Wenn ich komm', dann deckt die Tafel wie beim Erntedank.
Denn das hier ist das Beste, was ein Straßenrapper werden kann!
Was Straßenrap betrifft, muss sich die Szene in Frankfurt vor niemandem verstecken. Die Stadt bietet ein vielfältiges Angebot an talentierten Künstlern, zu denen auch Vega zählt. Der hat für sein neuestes Album das Genre wieder einmal mit seinem ganz eigenen Ansatz versehen.
Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal des Frankfurters ist schon seit jeher eine ordentliche Prise Pathos. Auch bei "LOCKE" wird daran wenig verändert, was im passenden Rahmen immer noch ziemlich gut funktioniert. Wenn er direkt zu Beginn der Platte auf epischen Chorgesängen und treibenden Trapsnares rappt, wie er sich von ganz unten hochgekämpft hat, sorgt das in dieser Mischung für Gänsehaut. Das liegt auch an der beeindruckenden Produktionsqualität. Die Beats von unter anderem ThankYouKid oder JUMPA passen sich perfekt der Stimmung des Rappers an und liefern atmosphärisch düsteren Großstadtvibe genauso wie energiegeladene Dynamik. Auch die Featureliste ist beachtlich. Neben Gastbeiträgen von Montez oder Takt32 sticht besonders der Track "SCHWARZ/WEIẞ" mit FFM-Legende Moses Pelham heraus, weil die Lyrics tiefer werden und sich mit Rassismus und Klassismus beschäftigen. Das hat gerade wegen der schmerzhaften Aktualität einen harten Impact. Dabei wird aber auch eine Schwäche von "LOCKE" deutlich: Solche Themen kommen auf der Platte zu kurz. Zwar erzählt der Rapper seine Geschichte glaubhaft und stilsicher, aber die Themengebiete "started from the bottom" oder "Fick nicht mit der Gang" sind nicht unbedingt innovativ und machen dennoch einen großen Teil des Albums aus. Auch das bereits angesprochene Pathos ist an ein paar Stellen zu dick aufgetragen.
Vega bleibt in gewohnten Bahnen. Einerseits bedeutet das, bekannte Schwächen wieder vorzufinden. Andererseits ist "LOCKE" durch die passende Mischung aus beeindruckendem Sound, pointierter Sprache und glaubhafter Straßenattitude eine starke Platte, die dem Ruf ihrer Stadt gerecht wird.
(Jakob Zimmermann)