Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Mic Check eine Hilfestellung bieten. Rappern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Viele unserer Leser werden dir im Zuge dieses Mic Checks zum ersten Mal begegnen. Wann und wie bist du HipHop denn erstmals begegnet?
tiduz.: Ziemlich spät. Ich bin mit Metal und Punk aufgewachsen. So 2010 habe ich dann öfter "Neopunk" von Prinz Pi gehört. 2011 kam "XOXO" von Casper raus und das hat mich sehr aus meiner Bubble rausgeholt. Der Bassist meiner Band hat mir das damals gezeigt. Und von da an habe ich immer mehr mit Rap befasst. Zu Graffiti zum Beispiel habe ich aber jetzt erst, durch eine sehr gute Freundin aus München, Zugang gefunden.
MZEE.com: Ob als tiduz. oder zuvor als Nemo – du hast bereits eine Handvoll Songs releast. Wenn du aber nur einen einzigen deiner Tracks wählen dürftest, um jemandem deine Musik zu präsentieren, welcher wäre das?
tiduz.: Von den bereits veröffentlichten wäre das "Hallelujah", weil es halt die neueste Single ist und ich damit am ehesten zufrieden bin. Aber auf der neuen EP gibt es einen Track, in dem ich Sexismus thematisiere. Den würde ich gerne jedem zeigen, weil ich mich mit dem Song am meisten positioniere. Sexismus ist halt unfassbar dumm und scheiße.
MZEE.com: Gibt es Tracks beziehungsweise Zeilen von dir, die dir mittlerweile unangenehm sind?
tiduz.: Das ist vielleicht das große Glück, dass ich erst so spät zu Rap gekommen bin. So richtig peinlich ist mir nichts, weil ich erst Tracks veröffentliche, seitdem ich Mitte zwanzig bin. Aber den allerersten Track, den ich geschrieben und veröffentlicht habe, gäbe es heute so nicht mehr. Das ist so ein grundpositiver Track – den Text würde ich heute so gar nicht mehr schreiben können, weil sich meine Sicht auf Dinge einfach geändert hat.
MZEE.com: Wie steht es mit Musik, die gar nicht von dir stammt? Welches Lied eines anderen Künstlers hättest du selbst gerne gerappt?
tiduz.: Es ist bei mir schon so, dass ich geniale Sachen immer nur in der Musik von anderen erkenne. Dementsprechend kann ich mich sehr in den Geschichten und der Musik von anderen Menschen verlieren. Ich bin aber auch Verfechter davon, dass ein Track immer von dem Interpreten abhängig ist. OG Keemo ist geil, weil er einfach OG Keemo ist – wenn ich "Geist" rappen würde, klänge das nach Kraut und Rüben.
MZEE.com: Der nächste Schritt für dich dürfte wohl die anstehende EP sein. Welche Ziele verfolgst du sonst noch mit deiner Musik?
tiduz.: Ich würde sehr gerne tatsächlich mal von der Musik leben, jedenfalls zeitweise. Einfach, weil ich wissen will, was dabei rauskäme, wenn ich meine ganze Energie da reinstecken kann. Und weil man ein Budget hat – man kann geile Videos drehen, alles gut ausproduzieren. Das macht einfach Spaß. Allerdings, wie gesagt, nur zeitweise. Der Druck, dass meine Kreativität mich ernähren muss, würde mir auf Dauer echt schwer aufs Gemüt schlagen, glaub' ich.
Ein Exclusive von tiduz. könnt Ihr Euch ab sofort auf dem YouTube-Channel von MZEE.com anhören:
(Daniel Fersch)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)