Musste weg, wusste, dass ich weit muss.
Weil der Weg in der Heimat schon prophezeit wurd'.
Fünf Jahre ist es mittlerweile her, dass Rapper Doz9 und Produzent Torky Tork ihr Debüt als T9 gaben. Seitdem folgte jedes Jahr eine Veröffentlichung, so auch in diesem: "90/10" reiht sich in ihre stets stilsichere Diskografie ein. Bereits bei der ersten Hörprobe zeigt sich allerdings, dass es auch viel anders macht und kein typisches Werk des Duos ist.
Das fängt schon beim Konzept des Albums an. Zitat: "90/10 – das hier ist kein Beverly Hills." Schnell wird klar, dass der Titel der Platte eher weniger mit der fast gleichnamigen Teenie-Serie aus den 90ern zu tun hat, sondern für zehn Tracks steht, die jeweils genau 90 Sekunden lang sind. Das mag für diverse Streaming-Algorithmen praktisch sein, ist aber vor allem als künstlerisches Element zu sehen. Denn durch die kurzen Songs wirkt das Album wie eine Sammlung an Interludes, die alle anderthalb Minuten wechseln und so für ein enorm kurzweiliges und vielseitiges Werk sorgen. Beattechnisch lässt Torky Tork verschiedene musikalische Soundbilder miteinander harmonieren. So reicht das Repertoire von Representertracks über dystopische Kritiken bis hin zu lockeren, tanzbaren Songs und ist dabei alles andere als konstruiert oder erzwungen. Am Ende des Albums sticht noch eine weitere Besonderheit heraus: Doz9 – sonst eher für Texte über die eigene Überlegenheit im Rapgame bekannt, die immer mit allerlei popkulturellen Referenzen und Gesellschaftskritik abgerundet werden – ist auf den "Form"-Tracks überraschend persönlich und offen. Diese Seite des Rappers kannte man bisher eher weniger – dementsprechend stark ist der Impact der Zeilen.
Wie gut das Zusammenspiel bei T9 funktioniert, dürfte mittlerweile bekannt sein. Das bleibt auch auf "90/10" gleich: Durch das ungewöhnliche Konzept von kurzen, aber prägnanten Tracks ist der Style des Duos immer noch völlig unverbraucht. Somit wurde alles richtig gemacht, nur leider in zu kurzem Umfang.
(Jakob Zimmermann)