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Kritik

pyrin – Godot

"Ich und das, was du nicht bist, genü­gen mir nicht. Ich hab' Eraserhead-​Gefühle für dich – für mich." – Hier fin­det Ihr ab sofort die Kri­tik zum aktu­el­len Release von pyrin, "Godot", aus den Rei­hen der MZEE​.com Redaktion.

Ich und das, was du nicht bist, genü­gen mir nicht.
Ich hab' Eraserhead-​Gefühle für dich – für mich.

Rap­per las­sen sich häu­fig vom aktu­el­len Gesche­hen, ihrem eige­nen Leben und Umfeld inspi­rie­ren. Doch pyrin geht wei­ter und ver­sucht die düs­te­re Sei­te die­ser The­men auf sei­nem Album "Godot" zu beleuch­ten. Wor­auf er dabei gesto­ßen ist, wol­len wir gemein­sam herausfinden.

Schon im Titel des Albums ver­birgt sich ein Indiz auf das, was den Hörer erwar­tet. Denn "Godot" ist eine Figur aus einem Thea­ter­stück von Samu­el Beckett, die bis heu­te sinn­bild­lich für aus­sichts­lo­ses War­ten steht. Auf der Plat­te nimmt pyrin stän­dig Bezug auf die Wer­ke und Gedan­ken ande­rer Künst­ler und Phi­lo­so­phen. Ohne deren Erkennt­nis­se abzu­kup­fern, macht er sie zu sei­nen eige­nen und spielt bewusst damit, nicht ein­deu­tig zu sein. Ver­schach­tel­te Lines, Wort­spie­le und Para­do­xa prä­gen sei­ne Lyrics. So raucht der eige­ne Kopf manch­mal mäch­tig, zum Bei­spiel durch Zei­len wie "Nimm mich bit­te nicht beim Wort. Ich bin nur ein freud­scher Viel-​Versprecher". Lässt man sich jedoch dar­auf ein, erkennt man die phi­lo­so­phi­sche Her­an­ge­hens­wei­se des Artists. Eine immer wie­der­keh­ren­de The­ma­tik, die sich durch die Plat­te zieht, ist zudem die Suche nach der eige­nen Iden­ti­tät. Gene­rell hin­ter­fragt er stän­dig das Leben, sei­nen Ver­stand und beleuch­tet inne­re Abgrün­de. Um dem Gan­zen Nach­druck zu ver­lei­hen, sind die Beats düs­ter ange­haucht und erin­nern von ihrem Set­up her häu­fig an Film­mu­sik. Ver­stärkt wird dies durch Voice-​Samples, klas­si­sche Instru­men­te sowie das Pau­sie­ren des Raps an pas­sen­der Stel­le. pyrins ein­gän­gi­ger Flow und sein Talent, die Beto­nung in den rich­ti­gen Momen­ten teils dra­ma­tisch zu vari­ie­ren, ver­deut­li­chen den Draht­seil­akt zwi­schen Rea­li­tät und Wahn­sinn in sei­nen Parts perfekt.

Sei­ne Gedan­ken und was pyrin letzt­end­lich in der Dun­kel­heit alles ent­deckt hat, blei­ben sein Geheim­nis. Denn die Tex­te sind gespickt mit zahl­rei­chen lyri­schen Stil­mit­teln und gewollt so auf­ge­zo­gen, dass viel Inter­pre­ta­ti­ons­raum vor­han­den ist. Wer sich dar­auf ein­lässt, genau zuhört und im eige­nen Kopf zu wüh­len beginnt, der ent­deckt mit "Godot" einen wah­ren Schatz.

(Dzer­ma­na Schönhaber)