dass diese Aufklärungsarbeit langsam Früchte trägt, zeigt beispielsweise der Umstand, dass Everybody's Darling Drake nach seiner Line "You stay xann'd and perk'd up – so when reality set in, you don't gotta face it" gegen den sich zu diesem Zeitpunkt in Therapie befindlichen Kid Cudi einen regelrechten Shitstorm erntete. Denn erst wenn mehr Menschen wissen, was eine Depression überhaupt ist – nämlich kein Mangel an Motivation, Mut oder Männlichkeit, sondern eine Krankheit, an der Betroffene selbst keine Schuld tragen – entsteht ein Safe-Space, in dem derartige Probleme besprochen und verarbeitet werden können, vor allem aber nicht mehr als Angriffsfläche angesehen werden. Somit bleibt zu hoffen, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und das Stigma, das psychische Krankheiten umgibt, endlich vollends aufgebrochen wird.
(Nico Maturo)
(Titelbild von Pest Graffiti)